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NOISEHAUSEN FESTIVAL Tag 2: Peace, Love & Rock ‘n‘ Roll

Im Bauer-Areal angekommen, ließen sich die anwesenden Personen fast an einer Hand abzählen. Schade für den Opening Act Monkey Circus: Vor der Bühne war wirklich kaum was los. Doch davon waren die Herren nicht beeindruckt. Im Gegenteil – sie schienen einfach glücklich zu sein, hier spielen und ihre Musik präsentieren zu dürfen. Die machte ordentlich Spaß und sorgte für erste wippende Füße bei den Anwesenden. Singer-Songwriterin Sophie Chassé, hauptberuflich bei AnnenMayKantereit am Bass tätig, stimmte im Anschluss eher leise, melancholische Töne an. Sanfte Stimme, fantastisches Gitarrenspiel, schöne Texte – einfach eine tolle Künstlerin!

Umso härter fiel der musikalische Kontrast auf der Hawkins Stage aus: Ferris (ja, der rothaarige Typ mit dem zerknautschten Gesicht, der vor Urzeiten mal bei Deichkind war) und Band legten mit eher unerwarteten Tönen los. Es klang nach Punk, war aber irgendwie doch etwas anderes. Die Verfasserin dieser Zeilen lässt der Auftritt jedenfalls bis dato ratlos zurück. Egal – die Menge feierte den Rapper, der bei 27 Grad stoisch im dicken Hoodie auf der Bühne stand, gebührend. Sogar eine kleine Fanbase war anwesend. Passt!

Auf der Backyard Stage baten im nächsten Slot The Deadnotes zum Tanz. Die Freiburger Pop-Punk-Combo hinterließ nicht nur wegen ihres außergewöhnlichen Frontmanns einen bleibenden Eindruck. Je länger der Gig dauerte, desto mehr Zuhörer:innen fanden den Weg zur kleinen Bühne. Man kann sagen: The Deadnotes haben sich in ihren 30 Minuten ihr Publikum verdient erspielt.

Wir brauchen Bass!

Wo wirs vorhin kurz von Deichkind hatten: Zur selben Zeit wie die inzwischen sehr avantgardistische Elektro-Pop-Combo machte auch der nächste Künstler auf der Hawkins Stage erstmals von sich reden. Afrob, ein Urgestein der deutschen Hip-Hop-Szene, gab sich die Ehre. Groß geworden in den 90ern, zwischendurch ein wenig unter dem Radar unterwegs, lieferte er beim Noisehausen eine coole Hip-Hop-Show, die leider nicht so viele Leute anzog, wie es eines Afrob würdig gewesen wäre. Schade für ihn. Die Anwesenden allerdings hatten eine formidable Zeit.

Zurück ins bewährte musikalische Fahrwasser des Noisehausen Festivals – zu irgendwas mit Punk. Rong Kong Koma waren der nächste Act auf der Backyard Stage. Halleluja, es herrschte von Beginn an blanke Anarchie. Wunderschön! Es war laut. Es hat geschrammelt. Es ging in die Beine. Herz, was willst Du mehr. Zu erwähnen sei außerdem, dass der Gitarrist des Quartetts den Ehrenpreis für das extravaganteste Bühnenoutfit verdient hat: Der Mann trat in weißem Glitzer-T-Shirt, weißer Corsage und buntem Tütü auf. Famos! Da mussten selbst die zahlreich im Publikum vertretenen Paradiesvögel Respekt zollen.

Kurz durchschnaufen und schnell rüber zur Hawkins Stage, denn Cold Years standen auf dem Zeitplan. Die Schotten sind ein echter Geheimtipp – noch. Denn wer sie einmal live gesehen hat, ist schockverliebt und dauerhaft emotional an diese Band gebunden. Ein Hauch von The Gaslight Anthem, die Melancholie von Jungs, die irgendwo in den kargen Highlands aufwuchsen, gepaart mit lauten Gitarren und sehr persönlichen Texten – mehr geht nicht, um das Potenzial zu etwas ganz Großem zu haben. Leider trübten hartnäckige Soundprobleme immer wieder den musikalischen Genuss. Sänger Ross Gordon ignoriert es nonchalant und war sichtlich voll in seinem Element. „Goodbye to Misery“, die anti-UK-Hymne „Britain is Dead“ oder das wunderbare „Home“ über den wahren Kern von Heimat seien hier als absolute Live- und Reinhör-Tipps angeführt.

