|

POHLMANN – Habicht, nicht Falken!

Singer/Songwriter Ingo Pohlmann ist wie in jedem Jahr auf seiner „Jahr ein Jahr aus“-Tour, und macht wie (fast) immer auch im Gleis 22 in Münster Station. Ebenfalls gleich ist die Bandbesetzung im Trio mit Kallas und Hagen, mit denen er sich nun bereits seit 18 Jahren die Bühne teilt, und die mehr als ordentliche Gästezahl im nicht ganz ausverkauften Club.

SYMØN

Den Abend eröffnet SYMØN mit seinen ruhigen Keyboardklängen, bevor nach einer kurzen Umbaupause Ingo und seine Mannen die minimale Erhöhung betreten, und mit den beiden eher leiseren Nummern „Besonnen“ und dem „Captain mit Sonnenbrille“ das Konzert eröffnen. Nach einer kurzen und freundlichen Begrüßung wird es bei „Himmel und Berge“ das erste Mal richtig laut, und alle klatschen und singen mit. Wie immer macht es Pohlmann seinen Fans nicht leicht, seinen Texten stimmlich zu folgen, denn wieder und wieder variiert er die Strophen, wiederholt Zeilen und wechselt das Tempo. Erstaunlich ist, welchen dichten Klangteppich die drei in ihrer schmalen Besetzung aus Gitarre, Schlagzeug und Cello weben, lediglich in der Mitte des Sets werden sie dann für ein paar Songs noch einmal von SYMØN an den Tasten gekonnt ergänzt.

Kallas

Ingo hat ein paar Jahre hier in Münster gelebt, und natürlich gibt es ein paar Anekdoten aus dieser Zeit. Allerdings sind diese schon wieder so lange her, dass er sich nicht einmal mehr an seine alte Adresse erinnern kann, und sein ehemaliger WG-Partner ihm aus dem Publikum heraus auf die Sprünge helfen muss („Ach ja, Rudolf-Habicht, nicht Falken-Weg!“). Das Gute, wenn man keine, oder nur einen wirklichen Hit hat, dann kann man munter in seinem Backkatalog kramen, und das macht das Trio am heutigen Abend ausgiebig, und zaubert ein paar länger nicht gespielte Nummern aus dem Hut, allen voran das gleichzeitig bewegende, als auch swingende „Deine Tränen“. Die immer noch aktuelle Scheibe „falschgoldrichtig“ ist dagegen neben dem Opener nur noch mit dem „Glashaus“ vertreten. Schade eigentlich, dass diese in der Pandemie veröffentlichte, und dadurch leicht untergegangene Platte, wie schon im letzten Jahr kaum eine Rolle in seinem Programm spielt.

Hagen

Wenn auch keine Charterfolge, so sind dennoch jede Menge Publikums-Lieblinge im Set, die textsicher von den etwa 200 Gästen begleitet werden. Besonders laut wird es bei „König der Straßen“, „Fliegende Fische“, „Unter Uns“ und den finalen Titeln „Wenn jetzt Sommer wär´“ (genau, der Hit!) und „Star Wars“, mit dem die Männer sich strahlend in den Back-, oder, wie es im Gleis 22 heißen muss, Sidestage-Raum verabschieden. Natürlich gibt es lauten Applaus, und die Show geht noch ein wenig weiter.

Ingo hatte nicht nur eine Zeitlang seinen Wohnsitz in der Stadt, auch seine Karriere fing unter der Führung von H-Blockx-Frontmann Henning Wehland als Manager und Jan Löchel als Produzent hier an. Aber nicht nur die beiden haben seine Laufbahn maßgeblich beeinflusst, auch sein hiesiger Deutschlehrer an der Abendschule (Herr Räuber) gab ihm -ob der begrenzten Rechtschreibfähigkeit- den dringenden Rat, doch lieber Musiker zu werden, anstatt das Abitur und ein Studium anzustreben, wie Ingo lachend erzählt. Im Gegensatz zum Dozenten, ist Wehland heute im Saal, und schleicht sich durch die Menge zu den Zugaben auf die Bühne. Ein erst spontan improvisiertes „Zurück zu Dir“, in Anlehnung an die gemeinsamen Zeiten, wird nach einer Strophe wieder abgebrochen, um dann zusammen das Lied „Der Junge ist verliebt“ zu spielen, das der H-Blockx-Shouter erst vor wenigen Wochen bei seinem Weihnachtskonzert gemeinsam mit Löchel dargeboten hat.

Auch wenn Pohlmann positiv anmerkt, dass „Ihr kein Publikum für einen Sonntagabend seid!“, merkt man leider den für den Folgetag angekündigten Bauern-Streik, der das Aufstehen zum Ferienende noch ein wenig früher nötig werden lässt. Das Gleis leert sich trotz der extrem starken Performance immer mehr, und als nach zweieinhalb Stunden der seit vielen Jahren übliche Rausschmeißer „Unterwegs“ erklingt, macht sich auch der verbliebene Rest sehr zügig auf den Heimweg, und nur wenige nutzen noch die Chance, sich von der Band ein Autogramm abzuholen. So endet eine wunderbare musikalische Reise durch fast zwei Dekaden Pohlmann-Songs mit ein wenig Müdigkeit am nächsten Morgen. Es gibt aber Abende, die einen Schlafmangel zum Wochenstart einfach wert sind, und dieser war definitiv einer davon!

Künstlerhomepage

Pohlmann bei Facebook

Pohlmann bei Instagram

 

Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar