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The Ballads V

Früher gab’s den Kuschelrock-Sampler, ein paar Jahre später die Metal Ballads-Reihe – heuer gibt’s nur noch Axel Rudi Pell für die kuscheligen Stunden im Hardrockerleben. Mit dem mittlerweile fünften (!) Aufguss seiner „The Ballads“-Compilation-Reihe ist natürlich alles wie gehabt. Pell ist so oder so kein Freund von radikalen Veränderung, und erst recht nicht bei seinen Balladen.

Im Direktvergleich mit den Kollegen von Magnum, die vor wenigen Monaten ebenfalls einen Balladensampler veröffentlichten, hat Axel Rudi Pell keine Angst vor der fehlenden Abwechslung oder dem Kitsch. Ganz im Gegenteil, da werden sogar Ed Sheerans ‚I See Fire‘ und Neil Youngs ‚Hey Hey My My‘ gnadenlos in powerchordgetragene Stadionhymnen umgedeutet, die eigenen Songs klingen sowieso danach. Fast jeder Song hat den selben Aufbau, Piano- respektive Synthiegeplänkel, dann Powerrefrain, Steigerung zum Gitarrensolo und großes Finale mit Doppelrefrain. Kann man doof finden, muss man aber nicht. Der Erfolg gibt Pell recht, und dank des völligen Fehlens distanzierender Ironie und des herausragenden Organs von Sänger Johnny Gioeli wirkt das Ganze sogar tatsächlich glaubwürdig. Mit drei neuen Songs und einem unveröffentlichten Livetrack bietet Pell auch seinen Fans genug Anreiz, sich Songs wie ‚When Truth Hurts‘ und die Gitarrenorgie ‚Lost In Love‘ ein zweites Mal is Regal zu stellen. So richtig kritisieren kann man – von persönlichen Geschmacksfragen abgesehen – eigentlich nur zwei Dinge. Einmal wäre da die 14minütige ‚Mistreated‘-Coverversion vom ARP-Jubiläumsgig in Balingen, bei der Gastsänger Dougie White vor allem beweist, daß er eben doch zwei, drei Klassen unter einem David Coverdale, Ronnie James Dio oder Jeff Scott Soto (mit dem Pell den Song bereits auf „Made In Germany“ gecovert hatte) steht. Das Geblöke geht spätestens dann auf die Nerven, wenn auch Gioeli noch eingreift – ja, mit Sicherheit hatten alle Beteiligten einen Riesenspass, aber das Ergebnis ist dann doch mit weniger Hörspass verbunden, als es den Musikern wohl recht ist. Zum Zweiten die – wie immer seit Bobby Rondinellis Einstieg – enorm nach Plastiksamples klingenden Drums, die gerade auf der Singleauskoppelung ‚Love’s Holding On‘ mit Bonnie Tyler als Gastsängerin nach Dieter Bohlen anno 1986, aber nicht nach einem echten Rock’n’Roll-Drummer klingen. Vielleicht ist ja aber auch Angelo Sasso unangekündigt ins Studio eingefallen und hat sich auf dem Song verewigt.

Unterm Strich also alles wie immer. Wer Pell und/oder das Konzept doof findet, wird auch mit „The Ballads V“ nicht zum Fan werden, der Rest bekommt gewohnte Pell-Qualität geboten. Nicht mehr, nicht weniger.

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