CLOWNS – Endless
Wenn es noch Plattenläden gäbe und man dort physische Tonträger kaufen würde, wäre der erste Gedanke beim Anblick des neuen Albums „Endless“ (Fat Wreck) von Clowns wohl: Heavy Metal. An allen Ecken und Enden trieft die Gestaltung des Covers mit dem langhaarigen Skelett samt Flügeln, den darunter befindlichen Polizeiwägen sowie dem orangenen Hintergrund inklusive Blitzen nach der Hässlichkeit von Heavy-Metal-Covern der 1980er Jahre (und teilweise auch noch bis heute…). Doch Clowns sind keine Metal-Combo, sondern nach wie vor eine der vielversprechendsten Punkrock-Truppen des Planten.
Diese Genrezugehörigkeit heißt jedoch nicht, dass Clowns nicht auch eine Sympathie für Metal besitzen. Auf das pathetische Intro „Endless“ wären selbst Judas Priest stolz. Auch in „Formaldehyde“ oder „Deathwish“ orientieren sich die Australier*innen phasenweise immer wieder am Metal. Ansonsten rauschen sie mit hoher Geschwindigkeit durch alles, was irgendwie mit Punkrock zu tun haben könnte: klassischer Punkrock („Scared to Die“, „Sarah“), Pop-Punk („Thanks für Nothing“) oder Harcdcore („Bisexual Awakening“, „Enough’s Enough“). Selbst ein bisschen Shoegaze darf es zu Beginn von „Quicksand“ sein, um anschließend in melodischen Punkrock samt New-Wave-of-Britisch-Heavy-Metal-Twin-Gitarren auszubrechen. Natürlich dürfen musikalische Ergänzungen wie Synthesizer oder Keyboard auf der Platte nicht fehlen. All diese Elemente und Genres werden zwar schwerpunktmäßig in einzelnen Songs verwendet, tauchen jedoch regelmäßig in unterschiedlichen Tracks auf.
Die größte Überraschung kommt allerdings zum Schluss: „A Widow’s Son“ ist ein Experiment, welches wie der Soundtrack eines Spaghetti-Westerns gepaart mit ein wenig Punkrock (und einem Gastauftritt von Max von Feine Sahne Fischfilet an der Trompete) daherkommt und als Spoken-Word-Track die Geschichte eines australischen Outlaws und Gangmitglieds erzählt. So ungewohnt dieser Abschluss ist, rundet er die Platte auf erfrischende Weise ab.
Inhaltlich dreht sich auf „Endless“ sehr viel um das Thema Unsterblichkeit bzw. Unvergänglichkeit. Dieser Fokus beruht immer noch auf den Erfahrungen der Corona-Pandemie, da die Band in Australien unter den härtesten Einschränkungen weltweit litt. Dabei ist dieser Rahmen weit gefasst. Er reicht vom bisexuelle Outing über toxische Beziehungen bis hin zu künstlicher Intelligenz oder den bereits erwähnten Mythen über Outlaws.
Clowns bieten wiedermal eine hochexplosive Mischung, die im ersten Moment überfordern mag, jedoch spätestens beim zweiten Hören unfassbar viel Sinn ergibt. So enthält „Endless“ einige der spannendsten Punkrock-Tracks dieses Jahres. Und während australische Kolleg*innen wie Press Club mittlerweile auf der Suche nach musikalischer Perfektion und Melodien sind, zeigen Clowns das rotzige Gesicht dieses Genres und setzen sich an die Spitze der Punkbands vom kleinsten Kontinent.