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NOISEHAUSEN FESTIVAL Tag 1: I want to break free

Wie bereits 2019 fand das Noisehausen Festival auch in diesem Jahr auf dem Areal der Firma Bauer statt. Dieser Umstand hatte den Charme, dass das Gelände kuschelig und weitläufig zugleich war. Außerdem hat sich die Noisehausen-Crew auch dieses Mal wieder alle Mühe gegeben, eine intime Festival-Atmosphäre mit viel Liebe zum Detail zu gestalten. Los ging‘s am Freitagnachmittag im eher kleinen Rahmen auf der Nebenbühne, der Backyard Stage: Elena Rud aus München oblag die ehrenvolle Aufgabe, das Noisehausen Festival 2022 zu eröffnen. Ungeachtet des noch dünn gesäten Publikums gab die charismatische Sängerin alles und legte mit ihrem Mix aus Pop, Punk und Grunge eine Punktladung hin. Highlight: Ihre Interpretation von Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“ von 1974.

Weiter ging‘s direkt im Anschluss auf der großen Hawkins Stage, die Akne Kid Joe standesgemäß laut und rotzig einweihten. 30 temporeiche Minuten anschreien gegen das System und alles, was scheiße läuft, waren angesagt. Zwischendurch winkte sich die Band begeistert selbst auf den großen LCD-Leinwänden neben der Bühne zu. Ein echtes Novum beim Noisehausen – und ein Highlight, das nicht nur Akne Kid Joe zu würdigen wussten. Songs wie „Steppenwolf“, „What AfD thinks we do…“ oder „Sarah (Frau, auch in ner Band)“ sorgten für gute Stimmung und erste zaghafte Moshpits im Auditorium. Somit ging‘s gut aufgewärmt zurück zur Backyard Stage, wo nun Maffai an der Reihe waren.

Eines sei an dieser Stelle erwähnt: Wer Maffai noch nicht auf dem Schirm hat, sollte das schleunigst ändern. Irgendwo zwischen Post Punk, Dark Wave, Punk und Pop dahinwabernd bietet das Quartett eindringliche Songs mit einem Hauch Existenzialismus. Gäbe es Joy Division noch – so klängen die Engländer heute. Begeisterung! Diese ließ sich bei Mono & Nikitaman direkt weiter steigern. Gewohnt souverän verwandelte das Duo den Bereich vor der Hawkins Stage mit seinen Reggae- und Ska-Rhythmen in eine wogende, hüpfende Masse. Da störte auch der Regenschauer nicht, der kurz über dem Noisehausen Festival Halt machte.

Essen fassen, Abriss planen!

Frisch gestärkt mit leckerer Veggie-Bowl und Pizza ging es zu Thees Uhlmann und Band. Das kühle Nass von oben nahm der sympathische Zwangs-Berliner direkt zum Anlass für einen kleinen Scherz über norddeutsches Wetter in Bayern. Überhaupt war seine gesamte Show ein erfrischender Mix aus kluger Stand-Up-Comedy und fantastischen Songs der Hamburger Schule. Ach, Thees. Man muss ihn einfach lieben. Für seine Hibbeligkeit. Für seine Kodderschnauze. Für sein großes Herz. Mit „Avicii“ schloss er sein Set und machte den Weg frei für das erste Highlight dieses Festival-Tages: Blackout Problems, den Co-Headliner dieses Abends. Im Grunde lässt sich deren Auftritt mit absolutely fuckin‘ awesome sehr gut zusammenfassen. Das würde der Sache jedoch nicht ganz gerecht. Sänger und Gitarrist Mario Radetzky schoss wie ein Pfeil auf die Bühne – nur, um kurz darauf zwar zu hören, aber nicht mehr zu sehen zu sein. Während seine Bandkollegen für den richtigen Sound sorgten, performte er einfach im Publikum. Dieser Umstand irritierte nicht nur Teile der Zuhörer:innenschaft sondern auch den Kameramann, der für das Bild auf den zuvor erwähnten LCD-Leinwänden zuständig war: Er hatte locker zwei Minuten lang keinen Plan, wo der Sänger wohl zu finden wäre. Dieses Spielchen wiederhole sich einige Male und hielt Security nebst Stage Hands gut beschäftigt – und die Menge sichtlich bei Laune.

Abgesehen vom sehr umtriebigen Frontmann war das, was Blackout Problems ablieferten, Alternative-Punk-Sound voll auf die zwölf. Es war deutlich zu spüren, wie sehr die Jungs die große Bühne vermisst haben – und wie viel Spaß es ihnen machte, endlich wieder ohne Rücksicht auf Verluste ein Feuerwerk mit dem Repertoire aus drei Alben zünden zu können. Die Menge dankte es ihnen und sorgte für den ersten amtlichen Abriss des Abends.

Den zweiten amtlichen Abriss hatten die Beatsteaks als Headliner zu verantworten. Meine Fresse, was diese verfluchte Pandemie-Zwangspause doch bei allen Beteiligten für eine Energie freisetzt! Frontmann Arnim und seine Mannen legten mit „Hello Joe“ los – und die Menge sang und tobte ab diesem Zeitpunkt während des gesamten Sets. „Frieda und die Bomben“, „Atomic Love“, „Hand in Hand“, „To Be Strong“, „Summer“, „Let Me In“ – die Berliner kloppten einen Klassiker nach dem anderen raus. Fans, welche die Band schon seit vielen Jahren begleiten, konnten sich das eine oder andere Freudentränchen ob der Setlist nicht verkneifen. Ein besonderes Zuckerl lieferten die Beatbuletten bei „Cut Off the Top“: Mitten im Song wurde unterbrochen und „I Want to Break Free“ von Queen intoniert. Besser hätte man das Motto dieses Abends nicht auf den Punkt bringen können.

Arnim gönnte sich mit dem Noisehausen-Surfbrett einen Ritt auf den Händen des Publikums, brachte mit seinem Hüftschwung einige weibliche Fans zum Kreischen und war wie immer der perfekte Entertainer. Die LCD-Panels seitlich der Bühne kommentierte er lässig mit „Dit is ja wie bei Rock am Ring hier!“ Ehre, wem Ehre gebührt. Etwas ruhiger wurde es während der rund eineinhalb Stunden Vollgas nur beim traditionell von Gitarrist Peter dargebotenen „Hey Du“ und dem Hildegard-Knef-Cover „Von nun an ging‘s bergab“. Letzteres meisterte Peter ebenfalls trotz eines Text-Blackouts bravourös. Mit zwei Zugaben – darunter „Soothe Me“ – endete schließlich der erste furiose Noisehausen-Tag. Ganz klar: Die Messlatte für den Samstag lag verdammt hoch.

 

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Text: dieChris

Fotocredit Bilder: Melanie

Fotocredit Titelbild: Ulrich Hilbel

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