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Stefan Kleinkrieg (Extrabreit) – „Wir waren eben schon lange auf Tour, und dementsprechend sahen wir aus!“ 

Wer kennt sie nicht, die Klassiker „Flieger, grüß mir die Sonne“, Für mich soll´s rote Rosen regnen“, „Polizisten“, „Hurra, Hurra, die Schule brennt“ oder „Hart wie Marmelade“. Alles Hits einer der dienstältesten Bands unseres Landes: Extrabreit. Seit 1978 (abzüglich einer vierjährigen Auflösungspause Ende der 90er) stetig unterwegs, um ihre Version des Rock’n’Rolls zu spielen. 2020 lieferten sie mit „Auf EX!“ die bislang letzte Platte ab, außerdem sind sie in jedem Winter unterwegs, um ihre Weihnachts-Blitz-Tournee zu zelebrieren. Nun legen die Männer um Gitarrist Stefan Kleinkrieg und Sänger Kai Havaii einen Re-Release ihres 1993er Erfolgs-Albums „Hotel Monopol“ vor. Wir sprechen mit Stefan pünktlich zur Veröffentlichung über die lange und wechselhafte Geschichte der Hagener Musiker.

Hallo Stefan, schöne Grüße aus Münster, der Stadt, die euch bei der letzten Tour leider nur wenig Glück gebracht hat…

…ja, das war irgendwie war der Tiefpunkt. Na, wir haben uns aber alle Mühe gegeben, weil die da sind, können ja nichts dafür, vielleicht sogar ein bisschen angenehmer, wenn ein bisschen mehr Platz ist.

Genau, wir im Publikum hatten in jedem Fall unseren Spaß! Stefan, bei unserem letzten Gespräch vor etwa einem Jahr ging es viel um Dein Solo-Album „Die Sonne scheint für alle“, heute würde ich gerne anlässlich des Re-Releases von „Hotel Monopol“ ein wenig durch Eure Geschichte gehen…

…das ist für mich in völlig in Ordnung, Du kannst mich alles fragen, was du willst!

Eure Karriere ist sehr wechselhaft gewesen, sowohl vom Erfolg als auch den Besetzungen, teils habt Ihr gar nur als Trio bestanden. Ich selbst habe Euch mit dem großen ersten Comeback Anfang der 90er und der Flieger-Single das erste Mal richtig wahrgenommen. Kannst du beschreiben, wie es damals erst zum Bruch bzw. vorläufigen Band-Ende (nach „Sex after 3 years in a submarine“,1987) und dann zum Comeback in Originalbesetzung gekommen ist?

Nach „Sex after 3 years“ haben wir die Band damals nicht aufgelöst, und auch nicht vorgehabt, aufzugeben – wir waren orientierungslos. Das war auch schon vorher der Fall. Wir hatten uns vorgenommen, mit einem englischsprachigen Album ganz groß International anzugreifen, und dachten, das würde funktionieren. Hat aber nicht funktioniert, weil unter dem Namen Extrabreit war da einfach kein Markt für. Wenn Du das Album heute hörst, und sagst, dass sind Extrabreit, dann würdest Du Dich auch nur wundern. Das hatte mit allem, was wir vorher gemacht haben, nichts zu tun. Dann haben wir so für uns rumgewurschtelt, dann rief plötzlich unser Schlagzeuger Rolf an…

…der zu dem Zeitpunkt ja gar nicht in der Band war…

…genau! Der rief aber an und sagte: „Hey, die von Metronom (Anmerkung der Redaktion: die damalige Plattenfirma) wollen den „Flieger“ noch mal neu rausbringen!“. Dann hat er erzählt, dass die es gut finden, wenn wir ein paar Gigs dazu machen.

Ich war überhaupt nicht begeistert, denn ich hatte gerade mein Projekt „Mona Lisa Overdrive“. Ich hatte auf Englisch weitergemacht, in England mit exorbitanten Musikern aufgenommen, und war gerade wieder dabei, so durch die Jugendheime zu ziehen, und von 30 Leuten, war ich mittlerweile auf 100 angekommen.

Und da wolltest Du verständlicherweise weiter ansetzen!

