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Plagues Upon Arda

Da sind wir einmal wieder bei der Schnittmenge von Metal und Fantasy. Ist ja kein Geheimnis, daß viele Metalheads auch Fantasy-Nerds sind. Neu ist das Phänomen nicht, speziell Blind Guardian sind für ihre von Tolkien inspirierten Songs und Alben weltbekannt. Khazaddum aus dem US-Staat Wisconsin widmen sich wie die bekannte deutsche Metal-Band dem wohl größten Fantasy-Autoren, der je gelebt hat. 2014 gegründet, legen die vier talentierten Jungs von Khazaddum nun nach einer EP mit „Plagues Upon Arda“ ihr Debütalbum vor. Wie das wohl große Vorbild „Nightfall In Middle-Earth“ erzählt das Erstlingswerk Geschichten aus dem Tolkien-Universum „Arda“. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten auf.

Khazaddum spielen technischen Death Metal mit symphonischen Elementen, sie selbst nennen das „Dwarven Metal“ – der Bandname ist ebenfalls von den Zwergen im Herr-der-Ringe-Universum entliehen. „Khazad-dûm“ ist der Name von Moria in der Zwergensprache. Das riesige Höhlenlabyrinth, das in Tolkiens Epos die Hauptstadt und gleichzeitig Königreich der Zwerge ist, spielt auch im erstem Teil der berühmten Filmtrilogie von Peter Jackson, „Die Gefährten“ eine wichtige Rolle. Doch genug von Tolkien, auch wenn es der konzeptionelle Rahmen für die Musik von Khazaddum ist, nicht zu verwechseln übrigens mit der gleichnamigen Black-Metal-Band aus Brasilien.

Die US-Version der Moria-Bewohner zieht ihre Inspiration aus technischem Death Metal à la Nile oder Morbid Angel. Die Vorbilder allein reichen aber nicht, um Khazaddum annähernd zu beschreiben. Die Herren sind auch von Filmsoundtracks geprägt, was sich bei ‚The Halls of Khazad-Dum‘, dem instrumentalen Opener des Albums, deutlich hören lässt. Gemächlich einsetzender Chorgesang, bedrohliche Trommeln, zögerliche Streicher, bombastische Hörner und knallende Becken – ein majestätisches Intro, besonders wenn man sich vor dem inneren Auge die unterirdische Zwergen-Halle aus dem Jackson-Film erinnert. Nahtlos geht die Einleitung in den ersten „richtigen“ Song ‚The Deathless Crown‘ über, zu dem die Doublebass-Drum und die Riffs einsetzen. Wenn sich „Kampfzwerg“ Luka Djordjevic mit seinen ersten Growls meldet, muss einem das einfach ein „Wow“ entlocken. Der serbischstämmige Frontmann, der sich auch für die Texte verantwortlich zeigt, ist sowohl optisch als auch akustisch eine Erscheinung, die jedem Thorin Eichenschild das Wasser – äh – den Bierkrug reichen kann.

Die tiefen Growls verkörpern nicht nur die kriegerischen Zwerge greifbar eindrucksvoll, sondern auch Gitarre und Drums verdichten alles gleichberechtigt und auf sehr gelungene Art und Weise zu einem homogenen Gesamterlebnis – zu der auch das Coverartwork gehört. Das Tempo von ‚The Lord of Isengard‘ und ‚Legion of the White Hand‘ ist hoch, die Riffs messerscharf und die Drums feuern aus allen Rohren. ‚The Black Hand of Gortaur‘ eröffnet mit technisch-progressiven Gitarrenleads, die tatsächlich an die großen Vorbilder erinnern. ‚Shelob the Great‘ hat dann wieder die symphonischen Elemente, die Chöre, die Streicher. Hier kommen Khazaddum am eindruckvollsten, wobei damit keinesfalls gemeint ist, daß die unbedingt in jeden Song gemüsst hätten. Mit ‚Oathbreaker’s Curse‘, mit fünfeinhalb Minuten dem zweitlängsten Song des Albums, endet das Abenteuer in Tolkiens Welt so majestätisch wie es begann.

Was Luka (Gesang), Alex (Gitarre), Tony (Bass) und Peter (Schlagzeug) hier mit ihrem Debüt abliefern, ist sprichwörtlich großes Kino. Die Jungs haben allesamt in anderen Metalbands ihre Sporen verdient, um schließlich für dieses Newcomer-Meisterwerk zusammen zu finden. Das Album macht sehr viel sehr gut, vor allem wenn man Fantasy und/oder Death Metal mag. Lediglich bei der Produktion wäre noch etwas Spiel nach oben, die könnte an der einen oder anderen Stelle, vor allem bei den Bässen, noch etwas druckvoller sein. Doch hier ist zu ergänzen, das das Album komplett als Eigenproduktion realisiert wurde. Und dafür wiederum geht die Qualität des Sounds mehr als in Ordnung! Die Entwicklung der Band seit der EP war aber in allen Belangen stark und man darf gespannt auf den Nachfolger sein und hoffen, daß die Jungs die Unterstützung eines Labels findet, daß eine solche Perle zu schätzen weiß.

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