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MONSTERS OF LIEDERMACHING – „Wenn man sich von der Angst regieren lässt, dann haben die ja schon gewonnen, das darf nicht passieren!“

Wir waren vor einem knappen halben Jahr beim Monsters of Liedermaching Konzert im westfälischen Coesfeld, und wohnten der Aufnahme neuer Songs bei, die im Rahmen der Tournee zum 20. Geburtstag aufgenommen werden sollten. Was in den zwei Dekaden alles passiert ist, wie die Truppe funktioniert, und warum die Jungs keine Stars sind, haben uns die beiden Monsters Totte und Labörnski unmittelbar vor der Show erzählt. Nun, knapp zwei Wochen vor Veröffentlichung der Aufnahmen der damaligen Konzertreise unter dem Namen „Federwisch im Elfental“, haben wir erneut die Möglichkeit, mit Totte zum neuen Album zu sprechen.

 

Hallo Totte, schön, dass es klappt, so kurz vorm Release!

Es ist mir eine Freude!

Wie aufgeregt ist man, wenige Wochen vor der Veröffentlichung der neuen, mittlerweile 13. Scheibe oder überwiegt der Promo-Stress?

Weder noch, wir machen nicht besonders viel Promo. Das ist ja kein großer Medienzirkus, mit dem wir da arbeiten. Das heißt, die Erwartungshaltung bei uns selbst sind doch eher zurückhaltend. Wir freuen uns, wenn das Album viele kaufen, aber wir wissen, dass wir als Band ein Nischenprodukt sind, und sind auch dementsprechend entspannt.

Wir freuen uns eher, dass wir so eine schöne Platte hinbekommen haben! Wir haben dann diesen großen Shop-Takeover), und da werden wir einen halben Tag lang live verkaufen. Vielleicht fühlen wir uns danach amtlich gestresst (Anmerkung der Redaktion: Die Merchcowboys aus Münster, bei denen zahlreiche Künstler*innen und Bands ihren Shop haben, machen bei Neuveröffentlichungen immer einen bei Instagram übertragenen Verkauf, bei denen sich Fans ihre Ware signieren lassen können, zuletzt waren u.a. die Bands Madsen, Itchy und die Donots dort zu sehen).

„Federwisch im Elfental“ – ich muss es fragen: Habt Ihr den Titel Helge Schneider geklaut oder wie kommt man auf so eine Formulierung?

Findest Du, das klingt nach Helge Schneider?

Ja, definitiv, das könnte auch bei einer Helge-Tour drüber stehen!

Dann wäre wahrscheinlich irgendein beabsichtigter Schreibfehler drin…also da würd ich schon eher sagen, „Federwisch im Elfenteil“ klingt nach Max Goldt. In Wirklichkeit haben wir uns das selber ausgedacht – ich weiß aber gerad nicht mehr genau, war es Pensen oder Rüdi? Beide lesen jedenfalls nicht Max Gold.  Keine Ahnung, vielleicht hat ja tatsächlich Helge Schneider Poet-Pate gestanden. Da ich den Titel nicht erfunden hab, bin ich fein raus! (lacht)

Wie teilt Ihr Euch Eure Aufgaben innerhalb der Band ein, gibt es einen oder zwei Haupt-Pressesprecher, andere machen die Social-Media-Abteilung oder wie läuft das?

Wir haben unsere hauptsächlichen Betätigungsfelder ein bisschen aufgeteilt, allerdings mit fließenden Übergängen. Ich mache schon die meisten Interviews. Das liegt aber daran, dass ich am meisten Bock darauf habe, und auch am besten erreichbar bin, weil ich am meisten Freizeit habe.

Fred macht eher die finanzielle Seite, Labörnski ist sehr im Merch-Bereich unterwegs. Es geht ein bisschen nach Talenten, aber es wechselt auch immer mal wieder, und ist nicht so strikt. Das würde bei so einer basisdemokratischen Gruppe gar nicht funktionieren. Nur bei den Finanzen wissen wir, ist Fred der King, dem darf man nicht reinreden. Alles andere wäre wirtschaftlicher Selbstmord! (lacht)

Aufgenommen wurden die neuen Songs unter anderem beim Konzert in Coesfeld, bei dem nicht alles so rund lief. Du warst über einen Zwischenrufer -verständlicherweise- ziemlich sauer…

..genau, der hat „Frösche“ reingebrüllt, als ich gerade „Der Moment“ spielen wollte. Ich kann es auch verstehen. Ich meine, ich bin jetzt auch nicht der, der immer in jeder Situation adäquat reagiert, und habe mit Sicherheit auch schon mal bei Veranstaltungen genervt, weil ich zu sehr einen sitzen hatte oder zu euphorisch war. Dann ist ein stiller Moment, und ausgerechnet da rutscht einem was raus. Ich habe mich eigentlich eher darüber geärgert, dass ich mich entschuldigt habe. Ich bin es ein bisschen leid, dass sich die Leisen immer für die Lauten entschuldigen. Ich finde es aber nicht dramatisch, weil ich eine sehr schöne Version von „Der Moment“ mitschneiden konnte.