Klar! Auf jeden Fall rief dann Rolf an und sagte: „Ich habe ein Angebot mit zehn Konzerten.“ Dann haben wir gesagt, okay, wir machen das. Gleich am ersten Abend haben wir uns sofort wieder völlig zerstritten, am zweiten haben wir dann geprobt und gemerkt, dass da doch noch irgendwas da ist. Dann haben wir die Konzerte gemacht und gedacht, da kommen vielleicht 400-500 Leute, und beim ersten Konzert in Hannover waren da plötzlich 4000! Das hat uns völlig umgehauen. Ja, und dann haben wir gedacht, lass das doch weitermachen, wenn sich so viele Leute dafür interessieren. Das war der Hauptgrund.

Wie war denn der Kontakt zwischen Euch, als Ihr die Pause hattet?

Wir haben uns natürlich ab und zu mal angerufen, mit Kai hatte ich immer Kontakt, aber es war schon ziemlich abgerissen. Jeder machte so seins.

Dann habt Ihr die Tour gespielt, und kurz danach war´s mit der Original-Besetzung schon wieder vorbei. Mit zwei neuen Musikern habt Ihr „Wer Böses denkt soll endlich schweigen“, und natürlich das jetzt wieder aktuelle „Hotel Monopol“ eingespielt. Wie kam es dazu, und wie seid Ihr an die beiden neuen Kollegen gekommen?

Als wir das Comeback gefeiert haben, haben wir gesagt, wenn, dann machen wir es richtig, wir wollen auch wieder Platten aufnehmen. Wir hatten Songs geschrieben, dann gab es aber innerhalb der Band Auseinandersetzungen und krankheitsbedingte Rücktritte, und wir haben aus unserem Nahfeld die Lücken aufgefüllt. Wir hatten noch einmal einen Platten-Deal bekommen, und das Unternehmen lief wieder.

Bei „Hotel Monopol“ war das letzte Mal, dass neben Dir und Kai auch die anderen Bandmitglieder an den Songs beteiligt waren. Kannst Du beschreiben, wie sich das Songwriting danach verändert hat – oder anders gefragt: Gab es dadurch auch eine Änderung in der Bandhierarchie?

Eigentlich nicht. Wir hatten bei den Songs zu „Monopol“ unheimlich viel gejammt, und da war dann irgendwann nicht mehr auszumachen, wer was geschrieben hat. Normalerweise komme ich mit dem fertigen Musikstück, Kai auch manchmal – er textet hauptsächlich, und wir spielen das dann mit der Band zusammen. Da haben wir die Credits dann abgegeben.

In der Besetzung von Hotel Monopol, 1993

Mit „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ hattet Ihr den -zumindest bis jetzt- letzten großen Single-Erfolg. Wie Ihr auf den Song gekommen seid, habt Ihr schon oft erzählt. Was mich viel mehr interessieren würde: Wie hat die Plattenfirma auf die Knef-Idee, und den vermutlich doch hoch zu bezahlenden Scheck reagiert?

Nee, das war alles im Rahmen, und nicht, wie sich das viele Leute vorstellen. Wir hatten am Anfang überhaupt nicht die Idee, Frau Knef reinzunehmen. Wir haben den Titel aufgenommen, und dann meinte einer von der Plattenfirma: „Das wäre doch unheimlich toll, wenn die Hilde da mitmachen würde!“ Dann gab es die Frage, wo die Rechte sind. Wir hatten ja nichts verändert, nur etwas einfacher gemacht; ich habe den Hammerschmidt, den Komponisten, mal kennengelernt, und der war  ganz verwundert, dass man das auch mit drei Akkorden machen kann! Auf jeden Fall habe ich ihr einen Brief geschrieben: Sehr geehrte gnädige Frau usw.  

Und sie hat selbst drauf geantwortet?

Sie hat geantwortet, dass sie die Idee ganz gut findet, die Plattenfirma stellte dann fest, dass die Rechte sogar bei ihr waren, dann haben wir die Stimme von ihr abgesampelt, und das dann in unserer Playback reingepumpt. Und siehe da, es passte alles wie Arsch auf Eimer. Dann haben wir ihr das fertige Band geschickt, und sie hat gesagt: „Da wär´ ich gerne dabei!“ Man darf nicht vergessen, zu diesem Zeitpunkt krähte nach Frau Knef überhaupt kein Hahn mehr, die war völlig aus dem Sichtfeld der Leute verschwunden.  

