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Snacks And Supplies

Seit sie 13 Jahre alt sind, machen sie zusammen Musik. Heute wohnen David Stoltzenberg, Daniel Husten und Nils Hansen sogar miteinander in einer WG, welches gleich zum Heimstudio umfunktioniert wurde. Und nun jammen sie in ihrer Hamburger Bude drauf los, um uns mit ‚Snacks and Supplies‘ ihr Debütalbum zu präsentieren. In ihrer Jugend hätte diese Platte wohl nach den Idolen Eminem und Nirvana geklungen. Davon hört man heute nichts mehr – längst haben sie ihren eigenen Sound entwickelt. Wenn man doch einen Vergleich wagen darf, kann man Pool als potenzielle Erben von Daft Punk bezeichnen. Denn dieses Album bietet über weite Strecken puren Elektro-Funk. Wie das Trio selbst sagt: es ist ein

‚robotischer Style – aber echt gespielt‘

.

Anfangs klingt vieles gleich. Nicht nur der funky-smoothe Sound, sondern auch die sowohl harmonische als auch melodische Stimmung – lässig, nüchtern, etwas ‚by-the-way‘ gespielt. Das geht spätestens ab dem vierten Track ‚Pink Pussy‘ nicht mehr gut, wo die Abwechslung einfach flöten geht und man kurz Angst bekommt, jeder Song würde jetzt in diesem recht monotonen, zurückgelehnten Klang bleiben. Zum Glück beweist ‚My Number‘ das Gegenteil und entpuppt sich als tanzbare, poppigere Nummer mit toller Funk-Bass-Linie. Erstaunlich ist bei wiederholtem Hören auch, wie sehr Sänger Stoltzenberg in seiner Klangfarbe Win Butler, dem Frontmann von Arcade Fire ähnelt.

Doch was folgt, stellt alles bis dato Gehörte in den Schatten: ‚Long Islang Ice Tea‘ ist der bislang vielleicht interessanteste Pop-Song des Jahres. Hier herrscht eine Genre-Symbiose, wie man sie nur selten trifft: R’n’B-Drums treffen auf kubanische Percussion, dazu ein sanfter Bass im Stil von Jack Johnson und eine E-Gitarre, die in ihrem Sound und Strumming Funk mit Reggea zu kombinieren scheint. Was nach überladen und sehr gewollt klingen mag, harmoniert hier unerwarteterweise perfekt miteinander. Als gegen Ende des Songs noch ein Saxophon-Solo einsetzt, ist der Smooth-Groschen endgültig gefallen – man befindet sich mit seinem neuen Lieblingscocktail am Strand und beobachtet bei leisem Wellengang den Sonnenuntergang. Und wohl kaum ein Cocktail hat eine bislang so ideale Hymne erhalten.

Auf diese pure Entspanntheit folgt das ungenierte ‚Shine On‘, wozu sich gleich beim ersten Hören, ob freiwillig oder nicht, der ganze Körper bewegt. Ein Song, den man sofort von der Haar- bis zur Fußspitze fühlt. Damit zeigt sich das zweite Drittel des Albums als absoluter Knüller, denn schon der nächste Track ‚Higher Grounds‘ bringt jetzt etwas mehr Gute Laune rein und erinnert an The 1975. Wen wundert’s: im Vorjahr sind die beiden Bands gemeinsam noch auf Tour gewesen. Damit sorgten sie auf ihren Konzerten quasi gemeinsam für ein Revival der Funk-70er und Synth-Pop-80er. Es folgen noch ‚State Of Mind‘ mit endlich mal beschleunigtem Tempo und pushendem Beat und ‚Your Depression‘ – die erste Indie-Rock-Nummer, die sogar noch mehr aus sich rausgehen dürfte. Da steckt (für die Zukunft) noch mehr drin.

‚Snack And Supplies‘ ist auf dem momentanen Plattenmarkt auf jeden Fall ein hervorragendes, aus der Masse stechendes Pop-Album. Es ist in sich stimmig und probiert sich dennoch genug aus. Es besitzt hier und da ein paar Längen und bietet auf der anderen Seite absolute Highlights. Je länger man dem Album lauscht, desto stärker entwickelt es sich. Und deshalb wird man nach diesem tollen Beginn mit Spannung das weitere Geschehen der Hamburger Newcomer verfolgen.

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