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Gut und dir

Schreibfehler? Nein. Aber Songs, die in ihrer Direktheit und Tiefsinn Einem mitunter an der Kehle schnüren? Das schon. Also? War es dann doch schlicht eine Straße im weit entfernten Toronto, nach der fünf Herren aus einem Kaff nahe Hamburg ihre Band benannt haben.

‚Ganz kurz sitzen, um stärker wieder aufzustehen.‘

(‚Ich will bleiben‘)

Ganz unphysiognomisch ist sie also, die Gründungslegende von Keele. Ihre Musik ist trotzdem irgendwie körperlich. Die bewegt sich auf dem Debüt ‚Gut und dir‘ versiert zwischen gesetztem Punk- und noisigem Indierock, zwischen kantigen Riffs und runden Refrains. Tanzbar, einnehmend, melodiös – und textlastig dazu, mit ganz viel Aussage. Klar könnte man an dieser Stelle die Parallele ziehen zu Bands wie Turbostaat, Captain Planet oder Kettcar, aber das wäre ein bisschen einfach.

‚Kalte Schulter, warmes Bier, das wär uns damals nie passiert.‘

(‚Gut und dir‘)

Denn Keele erzählen ihre eigenen Geschichten. Frontmann Fabian bringt halb gesprochen, halb gesungen Texte zu Gehör, die berühren und von Gegebenheiten handeln, die irgendwie jeder von uns kennt. Oder eben Dinge endlich mal ausspricht, von denen man so ein diffuses Gefühl hat, dass sie schon immer irgendwie da waren. Das Songwriting, in dem textlich wie arrangementbedingt immer ein Stück Wehmut mitschwingt, zwingt zum Hinhören und Mitgehen. Reife liegt darin und die Erkenntnis, dass mit fortschreitender Zeit manche Träume ebensolche bleiben und es irgendwann nicht mehr um große umstürzlerische Pläne geht, sondern um den Moment und seine Auskostung. Weil das Leben ja nun mal kurz ist.

‚Ich will bleiben, wo wir jetzt sind / angekommen … Alles für jetzt und nichts für immer / nie wieder zurück!‘

(‚Ich will bleiben‘)

Da ist es eben nicht banal, auch mal zu sagen

‚es ist schön, dass du da bist‘

(Über Grenzen). Mit ‚Gut und dir‘ lässt sich für eine bittersüße Weile die Welt zurechtrücken. Getrost kann man die ganze Platte durchtanzen, mit einem weinenden und einem lachenden Auge, das Leben feiern und dessen Vergänglichkeit bedauern. Diese Zerrissenheit kulminiert im furiosen Abschluss von ‚Grauwal‘ und lässt Einen so melancholisch wie voller Tatendrang zurück.

‚Denn was wir brauchen ist Ewigkeit!‘

(‚Sektempfang‘)

Carpe diem.

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