Ihr seid in den Achtzigern ja nicht ganz skandalfrei durchgekommen, Berührungspunkte hatte die Grande Dame aber keine?

Überhaupt nicht! Wir waren damals auf Tour, und da stand schon fest, dass wir einen Fernsehauftritt zusammen machen sollen, und man sich vorher ein bisschen kennenlernen sollte. Wir sind dann in dieses hochherrschaftliche Hotel, ich meine in Wiesbaden war das, richtig mit ganz dicken Teppichen in der Bar. Als wir kamen da rein, da konnte man aber eine Stecknadel fallen hören! Wir waren eben schon lange auf Tour, und dementsprechend sahen wir aus! Dann haben wir uns da mit ihr hingesetzt, und uns unterhalten – wir können uns ja auch ganz gut benehmen! (lacht) Sie fand uns ganz interessant, weil mit so Leuten wie uns, hatte sie auch nicht so viel zu tun. Und es war irgendwie Liebe auf den ersten Blick. Man hat sich sofort verstanden, und man hat auch gesehen, was da für eine Chance drin ist, wenn zwei so konträre Sachen zueinander kommen. Außerdem wussten wir alle, dass die Nummer einfach nur ein Knaller war, sonst hätten wir das auch nicht gemacht.

Nach „Hotel Monopol war es in der Besetzung ja auch schon wieder vorbei, und nur Du und Kai seid übriggeblieben. Ihr habt Euch radikal verjüngt, und meine persönliche Lieblings-Scheibe „Jeden Tag – Jede Nacht“ eingespielt. Wie kam es damals zu dem Wechsel, und wie seid Ihr an diese drei doch deutlich jüngeren Kollegen gekommen?

Wir waren an einem Punkt, wo man gesagt hat: Es funktioniert alles nicht mehr, und keiner hatte mehr Lust. Dazu gab es auch noch private Probleme. Kai verzog dann nach Berlin, und dann rief er mich an: „Also, ich will eine Solo-Platte machen, kannst Du nicht ein bisschen Gitarre spielen?“ Ich habe gesagt: „Das ist doch Unsinn, wenn Du eine Solo-Platte machst, und ich spiele Gitarre!“

So war der Anfang. Dann hatte er eine Bekannte, Sylvie Fukking, die gesagt hat: „Komm, wir machen Extrabreit wieder! Wir machen das hier von Berlin!“ Dann wurden kurzerhand neue Musiker gesucht, die anderen waren mittlerweile auch in alle Winde zerstreut. Ich war nach Hamburg gezogen, wir hatten also Hagen den Rücken gekehrt, und haben dann nochmal ganz neu angefangen. Tom Schwoll war der erste, den wir angesprochen hatten, der kannte wiederum den Schlagzeuger Steve Friedrich, und den Bassisten Sebastian Gäbel haben wir über einen Verlag erreicht.

Auf diesem Album, und drei Jahre nach „Rote Rosen“, gab es mit „Nicht ist für immer“, und Harald Juhnke als Co-Sänger, eine erneute Kollaboration. Harald, sogar ein halbes Jahr jünger als Frau Knef, war für VIVA dann aber auf einmal zu alt, um die Single zu promoten. Wie habt Ihr, und insbesondere Harald Juhnke, auf diese Aussage reagiert?

Ich glaube, Harald hätte das überhaupt nicht interessiert. Er hätte höchstens gelacht! Er war bereits von allen Hunden des deutschen Showgeschäfts gehetzt worden, und er kannte solche Sachen, und war da ganz schmerzfrei.

Wie kam es überhaupt zur Zusammenarbeit?

Ich hatte in einer albernen Stunde so einen Text geschrieben, und den wollten wir dann als Intro für das Album machen. Wir hatten überhaupt nicht die Absicht, jetzt den Trick nochmal zu machen, wieder einen alternden Show-Star aus Deutschland auszugraben, und mit dem die Single zusammen zu machen. Der Song ging irgendwie: „Du stehst am Abgrund und bist verzweifelt, weißt nicht mehr ein noch aus, doch hier ist Hoffnung in diesen Liedern, höre Extrabreit und halte aus!“ Irgend so ein Knittel-Vers. Dann haben wir gesagt, wenn wir das selber singen, dann ist das richtig dämlich! Dann haben wir abends zusammengesessen und überlegt, wer das singen könnte. Dann hab´ ich gesagt, dass es am allergeilsten wäre, wenn das Ivan Rebroff machen würde. Wir haben uns totgelacht, und unser Management hat den dann angefragt, aber sofort eine Absage kassiert.

