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Bottled Out Of Eden

Der Nachfolger zu „The Unraveling“ tritt ein schweres Erbe an, war das Vorgängeralbum doch einer unserer Geheimtipps des vorletzten Jahres. Entsprechend fehlt „Bottled Out Of Eden“ das Innovative, zumindest dann, wenn man sich bereits mit dem bisherigen Output von Knifeworld auseinandergesetzt hat. Aber das soll nicht bedeuten, dass der dritte Longplayer des Londoner Oktetts unkreativ oder gar langweilig wäre. Ganz im Gegenteil. Knifeworld machen in bewährter Manier da weiter, wo sie bei „The Unraveling“ aufgehört haben. Die Briten setzen ihren „Zeuhl“-Stil fort, jenes von der Band Magma und dem Jazzer Christian Vander begründete Sub-Genre des Progressive Rocks, das sich auf extrem komplexen Rhythmen stützt und eine Vielzahl von unkonventionellen Instrumenten zum Einsatz bringt.

Psychedelisch, avantgardistisch und zu keiner Sekunde vorhersehbar präsentieren Knifeworld unter der Führung ihres Masterminds Kavus Torabi eine Odyssee durch modern-experimentelle Klangwelten und verschmelzen Pop mit Folk, Art Rock mit Avantgarde, Progressive Rock mit meditativem Chorgesang. Immer wieder kommen verschiedene Blasinstrumente zum Einsatz, werden Erinnerungen an Legenden wie King Crimson oder Jethro Tull wach, wobei diese Vergleiche nur unzureichend den Stil der Londoner beschreiben können. Im Gegensatz zum Vorgängeralbum wirken viele Tracks noch folklastiger, dafür gibt es nur noch wenige rockige Gitarrenparts. So verriet uns Kavus Torabi auch in unserem Interview, dass er Gitarristen in den meisten Fällen für langweilig hält. So dominieren hier statt der Gitarren auch eindeutig die Bläserparts. Wer bereit dazu ist, sich diesem Experiment hinzugeben, den erwartet eine ungewöhnliche Reise. ‚I Must Set Fire To Your Portrait‘ überrascht beispielsweise mit fröhlichen Rhythmen und funkigen Bläsersätzen, mit denen es auch gut die Titelmusik einer 70er-Jahre-Agentenserie sein könnte.

‚Feel The Sorcery‘ heißt der letzte Song dieses ganz und gar außergewöhnlichen Albums. Zauberei spürt man hier in der Tat – mit jeder einzelnen Note taucht man tiefer ein in dieses klingende Universum, in eine Welt, in der es keine Gesetze und Regeln mehr zu geben scheint. Chöre treffen auch Percussions, Saxophone und ein Fagott vereinen sich im Art Rock mit Klarinetten, Keyboards und akustischen Gitarren zu einem völlig neuen Genre. „Bottled Out Of Eden“ verlangt dem Hörer einiges ab. Konventionen werden gebrochen, Experimente direkt vor unseren Ohren gestartet, und teilweise klingt das alles zugegeben etwas schräg. Aber genau so muss die Innovation fortgeführt werden. Wer Knifeworld also bereits kennt, darf sich auf eine grandiose Fortführung von „The Unraveling“ freuen. Alle anderen erwartet eine Überraschung. Nein, es sind elf Songs und damit elf Überraschungen, jede auf ihre Art und Weise berührend, mitreißend und zugleich fordernd. Manchmal werden Gitarren eben tatsächlich überbewertet.

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