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The Classic Years Trilogy (Vinyl-Boxset)

In den späten Siebzigern kam hierzulande kein Progressive-Rock-Fan an Eloy vorbei. Ob man die Band mochte oder nicht, dank ihres enormen kommerziellen Erfolges hatte aber jeder Interessierte eine Meinung zur Band. Speziell auch, weil Eloys Erfolg sich gerade dann einstellte, als die ursprüngliche Progblase entweder auflöste (King Crimson, Van Der Graaf Generator, ELP) oder sich in Richtung poppiger und kürzerer Songs orientierten (Genesis, Yes) – es ist somit anzunehmen, dass Eloy für viele Progfans, die mit Punk und New Wave nichts anzufangen wussten, die Retter des Tages waren. Heutzutage sind Eloy aber leider unter Proggern ziemlich vergessen. Zugegeben, sowohl die gerne spöttische Kritik an der Band als auch die teils eher halbgaren Alben, die Bandboss Frank Bornemann seit Mitte der 1980er unter dem Eloy-Banner veröffentlicht hat, waren nicht angetan, Neufans für die Band zu rekrutieren.

Das vorliegende Boxset „The Classic Years Trilogy“ kommt für Eloy-Neulinge also sehr gelegen. Es enthält nämlich mit „Dawn“, „Ocean“ und „Silent Cries And Mighty Echoes“ genau die drei Eloy-Studioalben, auf die sich auch die der Band eher kritisch gegenüberstehenden Hörer einigen können. Die drei Alben entstanden in der Besetzung Frank Bornemann (v., gtr), Klaus Peter Matziol (bs), Detlev Schmitdchen (keys) und Jürgen Rosenthal (dr) – genau das Line-Up, das generell als beste Inkarnation der Band gilt. Die Alben sind in der Box sowohl auf Vinyl als auch auf CD enthalten, Grobschnitt-Guru Eroc hat das Material neu remastert, und die Pressqualität ist absolut untadelig ausgefallen. Gefütterte Innersleeves, und auch die Artworks (allesamt Gatefolds) wurden wunderbar mit Texten und Fotos aufbereitet. Die CDs kommen in einem weiteren, LP-großen Gatefold-Cover, das noch dazu ein paar knappe Kommentare zu den Alben enthält. Bonus-Tracks sucht man leider vergeblich, auch die beiden Zugaben zur Remaster-Version von „Silent Cries And Mighty Echoes“ wurden für diese Auflage wieder gestrichen. Für den doch relativ hohen Preis der Box hätte man auch gerne noch ein ausführlicheres Booklet beilegen können. Oder der Vollständigkeit halber noch das in der gleichen Besetzung entstandene und absolut essenzielle 1978er „Live“-Doppelalbum hinzupacken – damit hätte man wirklich die komplette Rosenthal-Ära der Band in einem Set abgedeckt.

Musikalisch sollten sich von der Box all die angesprochen fühlen, die sowohl bombastischen Symphonic-Prog als auch leicht psychedelische Frühsiebziger-Floyd-Klänge mögen und die Sympathie für Spacerock mitbringen, denen Hawkwind und Konsorten aber zu dreckig klingen. Die Songstrukturen von Eloy sind relativ straight ausgefallen, komplexe Klanggebilde wie von King Crimson oder Yes sollte hier niemand erwarten. Dafür gibt’s breite, mystisch klingende Synthieflächen mit New-Age-Flair, ausladende Gitarrensoli und immer wieder für den damaligen Prog unerwartet Hardrock-lastige Abschnitte. Eloy waren auch im UK sehr erfolgreich, und so kann die hier verewigte Trilogie auch als starker Impulsgeber für die wenige Jahre später startende Neoprog-Bewegung gelten. Speziell die frühen Twelfth Night („Live At The Target“-Ära) klangen schon mehr als nur ein wenig nach Eloy, und auch auf den frühen Marillion- und IQ-Werken finden sich viele ähnliche Stilmittel. Was immer wieder schwer kritisiert wird, ist der Gesang von Frank Bornemann – oder vielmehr, dessen Umgang mit der englischen Sprache. In der Tat kann man das fast nicht mehr als Akzent bezeichnen – ein Freund aus England behauptete einmal, Bornemann singe nicht Englisch, sondern Deutsch mit lauter Worten, die es in der deutschen Sprache nicht gibt. Man sollte sich also schon einmal eine Hörprobe gönnen, bevor man das Boxset in den Warenkorb legt, der Gesang ist eben für Viele ein Knackpunkt bei Eloy.

Hat man damit – wie der Rezensent – keine Probleme, wird man hier aber definitiv drei echte Schätzchen der progressiven Rockmusik finden. Klar, Eloy spielten nicht wirklich in der gleichen Liga wie Pink Floyd, Genesis oder Yes, aber das machten viele andere, heute trotzdem kultig verehrte Siebziger-Bands (und 99% ihrer Nachfolger) auch nicht. Tolle Musik gibt’s hier dennoch. „Dawn“ ist dabei das kantigste und spacigste der drei Alben, hier gibt es noch jede Menge harte Gitarren und viel Schweineorgel – leider aber auch etwas schmalzige Streicherarrangements, die das Ganze gefährlich nah an die Grenze zum Kitsch ziehen. Wer aber vor Dur-lastigem Schönklang Angst hat, ist bei Eloy eh‘ am falschen Platz. Das erfolgeichste Album der Band, „Ocean“, ist ohne Frage auch der Höhepunkt der Band-Discografie. Die vier Songs des Albums zeigen den Bandsound in Perfektion, die Mixtur aus hartem Rock, Space-Feeling und Bombastkeule sollte nie mehr so überzeugend gelingen wie auf speziell ‚Poseidon’s Creation‘ und ‚Atlantis Agony‘. Auch nicht auf dem ebenfalls sehr starken dritten Album der Box, „Silent Cries And Mighty Echoes“, das sich eventuell ein büssken zu stark an Pink Floyd anlehnte – so ist es schwer, in den ersten Minuten (‚Astral Entrance‘) nicht an ‚Shine On You Crazy Diamond‘ zu denken, und das Finale von ‚Apocalypse‘ kupfert kräftig bei ‚The Great Gig In The Sky‘ ab. Dafür klingt ‚Pilot To Paradise‘ mit seinem treibenden Groove wie die Blaupause für die legendären „Die Drei ???“-Soundtracks und sammelt alleine damit schon wieder Sympathiepunkte. Kurz, jeder, der sich für deutsche Prog-Klänge interessiert, muss diese drei Alben einfach kennen – und auch im internationalen Vergleich haben Eloy hier dreimal ins Schwarze getroffen.

Prog-affine Vinylsammler können sich das Boxset also bedenkenlos ins Regal stellen. Wem allerdings eine CD-Fassung ausreicht, der kann sich die drei Alben nach wie vor bei den „üblichen Verdächtigen“ in den Remaster-Fassungen von 2005 für jeweils ’nen Fünfer abgreifen. Se Tschoiss iss juhrs, wie Frank Bornemann sagen würde. Haben sollte man die drei Scheiben als Genrefan aber auf jeden Fall, so oder so.

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