Kai und ich waren aber angestochen, doch noch jemand Außergewöhnliches auf den Platz zu holen. Wen gibt es denn nach Knef überhaupt noch? Und dann sagte Kai: „Es gibt nur noch einen, und das ist Harald Juhnke!“  Wir waren alle begeistert, aber es war klar, wir wollen nicht irgendeine Nummer von ihm machen.

Und war er direkt von der Idee begeistert?

Kai hat den so Text geschrieben, dass er für beide passte. Den haben wir ihm geschickt, und er hat sich erstmal gar nicht geäußert. Sein Sohn hat dann wohl zu ihm gesagt: „Das sind doch die Jungs, die das mit der Knef gemacht haben. Das läuft supergut, das kannst du ruhig machen!“ Dann haben wir uns in Berlin im Studio getroffen, und auch ein paar Fernsehauftritte zusammen gemacht. Eigentlich hatte er gerade seine trockene Phase, dann kam aber dieser Absturz in Los Angeles. Die Single sollte raus, das Video war abgedreht. Wir haben es dann trotzdem an VIVA geschickt, und da war die Reaktion dann eindeutig: „Die Band ist zu alt, besonders der eine!“ (lacht)

Und in dieser Konstellation ging dann bis zum vorläufigen Schluss im Herbst 1998.

Genau, bis 98 ging das dann, und dann haben wir definitiv gesagt, so, jetzt ist Feierabend! Wir haben eine Abschiedstour gemacht und „Aus“ und „Ende“ gesagt. Vorher haben wir uns nie wirklich aufgelöst.  Wir haben das immer noch so laufen lassen, falls man doch mal Lust hat. Aber da war wirklich so ein Punkt gekommen, da hatten wir einfach keinen Bock mehr. Uns hing dieses ewige NDW-Etikett an, und natürlich hat auch der Knef-Hit nicht dazu beigetragen, dass wir musikalisch in einer anderen Liga wahrgenommen wurden.

 

1998 dann der Abschied beim „letzten Gefecht“ (Anmerkung: Titel des Live-Mitschnitts) in der Heimat in Hagen (und ein letztes Mal -zumindest für einen Song- in Originalbesetzung), dann vier Jahre nichts – abgesehen von Deiner Solo-Scheibe „Säure“. Dann das Comeback, nahezu in der Besetzung von Hotel Monopol. Was hat Euch angetrieben, den Motor 2002 doch noch einmal zu starten?

Nachdem wir ein paar Jahre ohne Extrabreit gelebt haben, und jeder was Eigenes gemacht hat, rief wiederum Rolf an. Er sagte: „Jungs, ich habe ein unglaubliches Angebot von einer Football Mannschaft aus Düsseldorf! Die wollen gerne, dass wir den „Flieger“ performen – Playback in ihrem Stadion.“ Dazu gab es ein Handgeld, was es einem wirklich schwer gemacht hat, zu sagen, das mache ich nicht!  

Aber nach diesem einen Playback-Auftritt war nicht geplant, dass es weitergeht?

Komischerweise ging in dem Moment als wir dort standen, vom Flughafen eine Maschine über uns her, und das haben wir als Zeichen wahrgenommen. Dann haben wir hinterher beim Bier gesagt, lass uns doch noch mal wieder richtig an Netz gehen. Wir haben an dem Tag beschlossen, lass uns mal treffen, ein bisschen spielen, und dann schauen, ob da noch was ist. Dann haben wir ganz schnell einen Gig klargemacht, da waren dann auch viele Leute…

…ich, zum Beispiel, irgendwo an einem See im Ruhrgebiet war das!

Am Uemminger See in Bochum war das. Das war noch ein wenig ruckelig, auf jeden Fall hat das trotzdem unheimlich Spaß gemacht, und wir haben gesagt: „Lass uns weitermachen!“ Und es geht bis heute, und ist die längste Zeit in unserer Karriere.

Der Anfang war wirklich ein wenig ruckelig, ich erinnere mich an einen Marathon in Dortmund, wo Ihr zur Pause gespielt habt.

