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Views

Während die einen Bands mal kurz ins Mikrofon husten und sofort von einem Major-Label unter Vertrag genommen werden (hallo Pears), hangeln sich andere Bands von Konzert zu Konzert und bringen in Eigenregie Alben heraus, ohne dabei mehr als einen Fußabdruck in der Musikwelt zu hinterlassen. Kommt man dann trotzdem einmal in den Genuss des Lauschens, fragt man sich oft, warum diese Leute immer noch für Spritgeld und nen Kasten Bier spielen anstatt Festivals zu rocken. So der Fall bei The Lamplighters aus dem sachsen-anhaltischen Köthen (hey, mal nicht Berlin!), die sich bereits 2009 zusammengefunden und seitdem drei Alben produziert haben. Allesamt gehören zum Besseren, was lokaler Punkrock zu bieten hat. Abgesehen von einigen Gigs in kleineren Clubs und lokalen Veranstaltungen, schaffte die Band jedoch nie den Sprung auf die großen Bühnen. Das könnte sich nun allerdings ändern. Für die Veröffentlichung ihres vierten Langspielers hat sich das Quartett nämlich mit dem bekannten Record-Label No Panic! zusammengetan. Laut den ‚Lampis‘, wie sie sich selbst nennen, ist die Scheibe das bisher beste Album ihrer Discographie.

Ihre Musik verbindet klassische mit modernen Punkrock-Elementen. Die Einflüsse sind zahlreich und schimmern hier und da durch. Der Song ‚Basement‘ ist beispielsweise eine Hommage an die Ramones und den Geist der Siebziger – ‚Gabba gabba hey‘ inklusive. ‚I Don’t Like You‘ spielt ebenfalls in der Liga schnörkelloser Hau-Drauf-Titel, deren Gitarren-Riffs ebenso wenig einer tiefgründigen Interpretation bedürfen, wie die eindeutige Message des Liedes, die der Name bereits vorweg nimmt. Songs wie ‚Fairytale‘ hingegen wirken durch eine komplexere Struktur und ausgefeilte Melodiesegmente moderner und lassen an Bands wie Title Fight oder Transit denken. Was The Lamplighters durchweg gelingt, ist die Erzeugung eingängiger Hook-Lines, die den Hörer mitnehmen und von Track zu Track weiterreichen. Hinzu kommt ein zuweilen geniales Build-Up innerhalb der Songs. Ein gutes Beispiel dafür ist ‚Out Of Control‘, das von der Strophe, über den Pre-Chorus bis zu dem Gänsehaut erzeugenden Refrain, einen tollen Spannungsbogen kreiert.

‚She has no chance forgotten and alone in this cruel world.‘

‚Views‘ ist eines dieser Alben, die man an einem Stück durchhören kann, ohne dass dabei auch nur ein Funken langer Weile aufkommt. Lead- und Rhythmusgitarre hauen einem die Harmonien nur so um die Ohren, während Bass und Schlagzeug einen solides Klangfundament legen. Die sich wunderbar ergänzenden Stimmen der beiden Sänger polieren insbesondere die Refrains noch einmal deutlich auf. Melodie 2.0. Wo Licht ist, ist natürlich auch Schatten (obwohl dieser hier nur wenig Fläche füllt). So wirkt die Produktion im Vergleich zu den vorangegangenen Alben zwar merklich hochwertiger, dafür büßen die Lampis aber auch etwas von ihrer Rotzigkeit ein. ‚Views‘ hätte durchaus etwas weniger poppigen ‚Schliff‘ und etwas mehr Raubeinigkeit vertragen können. An anderen Stellen übertreibt es die Lead-Gitarre etwas mit dem Melodiegeschrammel und es fehlt dadurch zuweilen an Power und Akzenten. Damit ist ‚Views‘ allerdings immer noch besser als ‚gut‘ und wer auf Bands wie Red City Radio oder The Holy Mess steht, wird sich bei The Lamplighters sofort heimisch fühlen! Zum Jahresende 2015 ein echter Überraschungshit, den ich in diesen letzten Tagen nicht mehr erwartet hätte.

‚Here comes the end and we cannot pretend.‘

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