Stab Your Self
Necroblation (von engl. „Ablation“ = „Ablösung vom Tod“), ein junges, talentiertes und ambitioniertes Death-Metal-Trio aus Lausanne in der französischen Schweiz, legt mit „Stab Your Self“ sein zweites Album vor. Geprägt von Grindcore und Old-School-Death-Metal à la Obituary und christlichen Metalbands wie Mortification andererseits verbinden die drei Eidgenossen ihre Lieblingsmusik mit ihrem christlichen Glauben, der in entsprechenden Metaphern in den Texten zum Ausdruck kommt.
‚Prelude in D Minor‘, ein hübsches melancholisches Akustik-Stück als Opener verschafft dem nachfolgenden Stück noch mehr Power, als es ohnehin schon hat. ‚Cut My Foreskin‘ ist ein Hammer-Vollgas-Song mit drastischem Titel. Tatsächlich klagt Sänger und Hauptsongwriter Schmutz die häufig unbarmherzige Gesetzlichkeit in christlichen Kreisen an, die im Gegensatz zum Kerngedanken der christlichen Botschaft steht. Der Song knallt mit zwei Hammer-Riffs und Stakkato-Drums von A bis Z voll durch, die Growls sind mächtig und am Ende gibt es noch ein schickes Gitarrensolo. Tres bien! Bei ‚Materialistic Plague‘ schimmert sowohl bei den Riffs als auch beim Thema der Thrash-Metal sympathisch durch. Mit ‚Child of Illusion‘ wartet das Zweitwerk mit einem düsteren Titel auf, das auf dem Debütalbum bereits in einer Akustik-Version vorlag. Die Metal-Interpretation gefällt sehr, die Basis ist ein schleppender Doom-Rhythmus, der Gesang von Jonathan Schmutz ist in diesem Song an Black-Metal-Screams angelehnt und das Ganze erhält von einem melodischen Riff die richtige Würze. Der 30-sekündige, eruptive Fun-Track ‚Uncontrolled Rage‘ mit einem mächtigen Rülpser als Schlusspunkt hätten sich die Schweizer zwar auch sparen können, selbst als humoresk-postpubertären Schlusspunkt. Aber über Geschmack und Humor lässt sich bekanntlich nicht streiten. Zumal die drei Kumpels beim nächste Song ‚Gehanna‘ den dritten Gang ihres Death-Metal-Rennwagens mit Vollgas aufheulen und auch der Gesang schmeißt in punkto Härte den Nachbrenner an. ‚Self-Elevation & Chaos‘ ist ein progressives Extreme-Metal-Instrumental, das nachfolgende ‚Standing Nature‘ ist im ähnlichen Sinne ein beinahe experimentelles Stück mit gesprochenen Passagen und enorm verfremdeten Gitarren, die dann in harmonisches akustisches Gitarrenspiel übergehen und den eigentlichen Abschluss des Albums bilden. ‚Rotten To The Core‘ bildet einen Quasi-Bonustrack. Der Text macht mehr als einmal eine ehrerbietige Verbeugung in Richtung der Genre-Pioniere Mortification, indem er eine verwesende Leiche als Metapher für den spirituellen Tod ohne Gott nutzt. Der Song war in einer roheren Fassung bereits auf dem Debütalbum erschienen, der Remix klingt einiges fetter und ist ein nettes Dessert.
Der Gesamteindruck zu „Stab Your Self“ kann sich sehen lassen. Vor allem im Hinblick auf das vor drei Jahren erschienene Debütalbum haben die jungen Schweizer einen großen Entwicklungsschritt gemacht. Die Produktion und das Songwriting sind besser geworden, die angepisste Death-Metal-Attitüde ist erfreulicherweise unverändert da. Trotz aller Ideenvielfalt und einiger echter Knallersongs vor allem auf der ersten Hälfte des Albums (‚Cut My Foreskin‘, ‚Gehenna‘, ‚Prelude in D Minor‘) dürfen die drei Jungs in ihrem Stil aber noch etwas homogener, das nächste Album noch „runder“ werden. Dennoch gebührt den Jungs mehr als nur Respekt für ihr Zweitwerk: Die Leidenschaft ist da, das Talent auch und eine große Entwicklung hat beim Songwriting und der Produktion stattgefunden. Das hier sind sehr gelungene Oldschool-Death-Metal-Songs, jede Menge „energy from the gut“ und eine Band, die kompromisslos gegen den Strom für das einsteht, was ihr wichtig ist. Chapeau!