Festival-Endspurt mit Vollgas

Da sich leider am Merch mit der furchtbar netten Begleitung von Cold Years verquatscht wurde, mussten die Sigourney Weavers ihren Auftritt in Abwesenheit der Whiskey-Soda-Redaktion absolvieren. Das ist jammerschade, doch es gibt im Leben immer eine zweite Chance. Umso mehr Energie war für den Auftritt von The Baboon Show übrig, die an Tag zwei der Co-Headliner waren – und bereits sehnsüchtig von der Menge erwartet wurden. Die Anspannung vor der Bühne war fast greifbar und wurde unerträglich, als sich die vier Schweden reichlich Zeit bei ihrem Intro ließen. Aber wehe, wenn sie losgelassen – heidewitzka! Mit der immer noch aktuellen Single „Oddball“ fiel der Startschuss für knapp eineinviertel Stunden strammes Workout vor und vor allem auf der Bühne.

Was Frontfrau Cecilia jedes Mal an körperlichem Einsatz abliefert, sucht wahrhaft seinesgleichen. Welche Frontfrau respektive welcher Frontmann bringt es bitte fertig, mitten im Set noch zehn Herrenliegestütze unterzubringen, während dem Publikum vor lauter Action und Ekstase bald der Zusammenbruch droht? Außer Cecilia alias CC Top wohl niemand. Die Frau ist ein Tier. Brutal. Die Zeit war knapp, die Stimmung heiß, und so prügelte das Quartett seine Songs in einem Affenzahn in die Nacht. „Holiday“, „Have a Party With Me“, „You’ve Got a Problem Without Knowing It“, „Same Old Story“, „You Get What You Get“ – textsicher wurde vollgas mitgemosht. Cecilia ließ sich den Ritt auf der Menge ebensowenig nehmen wie den direkten Kontakt zum Publikum am Wellenbrecher. Der letzte Akkord fiel pünktlich, als das Licht anging. Gerade noch geschafft, den Zeitplan einzuhalten. Puh.

Nun hieß es Bühne frei für Madsen. Die Niedersachsen sind Wiederholungstäter, waren sie doch bereits 2017 Headliner beim Noisehausen Festival. Beinahe wäre aus der Neuauflage allerdings nichts geworden, denn: Gitarrist Johannes lag mit Corona flach. Die Band machte sich trotzdem auf den Weg nach Schrobenhausen – um die Fans nicht zu enttäuschen und Veranstalter Andi Baierl nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Ein sehr feiner Zug. Frontmann Sebastian entschuldigte sich sogar noch für den eventuell weniger fetten Sound. Das hätte er jedoch gar nicht gemusst, denn schon der Opener knallte satt aus den Boxen und die Menge war angemessen am Start. Jede Textzeile wurde mitgesungen, erste Moshpits ließen nicht lange auf sich warten. Im Repertoire fanden sich Madsen-Klassiker wie „Sirenen“, „Mit dem Moped nach Madrid“, „Love Is a Killer“ oder „So cool bist Du nicht“. Letzteres bot Sebastian im Duett mit Keyboarderin Lisa vor einem Meer aus Feuerzeugen und Handyleuchten dar. Gänsehaut! Sogar ein kleiner Exkurs in die Welt des 90er-Jahre-Eurotrash wurde gewagt: Haddaways „What Is Love“ kommt auch mit Stromgitarren gut. Über allem schwebte eine Bubble aus Glückseligkeit, Freude und positiven Vibes. Madsen haben es geschafft, das alljährliche Motto des Noisehausen Festivals greifbar zu machen: Peace, Love & Rock ’n‘ Roll.

Was für ein grandioser Abschluss. Was für ein Festival. Wenn es sich schon beim Betreten des Geländes wie nach Hause kommen anfühlt, haben die Organisatoren sehr viel richtig gemacht. Bleibt zu hoffen, dass Sponsoren, Stadt und Publikum dem Noisehausen Festival weiterhin gewogen sind und es noch sehr viele solcher fantastischen Abende geben wird. Danke!

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Text: dieChris

Fotocredit Bilder: Melanie

Fotocredit Titelbild: Ulrich Hilbel

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