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Healed By Metal

Es ist eine der großen Ungerechtigkeiten, daß Grave Digger kommerziell gesehen nie den Sprung in die oberste Metal-Liga geschafft haben. Wie die Kollegen von Saxon waren Grave Digger wohl einfach ein wenig zu unglamourös, zu bodenständig, zu wenig an Effekthascherei interessiert. Auch auf ihrem neunzehnten vollwertigen Studiowerk zeigt die Metal-Institution aus dem Ruhrpott keinerlei Abnutzungserscheinungen und präsentiert erneut ein gelungenes Album ohne Überraschungen, aber auch ohne eine einzige langweilige Minute.

Das Spektrum geht dabei wieder einmal vom typischen Teutonen-Metal Stampfer wie dem eröffnenden Titelsong, Speed-/Thrash-lastigen Up-Tempo-Brechern wie ‚When Night Falls‘ bis zur an die Schottland-Trilogie gemahnenden hymnischen Bombastkeule ‚Call For War‘. Klar könnte man nun mäkeln, daß das Solo von besagtem ‚Call For War‘ im Prinzip das Intro von ‚Wasted Years‘ ist, oder daß das schleppende ‚Laughing With The Dead‘ mit seinem Dschingis Khan-Gedächtnis-„Ha, ha, ha, ha“ – Refrain durchaus das Zeug zum Auf-den-Sack-gehen hat. Aber hier steht eben klar der Spaß im Vordergrund, und da wird eben auch manches Klischee ganz bewußt überzeichnet. Man nehme nur den Text von ‚Ten Commandments Of Metal‘. Das Sympathische daran ist, daß Grave Digger sich nicht ironisch-distanziert mit den Klischees beschäftigen, sondern aus der Insider-Perspektive einer Horde lebenslanger Metal-Verrückter – ein augenzwinkernder Liebesbrief statt einer Parodie. Natürlich ist auch ‚Healed By Metal‘ einmal mehr fettestens produziert, was die prägnanten, Grave Digger-typisch schön deftigen Säge-Riffs pefekt zur Geltung bringen. Chris Boltendahls robuster Gesang steht dazwischen wie eine sturmumtoste Klippe – feucht, aber jederzeit aufrecht. Oder so.

Klar, der traditionelle Heavy Metal ist, wie der ursprüngliche Blues, eine ausgestorbene Musikrichtung. Es wurde alles gesagt, und jede Weiterentwicklung führt unweigerlich weg von dem, was den Reiz des Genre ausmacht. Wie aber Grave Digger mit „Healed By Metal“ umumstößlich beweisen, kann man auch mit der alten Zombiebraut immer noch jede Menge Spaß haben – solange die Mucke stimmt und die Absicht dahinter ehrlich und ehrenhaft ist. Und Chris Boltendahl sieht in Streifenjeans und Kutte 2017 als Einziger immer noch aus wie die coolste Sau auf dem Planeten.

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