A Passage For Lost Years
Wehmütig über verlorene Zeit und verpasste Chancen zu sinnieren – ein Gefühl von Wut und Ohnmacht. Genau diese Gefühlswelt bietet die Chicagoer Post-Metal-Formation Varaha auf ihrem ersten Longplayer „A Passage For Lost Years“, der selbstbetitelten EP nachfolgend. Varaha steht im Hinduismus für die dritte Inkarnation des Gottes Vishnu, dem Erhalter und Bewahrer der Welt. Insofern bietet das Quartett auch Musik zum Nachdenken, Meditieren und In-sich-gehen.
Varaha entwickeln eine ausufernde Klangwelt, in der verzweifelte bis wütende Vocals gegen die Macht der Welt ankämpfen, aber nur schwer durchdringen können. Elegische Passagen aus ruhigen Riffs und Streicher-Arrangements und scheinbar endlosen Wiederholungen stehen bombastischen Eruptionen entgegen, die mit schüchternen Harmonien und Melodien verwoben sind. Im Verlauf werden Versatzstücke aus Post Metal, Black Metal und klassischen Metal werden gekonnt miteinander zu einem stimmungsvollen Gesamtwerk verschmolzen. Das epische Gesamtwerk wird dabei von einem opulenten und durchdringenden Sound getragen, der mit seinem Hall und seiner Tiefe genau die Emotionen unterstützt, die Varaha erzeugen wollen. Beim ersten Hören mag „A Passage For Lost Years“ langatmig und überfrachtet wirken, gar langweilig. Daher sollte man den neun Kompositionen ausreichend Zeit und Raum geben. Nur so können diese ihre transzendentale Wirkung frei entfalten. Dann sind die gut 60 Minuten ein Hörgenuss, den man nicht durch unkonzentriertes Hören nebenbei verschwenden sollte.
Wer sich die Zeit nimmt und eingehend mit „A Passage For Lost Years“ beschäftigt, wird nicht enttäuscht werden. Auch wenn Varaha sehr viel Dramatik auffahren, um möglichst stimmungsvoll und beeindruckend rüber zu kommen, schaffen sie es, im Großen und Ganzen eigenständig und geschlossen zu klingen.