Earth To Dora
Seit seiner späten Jugend begleiten die genial-schrulligen Alben der Eels den Verfasser dieser Zeilen. Jede Scheibe war anders und doch sind es mehr als bei anderen Künstlern die schwierigen, lebensnahen Themen, die die Lieder von Mark Oliver Everett aka Mr. E auszeichnen. Ein bisschen exzentrisch ist er, hat viel erlebt und ertragen und stellt sich dennoch seinem Leben immer wieder auf erfrischende und bewundernswerte Weise. Er ist ein betrübter Überlebender, und doch kommt man nicht umhin immer wieder festzustellen, daß er gerne lebt.
Das Vorgängeralbum zum aktuellen, inzwischen 13. Studiowerk mit dem Titel „Earth To Dora“ war vor zweieinhalb Jahren das „Comeback-Album“ „The Deconstruction“. Das war erstaunlich lebensfroh und optimistisch, vereinte wie viele seiner Vorgänger verspielte Spielzeug-Piano-Klänge mit verträumt-melancholischem Gesang. Verdienterweise wurde „The Deconstruction“ der kommerziell erfolgreichste Langspieler seit dem 2005er Magnus-Opus „Blinking Lights and other Revelations“ mit Platz 4 in den Deutschen Albumcharts. Egal wie unterschiedlich gefärbt die zurückliegenden Alben von E waren, es waren immer tolle Melodien, großartige, eingängige Songs und auf jedem Album auch gleichermaßen traurige wie augenzwinkernde Hits.
„Earth to Dora“ ist anders. Es ist kantiger, weniger eingängig und mitreißend. Es tut weh, es zu sagen, aber die Songs fließen teils fast etwas belanglos vorbei. Vielleicht liegt es daran, daß Everett auch beim Songaufbau die klassischen Muster ein wenig verlässt. Das ist mutig und lobenswert, besser wird das Album dadurch aber leider nicht.
Der Opener „Anything for Boo“ hat zwar noch den bekannten, sanft-warmen Charme – und doch hat man bei aller Liebe zu Mr. E das erste Mal das Gefühl, das alles schon einmal besser gehört zu haben. Von ihm selbst, wohlgemerkt. „Who You Say You Are“ ist ein nettes kleines Wiegenlied, der Titelsong der erste Track, der ein wenig tiefer geht und in der Seele des Hörers etwas anklingen lässt. Das Gleiche gilt für die schmerzhafte Eifersuchts-Nummer „Are You Fucking Your Ex“, die authentisch und verletzlich aus dem Rahmen fällt. „OK“ ist eine Spoken-Word-Nummer mit minimalistischer Instrumentierung, die den Eels-Kenner ebenfalls etwas ratlos zurück lässt. Klar, das sind die Eels. Aber warum zum Geier dringt das nicht tiefer?
„Earth to Dora“ ist das erste Eels-Album, das nicht mindestens einen genialen Song enthält und weit entfernt von den besten Alben der Bandgeschichte. Die Texte sind intim wie immer, die universellen Themen die gleichen, der Klang der Instrumente und der Stimme von Everett auch. Und doch, „Earth to Dora“ wirkt fad, sperrig und irgendwie beliebig. Der Eels-Jünger wird dem bei aller Enttäuschung noch einiges abgewinnen. Neue Fans wird das durchschnittliche Album Nummer 13 Mr. Everett aber wohl kaum bringen. Und für Easy-Listening-Hintergrundmusik ist sein bisheriges Werk auch bei weitem zu profund und bedeutsam.