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Silent Angel: Fire And Ashes Of Heinrich Böll

Eric Andersen ist ohne Frage eine der wichtigsten Gestalten der amerikanischen Folkszene. Er war bereits in den Sechzigern im Greenwich Village dabei, Anfang der Siebziger half er, den typischen Laurel-Canyon-Folkrock-Sound zu prägen, und nach einer längeren Pause kehrte er Ende der Achtziger mit von der Kritik regelmäßig abgefeierten Alben zurück. Daß Eric nie so erfolgreich wie Bob Dylan und Joan Baez oder so legendär wie Phil Ochs wurde, lag, nun ja, aber immer auch ein wenig an ihm selbst. Denn großartigen Werken wie „Bout Changes’n’Things“ (1966), „Blue River“(1972), „Ghosts Upon The Road“ (1989) oder den im Trio mit Rick Danko (The Band) und Jonas Field veröffentlichten Scheiben standen immer wieder durchschnittlichere bis richtungslose Alben wie „Avalanche“ (1969) oder „Midnight Son“ (1980) entgegen, die die Fans bisweilen schwer auf die Probe stellten.

Seit einigen Jahren widmet sich der seit den Achtzigern in Oslo lebende Andersen nun Tributen seiner liebsten Poeten und hat bereits ein von Lord Byron inspiriertes Album und eine EP im Geiste von Albert Camus aufgenommen. Diesmal ist nun ein deutscher Dichter dran: „Silent Angel: Fire & Ashes Of Heinrich Böll“ ist zwar wieder nur eine EP geworden, aber Freunden eher ruhiger Folk-Klänge sehr ans Herz zu legen. Vorausgesetzt, man schafft es, sich nicht von dem schlicht häßlichen Praktikantenjob-Artwork abschrecken zu lassen. Oder dem Intro ‚Wenn das Wasser vom Rhein gold’ner Wein wär‘, von Akkordion und authentisch deutscher Volksmusikstimme vorgetragen. Hat man die Nerven, das zu überstehen, warten nämlich vier exzellente Songs, die natürlich allesamt schwer von der mittlerweile wunderbar abgelebten und eindringlichen Stimme leben. Die passt zu den Songs, die, dem Thema folgend, allesamt in der Zeit des zweiten Weltkrieges angesiedelt sind – auch wenn man sich gelegentlich fragt, ob nicht doch der eine oder Andere aktuelle Bezug aufgetaucht sein könnte. Andererseits wiederholt sich eben alles… Auf eingängige Melodien wie bei „Ghosts Upon The Road“ muss man freilich hier verzichten, die Songs sind eher Stimmungsbilder, nicht unähnlich dessen, was Bob Dylan auf „Time Out Of Mind“ (allerdings ohne die hippe LoFi-Produktion) oder Bruce Springsteen auf „Devils And Dust“ abgeliefert haben. Gerade den deutschen Andersen-Fans dürfte ein Song wie das sarkastische ‚Thank You, Dearest Leader‘ durchaus schwer im Magen liegen – somit dürfte die Mission im Sinne des Herrn Böll durchaus erfolgreich sein.

Unterm Strich also eine sowohl von der Botschaft als auch der Musik empfehlenswerte Scheibe, die sich Fans von Bob Dylan, Richard Thompson oder auch Tom Waits definitiv vormerken sollten. Fans von Andersen sowieso – aber das wissen sie auch ohne weiteren Hinweis.

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