Eigentlich neige ich immer dazu, solche „Wünsche“ nicht mehr zu erfüllen. Manche tragen die mit Charme vor, und andere fordern sie wie Befehle ein. In dem Fall war ich tatsächlich im Nachhinein zu höflich, aber letzten Endes bin versöhnt, und wünsche ihm nichts Schlechtes!

Wie sehr kann so ein Vorfall eine Aufnahme, oder auch eine einfache/normale Konzertsituation beeinflussen, und kann so eine Geschichte einen Abend kippen lassen?

Ein Zwischenruf kann nicht alles kippen lassen, das wäre ja furchtbar! Aber klar, es gibt Situationen, die eine Stimmung kippen lassen können. Das kann aber auch ein Fehlverhalten von der Bühne aus sein, da ist jetzt nicht immer das Publikum schuld. Es passiert häufig, dass ein doofer Moment da ist, weil man vielleicht irgendwie Unsinn gequasselt hat -oder das Publikum- wo man dann zwei bis drei Songs braucht, um sich wieder rauszuspielen. Überall, wo sich Menschen treffen, kann sowas entstehen. Das ist natürlich bei Konzerten nicht anders. Der Vorteil ist, dass wir -und alle Bands- durch Lärm und vorgefertigtes Material, nämlich unsere Songs, die Stimmung wieder in eine gewisse Richtung lenken können.

Wie entscheidet Ihr, welche Aufnahme von welchem Abend verwendet werden (immerhin waren es ein Dutzend Shows, bei denen Ihr mitgeschnitten habt), und sind alle Songs, die während der Tour gespielt wurden auf dem Album gelandet?

Da gibt es unterschiedliche Maßstäbe: Zum einen ist es natürlich so, dass es Songs gibt, von denen möchte man eine besonders schöne Version haben – möglichst fehlerfrei und atmosphärisch getragen. Da macht man sich im Kopf Notizen, wenn es einem gefallen hat, und dann hört man sich das ein paar Tage später noch einmal an, ob man richtig gelegen hat, ob es totaler Mist oder die Gitarre verstimmt war. Man nimmt die Version, die den Wunschvorstellungen möglichst nahe kommt. Hundertprozentig ist es nie! Du hast schon Atmosphäre, Sound, Stimme, Stimmung, Fehler – das sind die Komponenten.

Dann gibt es aber auch Songs, wie jetzt für Best-Of-Album, da kann so ein Zwischenruf auch super sein, wo dann irgendwas Spontanes draus entsteht, irgendein Freestyle. Da nimmt man dann vielleicht einfach mal die bescheuertste Version.

Sind wirklich alle Songs die ihr im Set hattet, auch auf dem Album gelandet oder sind nach der Tour noch welche runtergefallen?

Runtergefallen ist keiner…ich kann das jetzt gerade nicht für alle Monsters genau sagen. Ich bin mir sicher, dass alle Songs, die wir unbedingt draufhaben wollten, auch drauf sind. Ich weiß aber gerade nicht genau, ob wir nicht noch ein, zwei Abende noch mal einen anderen Song zusätzlich gespielt haben, mit dem Gedanken im Hinterkopf: Vielleicht nehmen wir den auch noch mit. Es ist aber ein Song nicht auf dem Federwischalbum, sondern auf dem Best-of-Album gelandet, nicht aus Qualitätsgründen…

…sondern weil er bereits schon zu den Hits zählt!

Könnte man auch so interpretieren. Klingt schön, das nehmen wir als Antwort!

Die neue Single „Prädikat Punk“ – ein nicht wirklich überraschend klares Statement von Euch/Dir. Keine Angst vor „echten“ Bedrohungen der „AFDioten“, die über Online-Bashing hinausgehen?

Wenn man sich von der Angst regieren lässt, dann haben die ja schon gewonnen, das darf nicht passieren! Wir haben in Songs immer schon mal erwähnt, wie wir drauf sind, und wir haben uns bei Aktionen immer unmissverständlich geäußert. Ich fand es aber auch wichtig, dass wir noch eindeutiger aus der „Grauzone“ raustreten. Mir war es wichtig, das noch deutlicher zu tun, um überhaupt keine Frage offen zu lassen. Ich bin es einfach auch total leid, dass immer noch Leute  behaupten, dass eine Demokratie so Idioten aushalten muss, weil genau das muss sie nicht! Es geht ja darum, Leben zu schätzen und leben zu lassen – und genau das wollen die nehmen! Das Schlimmste, was man gerade machen kann, ist sich nicht zu positionieren, oder aus Angst zurückzurudern! Das führt dazu, dass sie sich immer immer weiter um sich greifen, immer mehr Raum kriegen und sich immer weiter ausbreiten, wie so ein widerliches Geschwür – was sie auch sind! Und sie werden ja nicht ungefährlicher, wenn man sich wegduckt!

