Servant of the Mind
Es ist eine fiese und anmaßende Frage: Ab wann ging es mit Volbeat eigentlich Berg ab? Als sie ihren Fokus mit unendlichen Touren in Übersee merklich auf den amerikanischen Markt setzten? Als ihre Musik mehr Pop- als Rock- und Metal-Appeal bekam? Als sie jedes Jahr auf den gleichen Festivals spielten? Als erst Gitarrist Thomas Bredahl und schließlich auch Bassist Anders Kjølholm die Band verließen bzw. verlassen mussten? Als Michael Poulsen Dominus ad acta legte und Volbeat gründete? Eine Antwort fällt schwer. Dennoch darf so ein Rückblick erfolgen. Denn Volbeat haben vollmundig angekündigt, dass sie mit ihrer neuen Platte „Servant of the Mind“ (Vertigo/Universal) zurück zu ihren Wurzeln und einem härteren Sound wollen.
Eines kann bereits schon vorweggenommen werden: „Servant of the Mind“ ist tatsächlich das härteste Album der Dänen seit 2010 und „Beyond Hell / Above Heaven“. Wer jetzt freudig aufschreit oder ängstlich guckt – immerhin haben es Volbeat mit ihrer Pop-Attitüde der letzten Alben zu einer der größten Rockbands Europas geschafft – dem sei nur eins gesagt: So einfach ist es nicht.
Der Opener „Temple of Ekur“ beginnt düster atmosphärisch mit einem schlichten, jedoch eingängigen Metal-Riff, um in einen fast schon arg kitschig-melodischen Refrain abzudriften. „Wait a Minute My Girl“, welches genau wie der ruhigere Song „Dagen før“ bereits als Sommer-Songs vor einigen Monaten herausgebracht worden ist, weist Pop-Punk-Einflüsse samt überraschend nettem 1980er Jahre Saxophon auf.
Anschließend folgt viel Volbeat-Standard-Kost. Dennoch hat „Servant of the Mind“ seine überraschenden und guten Momente. „The Devil Rages On“ besitzt schöne Rock’n’Roll-Einflüsse, während „Say No More“ oder „The Passenger“ mit ihren Powerriffs im typischen Bandstil das Tempo etwas erhöhen. „Step into Light“ weißt dagegen leichte Psychedelic-Rock-Momente der 1970er Jahre auf. Wer es härter mag dürfte mit „Becoming“ und „Lasse’s Brigitta“ glücklich werden.
Volbeat lassen also all ihre verschiedenen Einflüsse aufblitzen. Das ist etwas, was sie schon immer gemacht haben. Trotzdem erwischt man sich während des Hörens immer wieder beim Seufzen. Irgendwann überkommt einen sogar das Gefühl, dass man Frontmann Michael Poulsen und seine Mannen einmal richtig durchschütteln will. Denn jeder Song – wirklich jeder! – besitzt einen poppigen und eingängigen Refrain mit der Kopfstimme des Sängers. Härte, Geschwindigkeit und gutes Riffing werden dabei voll zurückgefahren. Das ist vorhersehbar und irgendwann kaum noch zu ertragen. Volbeat machen so all ihre spannenden Ansätze kaputt. Es beschleicht das Gefühl, dass sie ihren Back-To-The-Roots-Ansatz auf „Servant of the Mind“ nicht richtig durchziehen wollten oder konnten. Warum das so ist, darüber darf jeder gerne selbst spekulieren. Schade ist es allerdings schon!