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The Delta Saints – Voodoo Rock’n’Roll im Künstlerdorf


So sind auch The Delta Saints an diesem lauen Samstagabend Mitte September Wiederholungstäter. Die amerikanische Bluesrock-Formation aus Nashville ist bereits zum siebten Mal auf Europatour und zum dritten Mal in der Music Hall. So manch einer im Publikum hat daher das Quintett schon live erleben dürfen, davon zeugen auch diverse Bandshirts der Anwesenden. Überwiegend pilgert heute wieder einmal die Ü-40 Kategorie in den gemütlichen Club, der pünktlich zum avisierten Konzertbeginn um 21 Uhr gut gefüllt ist. Stehtische sind überall im Raum verteilt, ein paar Barhocker, dazu offene Kerzen, die für eine stimmungsvolle Atmosphäre sorgen.

The_Delta_Saints_1.jpg „Direkt vor der Bühne ist trotz der Tische noch genug Platz für Tanzwütige, die sich heute aber doch zurückhalten. Nach Auskunft der Music Hall sind viele Besucher heute offenbar spontan gekommen, denn die Zahl der an der Abendkasse verkauften Tickets übersteigt die der Vorverkaufskarten bei weitem. Und so stehen und sitzen über 200 Besucher vor der Bühne, auf der es kurz darauf ohne viel Schnickschnack einfach losgeht. Keine Vorband, kein Intro, keine Effekte: Die fünf jungen Männer kommen einfach hinter dem Vorhang hervor, stöpseln ihre Instrumente ein und legen mit ‚Sometimes I Worry‘ los, dem Opener ihres aktuellen Albums „Bones“.

Wer die Bluesrocker aus Nashville letztes Jahr schon live gesehen hat, ist vielleicht überrascht: Hinter den Drums sitzt jetzt Neuzugang Vincent „Footz“ Williams, der erst seit drei Monaten mit dabei ist und Ben Azzi ersetzt, dem das Touren und der damit verbunden Stress zuviel geworden waren. David Supica am Bass hat heute auf Schuhwerk verzichtet und steht barfuss auf der Bühne, als er das solide Tieftonfundament für den „psychedelic voodoo rock’n’roll“ legt, wie The Delta Saints ihre Musik selbst bezeichnen. Diese Bezeichnung trifft es auf den Punkt, denn neben groovigem Blues, treibendem Rock und hin und wieder sogar fröhlichem Disco-Swing durchziehen auch Elemente des Psychedelic Rock die kraftvoll dargebotenen Songs der Amerikaner.

The_Delta_Saints_10.jpg „Schon bei den ersten Riffs wird klar: Die Band spielt tight und zündet sofort ihre Bluesrakete. Vor wenigen Stunden standen die Musiker noch in den Niederlanden auf einem Festival auf der Bühne. Aber von Müdigkeit keine Spur, The Delta Saints gehen gleich in die Vollen und spielen die ersten drei Tracks des neuen Albums, bevor Frontmann Ben Ringel das Publikum begrüßt. „Worpswede ist immer ein ganz besonderer Ort für uns,“ erklärt er seinen Fans – und bei der sympathischen Art nimmt man ihm diese Aussage gerne ab. Nachdem mit ‚Heavy Hammer‘ bluesige Hardrockgefilde gestreift wurden, geht es zurück in die Vergangenheit mit dem Titelsong des ersten Longplayers: ‚Death Letter Jubilee‘ überzeugt live durch Tempo und Groove. Ben Ringel springt wie besessen über die Bühne und klampft sich auf der Resonator-Gitarre beinahe die Finger wund. Das Publikum spürt die Power und gebündelte Energie auf der Bühne und lässt sich anstecken. Zwar bleiben die meisten immer noch ganz artig an ihren Tischen stehen und sitzen, aber es wird zumindest lautstark mitgeklatscht und teilweise auch -gesungen.

The_Delta_Saints_7.jpg „Swamp- und Delta-Blues wechseln sich ab mit kräftigem Rock und Southern Rock- und Gospel-Einflüssen. Bassmann David Supica und dem großartigen Gitarristen Dylan Fitch wird viel Zeit für Soli eingeräumt, mit denen die auf dem aktuellen Album eher kurz daherkommenden Songs zu kleinen Epen ausgedehnt werden. Aber genauso geht Live-Musik. The Delta Saints zelebrieren den Bluesrock, und die leider etwas reservierte Menge dankt es ihnen zumindest mit kräftigem und anhaltendem Applaus. Ruhige beinahe intime Momente mit der Akustikgitarre (in diesem Fall auch mal von Keyboarder Nate Kremer gespielt) passen zum gedämpften Kerzenlicht im Zuschauerraum, wo gerade in diesen ruhigeren Momenten Ben Ringels modulationsfähige Stimme mehr als nur überzeugen kann. Zwischendurch wird Fleetwood Mac mit ‚The Chain‘ gecovert, Kremer verleiht dem Song mit seinem bluesigen Spiel auf der B3 Hammond Orgel eine ganz besondere Note.

The_Delta_Saints_6.jpg „Mit einer kleinen Geschichte kündigte Ben Ringel den Titel ‚Berlin‘ vom aktuellen Album an. Er berichtet, wie die Band in Berlin auf Tour gewesen ist und einen freien Tag hatte, an dem man im Studio gejammt hat und schließlich dieser Song entstanden ist. Wer weiß, vielleicht schreiben The Delta Saints demnächst ja einen Song über Worpswede, wo es ihnen hier doch so gut gefällt. Den Worpswedern und Musikfans aus dem Umland jedenfalls gefällt dieser Abend auch sehr gut, wie man an den glücklichen Gesichtern nach Konzertende sehen kann. Zuvor wird aber mit ‚NOLA‘ noch einmal fast zehn Minuten lang funkig gegroovt. Am Ende des regulären Sets brilliert „Footz“ Williams mit einem packenden und nicht zu langem Schlagzeug-Solo. Nach kurzer Pause gibt es mit ‚3000 Miles‘ und ‚Cigarette‘ zwei Zugaben, bevor rund 90 Minuten „psychedelic voodoo rock’n’roll“ viel zu schnell vorüber gegangen sind.

The_Delta_Saints_3.jpgThe Delta Saints versprechen, auch auf der nächsten Tour wieder in Worpswede vorbei zu schauen. Die Fans in der Music Hall wird das freuen. Und sie werden wiederkommen. Alle. Denn nach diesem Abend hat wohl jeder den Bluesrock in seinen „Bones“.

Setlist The Delta Saints / Worpswede 19.09.2015:
Sometimes I Worry
Bones
Heavy Hammer
Death Letter Jubilee
Pray On
Soft Spoken
Chicago
The Devil’s Creek
My Love
The Chain (Fleetwood Mac Cover)
Berlin
Dust
NOLA
A Bird Called Angola
__________
3000 Miles
Cigarette

Fotos: Michael Buch

Die komplette Fotostrecke zum Konzert findet Ihr auf unserer Facebookseite

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