Da waren wir die Pausenclowns! Zu dem Zeitpunkt hätten wir niemals eine eigene Tour machen können, wir waren auf das angewiesen, wo es sich lohnte, hinzufahren. Da wir davon lebten, mussten wir das machen, wir sind halt klassisch getingelt. Ziemlich am Anfang, schon 2002, hatten wir dann die Idee, wir machen sowas, wie eine Motto-Tour, weil wir gemerkt haben, wir können nicht mehr wie früher acht Wochen unterwegs sein. In Anlehnung an die an die Bravo-Beatles-Blitz-Tournee, haben wir das dann Weihnachts-Blitz-Tournee genannt. 2002 waren es noch drei oder vier Konzerte, mittlerweile fangen wir damit Mitte November an. Über das Jahr spielen sonst nur noch Festivals. Wir haben unsere Nische gesucht und gefunden!

Gab es in den letzten 20 Jahren irgendwann für Euch einen Breaking-Point, an dem Ihr gemerkt habt: Es läuft wieder richtig gut?

Heiliger Boden in unserer Nähe ist immer noch für uns die Zeche in Bochum. Was hat man selber über die Jahre für Bands gesehen, die man gut fand! Am Anfang war es auch dort nicht ausverkauft, das hat ein paar Jahre gedauert. Dann hat man gemerkt: Es wird langsam immer besser, und der richtig große Knackpunkt kam, als wir in Wacken gespielt haben (Anmerkung: erstmalig 2018), danach waren auf einmal mehr Leute bei den Konzerten. Nicht Tausende oder Hunderte, aber es waren mehr. Vielleicht hat man uns dann doch als Rockband wahrgenommen, und nicht nur als die „Hurra Hurra“-Typen.

Vor mittlerweile fast drei Jahren, und damit zwölf nach „Neues von Hiob“, habt Ihr mit „Auf EX!“ das bislang letzte Studio-Album veröffentlicht. Warum die lange Wartezeit zwischen den beiden Alben?

Wir hatten, nachdem Hiob nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben, gesagt, das macht überhaupt keinen Sinn. Wir hatten keine Plattenfirma mehr, und hatten auch keine Lust auf diesen Zirkus, uns jetzt irgendwo zu bewerben.  Wir hatten eigentlich damit abgeschlossen. Dann kam es dazu, dass wir unser Jahres-Abschluss-Konzert in der Markthalle in Hamburg gespielt haben. Da kam unser alter Verleger aus Großkampftagen, und hat sich das angeguckt und gesagt: „Jungs, Ihr solltet eine Platte machen!“

War ja nicht so, dass wir keine Stücke geschrieben haben. Gerade ein Jahr vorher hatten Kai und ich uns noch einmal ins Studio begeben, und an Songs gearbeitet. Die Demos haben wir dann der Band vorgespielt und die so: „Ja, weiß ich nicht, muss ich mich erst dran gewöhnen!“.

Es gab also überhaupt keinen Drang, eine Platte zu machen. Diese Demos haben wir ihm dann gegeben, und er gesagt hat dann gesagt: „Das ist echt super!“

Aber ohne Deal und Plattenfirma im Do-It-Yourself-Verfahren – da hatten wir einfach keinen Bock drauf. Er hat uns dann einen Deal besorgt, dann kam Corona und wir hatten Zeit, und haben das aufgenommen.

Das Album erschien mitten in der Pandemie, und ist -nicht zuletzt durch die mehrfach verschobene Tour- wie so viele Scheiben aus dieser Zeit ein wenig unter dem Radar gelaufen. Kannst Du beschreiben, was das mit Euch als Band gemacht hat, und seid Ihr jetzt mit dem Thema Album durch, oder sagt Ihr eher: Jetzt erst recht!

Ja, das war für uns natürlich der Knackpunkt, Radio findet für uns nicht statt, Fernsehen gibt es sowieso nicht mehr, und unsere einzige Möglichkeit war, auf dieser Weihnachts-Blitz-Tournee das Album zu betouren. Vom Zeitpunkt war das eigentlich ideal! Die Platte ist im November in die Charts gegangen, es war wirklich perfekt – und dann wird die Tour abgesagt. Es gibt heute noch Leute, die sich wundern: „Wie, Ihr habt ein neues Album?“

Im Moment denken wir gar nicht weiter, denn für uns ist das ja noch das aktuelle Album. Wir setzten uns nicht unter Druck, wir sind jetzt im 45. Jahr! Also: Ich würde das weder verneinen noch bejahen.

