Den Nabel voll mit Schampus: Valentins Jahresdings 2015
„Platz 1: CLARENCE CLARITY – No Now PIAS Coop / Bella Union
Das hat die Welt noch nicht gehört: Clarence Clarity dreht sämtliche Erscheinungsformen der Gattung 90er-Boygroup durch den Wolf, vermengt sie mit abstrusem Future-Noise und presst das Ganze dann zu fluoreszierenden Würfeln. Weil Regeln ihn einen Scheiß interessieren. Extravaganz par excellence – oder nennen wir es schlicht: den hellen Wahnsinn.
„Platz 2: CHELSEA WOLFE – Abyss Sargent House
Stimmen aus dem Äther, Distortion-Gespinste und mahlende Drone-Tiefschläge: Würde Chelsea Wolfe nicht unter einer besonders morbiden Form der Schlaflähmung leiden, wäre uns wohl auch diese in Klang gegossene Séance nicht vergönnt gewesen. ‚Abyss‘ lässt Abgründe aufbrechen, die einem den Atem stocken und das Blut in den Adern gefrieren lassen.
„Platz 3: DEAFHEAVEN – New Bermuda ANTI-
Hand aufs Herz: Wer hätte gewagt anzunehmen, ‚Sunbather‘ wäre zu schlagen, ja, auch nur einzuholen gewesen? Deafheaven belehren Fans und Feuilleton eines Besseren und spielen sich auf ‚New Bermuda‘ in einen kreativen Rausch. Resultat: schwarzer Teer, schillernde Federn und eine neue Ära Rockmusik. Metal, Shoegaze, Post-Rock – geht doch bitte kacken.
„Platz 4: BILDERBUCH – Schick Schock Maschin
Was, Bilderbuch? Hatte der die nicht … ja, hatte ich. Na und? ‚Schick Schock‘ mag gegen den guten Geschmack Sturm gewichst haben. Vielleicht wird auf ewig ein Rätsel bleiben, weshalb man dieser Musik zu Hause wiederbegegnen möchte. Der deutschsprachige Pop jedoch hatte diese Band, hatte dieses Album, hatte diesen Mindset dringend nötig. Aber sowas von.
„Platz 5: GHOST BATH – Moonlover Northern Silence
Das, was man über Ghost Bath glaubte zu wissen, beschränkt sich auf eine PR-Lüge. Sollte auch ihr zweites Album ‚Moonlover‘ eine Lüge sein, es wäre die wohl süßeste in der noch jungen Geschichte des Atmo-Black-Metal. Und die unartikulierteste, denn Texte werden hier gar nicht erst verheizt. Die Botschaft kommt trotzdem an: Hier röhrt der Platzhirsch von morgen.
Lana Del Rey „Honeymoon“ für sinnlichste und schmutzigste Melancholie,
Björk „Vulnicura“ als substantiellstes und nervigstes Trennungsalbum aller Zeiten,
Dagobert „Afrika“ für die blauäugigsten Liebeslieder,
Anna von Hausswolff „The Miraculous“ für den gelungensten Spagat,
Julia Holter „Have You In My Wilderness“ wegen seiner atmosphärischen Unerschöpflichkeit,
Liturgy „The Ark Work“ für die Auflösung des Black Metal (in Säure),
Steven Wilson „Hand.Cannot.Erase.“ für seine Verdienste um das Handwerk Musik als solches,
Fraktus „Welcome To The Internet“ wegen weil Fraktus halt,
Beirut „No No No“ für die Errettung des Zach C.,
Ibeyi „Ibeyi“ als Folge von Geschwisterliebe,
Ought „Sun Coming Down“ für den Siegeszug des Bauchgefühls,
Andy Shauf „The Bearer Of Bad News“ für die schönste Patina,
And The Golden Choir „Another Half Life“ für den bedingungslosen Bandzusammenhalt,
Envy „Atheist’s Cornea“ als Erfüllung eines stilistischen Schicksals,
El Vy „Return To The Moon“ als Pop-Up-Projekt des Jahres
und
Unheilig „Unter Dampf – Ohne Strom“, weil es jetzt endlich vorbei ist. Mit Unheilig.
Mit diesem blöden Rückblick aber auch. Danke für die Aufmerksamkeit.