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Carnival (Redux)

Endlich ist klar, was das Problem mit „Carnival“ (Erstveröffentlichung 2005) war. Von allen New Model Army-Alben war es das, was nur schwer reinpasste in die Gesamtdiskografie. Und was immer eher irritierte als erfreute. Nun kommt die Band also mit einem Eingeständnis um die Ecke, und es fällt einem wie Schuppen von den Augen: „Wir hatten immer das Gefühl, dass ‚Carnival‘ das Album war, bei dem die Aufnahmesessions, das Mixing und das Mastering den Songs nie gerecht geworden sind.“

Aha! Das Material war gut, nur die Verarbeitung schlecht? Absolut, es stimmt, und das wissen wir nun dank der neu abgemischten „Redux“-Version (earMUSIC). Schon mit den ersten Klängen stellt es sich ein, das wohlige Gefühl, das die Fans bei jedem Album der Band verspüren dürften. Auch auf „Carnival“ ist er nun da, der typische New Model Army-Sound. Der Bass ist zu hören, die Gitarre hat den Platz, der ihr gebührt, das Schlagzeug ist homogen und unangebrachte Spielereien bei den Arrangements wurden gekappt.

Wusste der Produzent anno 2005 nicht, dass es gerade die Rhythmusfraktion ist, mit der ein New Model Army-Song steht und fällt? Die Originalversion des Albums jedenfalls ist eigenartig flach und fast kühl, als ob der Mensch am Mischpult keinerlei emotionale Bindung zu der Musik aufbauen konnte. In der „Redux“-Version wird alles viel besser zusammengehalten. Vorher standen die Instrumente seltsam fremdelnd nebeneinander, jetzt bilden sie ein organisches Ganzes.

„Bluebeat“ zum Beispiel wurde vom nervigen Xylophon befreit und erfährt durch die Hervorhebung der Mundharmonika eine deutliche Aufwertung. Oder in „In Rumour and Rapture“ hört man nun erst einmal so richtig das Gitarrenspiel von Marshall Gill, für den „Carnival“ 2005 die erste Platte mit New Model Army war und der sich – jetzt gut hörbar – gleich mächtig ins Zeug legte. Eben dieser Song ist einer von vier Zusatztracks, mit dem die „Redux“-Version aufgepeppt wurde. Hinzu kamen Stücke, die man bisher vor allem als Akustikversionen von speziellen Live-Events kannte. Besonders „One Bullet“ und „Stoned Fired and Full of Grace“ sind songwriterische Perlen. Schade ist nur, dass gerade diese beiden Lieder sehr ähnlich und vergleichsweise konventionell arrangiert wurde.

Das Schöne ist, dass die vier zusätzlichen Songs nicht phantasielos an die ursprüngliche Playlist rangepappt wurde. Hier hat sich nochmal jemand richtig Gedanken gemacht, und die neue Reihenfolge aller Tracks tut dem Album sehr gut. „Carnival“ ist vielleicht immer noch nicht das beste New Model Army-Album – „LS43“ und „Prayer Flags“ sind klare Schwachstellen. Bandleader Justin Sullivan selbst sagt, dass die Platte in einer für die Band schwierigen Phase entstanden ist. Aber als „Redux“ klingt sie wesentlich runder, alles sitzt besser. Die Wiederauflage ist mit das Beste, was den Fans geschehen konnte in diesem irren Corona-Jahr, in dem viele von uns ein wenig ihren Halt verlieren. Zumindest das NMA-Universum ist damit in seine Fugen gerückt.

 

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