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The Great Adventure

Nein, Neal Morse wird es nicht langweilig. Sein Soloalbum „Life And Times“ ist kaum ein Jahr her, und schon hat er mit seiner Neal Morse Band ein neues Doppelalbum fertigestellt. „The Great Adventure“ ist dabei in jeder Hinsicht zur Fortsetzung des vor zwei Jahren erschienenen Albums „The Similitude Of A Dream“ geworden. Musikalisch, personell und tatsächlich sogar textlich – die Neal Morse Band setzt nämlich die Konzeptstory des Vorgängers auf ihrem aktuellen Doppeldecker fort. Protagonist ist diesmal der Sohn des Pilgers aus Teil 1, der wenig Verständnis dafür aufbringt, dass sein Vater ihn für seine spirituelle Suche zurückgelassen hat.

Das wichtigste Wort ist dabei „Band“. Noch mehr als auf „The Similitude Of A Dream“ kommt das aktuelle Werk nämlich mit echtem Bandfeeling daher – mit mehr Bandfeeling als irgendein Album mit Morse-Beteilung seit Spock’s Beards „Snow“. Nicht nur, weil Neal gut die Hälfte der Lead Vocals diesmal an seine Kollegen abtritt. Die diversen Ausflüge in Prog-Metal-Gefilde tragen nämlich deutlich die Handschrift von Meister Portnoy und klingen zusammen mit der SEHR an John Petrucci angelehnten Gitarrenarbeit von Eric Gilette bisweilen ganz unverrückbar nach Dream Theater zu „Scenes From A Memory“-Zeiten. Man nehme nur ‚Welcome To The World 2‘ – das ist genau der Stoff, den man sich eigentlich schon seit Jahren von Mikes Ex-Kollegen erhofft, aber nicht bekommt. Das gelegentlich herausgeholte Heavy-Brett von Portnoy und Gilette verzahnt sich überraschend locker mit dem typischen Kansas-meets-The-Beatles-Stil von Neals Songs und sorgt auch für eine Menge Abwechslung. Ja, und Eric Gillette darf sich ehedem hier kräftig austoben, singt er doch auch diverse Leadvocals und eine ganze Menge Harmoniegesänge mit Neal zusammen. Natürlich ist es da sehr hilfreich, dass Eric bisweilen wirklich wie der junge Neal klingt – den „Sohn“ nimmt man ihm also zu jeder Zeit ab. Wie wunderbar die Band generell stimmlich zusammenpasst, zeigt beispielsweise auch das großartige ‚I Got To Run‘, für das Portnoy noch ein paar Zeilen beisteuert. Trotz der vielen verschiedenen Stimmen (Bill Hubbard darf natürlich auch mehrfach ran) gleitet „The Great Adventure“ aber zu keiner Zeit ins Musical-Genre ab. Das Songwriting ist trotz der Story klar im durchaus erdigen Rock-Bereich verortbar und kommt trotz progressiver Komplexität jederzeit auf den Punkt, wie das im Prinzip fast nur Morse so locker und entspannt hinbekommt. Mit dem sich durch das Album als Hauptthema ziehenden ‚Welcome To The World‘ und dem Wings-Ära-McCartney-verdächtigen ‚Vanity Fair‘ gibt es auch genügend Songs, die für sich alleine stehen und, nun ja, „Hits“ abgeben. Ganz pragmatisch gesagt, so muss ein Konzeptalbum sein. Auch Neals christliche Message wird auf „The Great Adventure“ sehr unaufdringlich und subtil an Mann und Frau gebracht. Dass es Mike Portnoy aber geschafft hat, auf einem christlich inspirierten Konzeptalbum ein höchst prägnantes Drumintro-Zitat von Beelzebub-Kumpel King Diamond zu verstecken, hat mir dann doch auch ein kleines Lächeln abgerungen.

Es ist ja fast schon langweilig, für jedes neue Neal-Morse-Album eine Jubelkritik zu verfassen, aber, ganz ehrlich, der Mann lässt uns ja keine Chance! Von einer kurzen Durststrecke Mitte/Ende der 00er Jahre abgesehen haut Neal uns eben seit dem Spock’s-Beard-Debüt in schöner Regelmäßigkeit exzellente Alben um die Ohren, die zwar irgendwo alle klar nach Morse klingen, aber auch immer wieder jede Menge fantastischer und unwiderstehlicher Songs mit sich bringen. Die stärkere Einbeziehung seiner Band tut der ganzen Geschichte zusätzlich gut und macht aus „The Great Adventure“ nicht nur einen exzellenten Nachfolger von „The Similitude Of A Dream“, sondern bringt Neal verdächtig nah ans Niveau der ersten sechs Spock’s-Beard-Scheiben. Tja, selbst nach über dreißig Jahren „im Dienst“ ist Neal Morse eben immer noch das Mass aller Dinge im modernen Prog.

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