In den 80ern habt Ihr einmal die Teilnahme an der ZDF-Hitparade abgelehnt, was Moderator Dieter Thomas Heck zu einem sehr bösen Kommentar hat verleiten lassen. Würdet Ihr eine solche TV-Show heute immer noch ablehnen, oder würdet Ihr -für die Platte- die Promotion mitnehmen?

Das war uns einfach zu blöd. Da gab es innerhalb der Band sehr kontroverse Ansichten. Für uns war das Schlager, und wir haben uns nicht so gesehen. Da haben wir gesagt: Nee, das machen wir nicht. Wir hatten damals das Gefühl, wenn wir das machen, verlieren wir Fans! Als dann später Trio da waren, wurde das eine ganz andere Geschichte.

Gut, die Hitparade gibt es eh nicht mehr, analog wäre vielleicht die Carmen-Nebel-Show heute zu nennen.

Carmen Nebel haben wir gemacht! Das war eine Sonderedition, da ging es um den Geburtstag von Harald Juhnke. Da wurde sein Lebenswerk gewürdigt, und wir waren eingeladen worden, dieses Duett -natürlich jetzt alleine- zu bringen, und sind auch interviewt worden.

Im letzten Jahr hast Du mit „Die Sonne scheint für alle“ eine -wie ich finde grandiose- Solo-Scheibe veröffentlicht, auch, wie Du uns im Interview erzählt hast, um die Zeit des Arbeitsverbotes rumzubekommen. Womit beschäftigst Du Dich sonst, wenn Ihr gerade nicht mit den Breiten auf Tour seid. Bist Du durchgehend am Musizieren?

Meine Gitarre steht manchmal ewig nur rum. Wenn mir was einfällt, dann habe ich zu Hause ein kleines Heimstudio, so ein Achtspur-Digital-Recorder, auf dem ich Ideen festhalte. Ich treffe mich auch manchmal mit anderen Jungs, ich bin aber nicht jeden Abend auf einer Bühne. Hört sich alles nicht so spannend an. Ich könnte Dir jetzt was erzählen von Rafting oder Rodeo-Reiten (lacht), aber die Zeiten sind vorbei, ich leben ein ziemlich friedliches und beschauliches Leben.

Hotel Monopol reiht sich nun in die Serie der Re-Releases, erstmalig sogar auf Vinyl und im Stream. Wie kam es dazu, und worauf können sich Eure Fans als nächstes freuen?

Das mit dem Vinyl ist das, was uns am meisten daran interessiert! Eine Platte ist doch erst eine Platte, wenn sie auf Vinyl erschienen ist, zumindest in unserer Boomer-Denke. Ein bisschen geärgert hat mich, dass das jetzt in pink rauskommt, für mich ist eine Platte einfach schwarz. Da hatte ich bei „Die Sonne scheint für alle“ auch drauf bestanden. Zu den anderen Platten kann ich gerade überhaupt nichts sagen.

Es fehlen noch „Sex After 3 Years“, „Jeden Tag – Jede Nacht“, „Frieden“ und „Amen“.

Ich weiß, dass wir da dran sind. Wir haben es auch geschafft, die alten Phonogramm-Dinger unterzubringen, aber das ist halt bei verschiedenen Plattenfirmen. Beim Streaming bin ich jetzt nicht so enthusiastisch, weil wir da überhaupt nichts von haben. Aber ich finde es einfach auch gut, dass man alles, was wir so gemacht haben, den Leuten irgendwie zugänglich macht. Es besteht durchaus eine Chance, dass wir das hinbekommen. Wir sind im Gespräch!

Lieber Stefan, ich danke für das Gespräch und hoffe, wir sehen uns auf der Weihnachts-Blitz-Tour irgendwann vor den Feiertagen und wünsche einen erfolgreiche Re-Release!

Ich danke und wir basteln bereits an der Tour!

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Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda (außer Bild 4 – 1993): Warner Music

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2 Kommentare

  1. Danke für dieses richtig gelungene Interview! Endlich mal nicht die immer gleichen, schon tausendmal beantworteten Fragen. Sehr hintergründig und durchaus sympathisch offen von Stefan beantwortet.

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