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Discontinuance

Mit dem Album „Discontinuance“ seines Projekt Ghost Medicine legt der amerikanische Gitarrist Jared Leach ein schönes und durchaus beachtenswertes Erstlingswerk vor. Als Einflüsse nennt er unter anderem den Komponisten Ralph Vaughan Williams, aber auch Sigur Ros, Nick Drake und Meshuggah. So seltsam das klingt, aber das kann man durchaus so stehen lassen – auch wenn ich noch The Gathering (ab „How To Measure A Planet?“) als Orientierungshilfe anbieten würde. Atmosphärisches Postrock-Flair, akustisch begleitete Singer-/Songwriter-Melodien mit Country- und Folktouch, komplexe Metal-Breaks und unaufdringliche Klassik-Anleihen fügen sich hier tatsächlich zu einem überraschend homogenen und eigenständigen Ganzen.

Der Star der Scheibe ist natürlich Leach selbst, der sowohl als Gitarrist an der Akustischen wie an der Elektrischen brilliert, ohne dabei in selbstverliebtes Gedudel zu verfallen. Stattdessen kommen eher Erinnerungen an die besten Dixie Dregs-Zeiten des heutigen Deep Purple-Gitarrero Steve Morse oder auch Guthrie Govan, allerdings ohne dessen Jazz-Affinität, auf. Am Überzeugendsten klingen aber seine zahlreichen Akustikparts, die, wie oben erwähnt, stark von Country und Folk beeinflusst sind und der Musik von Ghost Medicine überhaupt erst so richtig die eigene Note geben. Darüber hinaus kann Jared aber auch noch mit einer überraschend coolen Gesangsstimme in der Nähe von Placebos Brian Molko punkten. Gut die Hälfte der Scheibe singt aber die mir völlig unbekannte Sarah Hoefer, die stimmlich irgendwo zwischen den Ex-Gathering-Frontdamen Silje Wergeland und Anneke Van Giersbergen liegt. Das klingt besonders cool, wenn die beiden, wie beim rhythmisch verschachtelten ‚Departure‘ oder der gänsehautigen Akustikballade ‚Beautiful World‘ astreine Harmoniegesänge abliefern, aber auch bei den jeweiligen Soloparts beeindrucken die beiden durchweg. Für die Bassparts sorgt übrigens niemand Geringeres als Ex-Porcupine Tree-Tieftöner Colin Edwin, und Drummer/Programmierer Scott Prian (der die Scheibe auch mitproduziert hat) rundet das Team ab. Wer sich von den Qualitäten der Scheibe überzeugen will, sollte auf jeden Fall neben den oben Erwähnten den abschließenden Titelsong zu Gemüte führen

Das Einzige, was man an „Discontionuation“ wirklich kritisieren kann, ist der Sound der Scheibe, denn der ist leider ziemlich flach, höhenlastig und unterkühlt ausgefallen. Das hat mit Sicherheit Budget-Gründe, der Musik hätte aber ein kraftvollerer, warmer und organischerer Klang mit Sicherheit besser zu Gesicht gestanden. Das kostet zwar den Einser, ändert aber nichts daran, daß Progfans mit Tendenz zu neuzeitlicheren Sounds Jared Leach und Ghost Medicine auf jeden Fall auschecken und im Auge behalten sollten.

(geschrieben von Sascha Glück)

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