Ich war erstaunt, dass zumindest (laut Wikipedia) charttechnisch Eure Alben nur am Rande auftauchen…

…na, Platz 18 ist nicht nur am Rand! Wir haben es einmal drauf angelegt, in die Charts zu kommen, das war mit dem Album „Schnaps und Kekse“. Da sind wir auf Platz 18 gelandet – natürlich auch nur für eine Woche, aber immerhin. Um das mal kurz vorher zu erklären: In die Charts kommt man nicht über die Zahl der verkauften Platten, sondern über die Höhe des Umsatzes- nicht der Gewinn, einzig der Umsatz. Deswegen bringen alle immer diese Boxen raus, weil der Umsatz dann ungleich höher ist. Wir hatten dann mit „Schnaps und Kekse“ die Strategie, wir verkaufen die mal für ´nen Zehner extra günstig, weil wir das nicht wussten, und sind trotzdem auf Platz 18 gechartet. Das heißt, wir hatten viele Platten verkauft -also für unsere Verhältnisse. Bei dem Album darauf „Wiedersehen macht Freude“ gab es die Überlegung: Sollen wir da mit noch einmal in die Charts, oder nicht? Es wird auch nicht automatisch jeder Verkauf gewertet, sondern das muss man beantragen und das muss genehmigt werden, und nicht jedes Vertriebssystem bietet das an. Das ist also ziemlich aufwendig und kostet natürlich Geld. Da haben wir dann gesagt, das machen wir nicht mehr. Da wurden dann nur die Verkäufe gewertet, die über Amazon und Saturn gehen, denn die werden immer gewertet. Da haben wir es immerhin auf Platz 100 geschafft.

Ab wann war klar, das ist etwas Dauerhaftes mit den Monsters, das auch Brot-Job werden und sein kann, und gab es Momente, in denen die Band  -und damit der Job- auf der Kippe stand, weil man eben Geld verdienen musste?

Das steht immer noch auf der Kippe! Es gab nie einen Zeitpunkt, wo es das nicht tat. Ich habe bis 2008 noch im Krankenhaus gearbeitet, dann lief es finanziell so gut, dass ich von der Musik leben konnte, auch durch Solokonzerte, und ab und zu mal Arbeit an der Bierbude. Andere hatten andere Phasen, wo sie Nebenjobs angenommen haben. Auch die Chart-Idee war nicht nach dem Motto: Ab jetzt leben wir alle davon! Es war also nie so, dass alle Monsters nur von der Musik gelebt haben.

Das bleibt auf der Kippe, und das bleibt spannend, denn das kann jederzeit vorbei sein. Das ist auch unabhängig von den Charts. Die „Federwisch“ wird auch wieder chartmäßig gezählt. Wenn sie auf Platz 90 ist, freuen wir uns, und wenn nicht, dann nicht. Es hängt ja auch immer ein bisschen davon ab, wer gerade auch noch veröffentlicht.

Nun stehen im Herbst die nächsten Shows und im Frühjahr vermutlich die bereits die nächste Rutsche an. Wie wird „Federwisch“ in die nun neue Setlist eingebunden, nachdem es bei der letzten Tour ja etwa die Hälfte des Programms ausgemacht hat?

Ich nehme an, dass wir nicht alle Stücke davon spielen werden, lass es die Hälfte sein. Vielleicht so, dass man pro Abend ein bisschen durchwechselt, und nicht immer die gleichen Lieder spielt. Jetzt sind wir wieder freier, als bei den Aufnahmen. Da gab es bestimmte Stücke, die musste man unbedingt spielen, weil sie auf die Platte sollten. Dann gibt es Stücke, die muss man spielen, denn die wünschen sich die Menschen. Damit ist so ein Konzert voll. Ich glaube, dass wird ziemlich locker und nicht ganz so konzentriert, wie auf der letzten Tour.

Vielleicht gibt es ja auch schon zwei oder drei ganz neue Stücke, es kann alles passieren!

Also nach dem Motto: Alles kann, nichts muss…

…außer Frösche natürlich!(lacht) Ansonsten sind wir da ganz schön frei, und haben auch noch keine Setlist, das machen wir immer kurz vorher.

Okay, dann wünsche ich euch viel Spaß beim Pakete packen, einen erfolgreichen Release und möglichst auch einen Charterfolg!

Danke und auf bald!

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Konzertbericht Monsters in Osnabrück 2022

 

 

Fotocredit: Wolfgang@Whiskey-Soda

 

 

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