DAILY THOMPSON – Volle Fahrt voraus zurück in die 90er
Die Veröffentlichung des neuen Longplayers „God Of Spinoza“ steht in den Startlöchern. Musikalisch bewegt sich das Trio darauf ein wenig weg vom psychedelischen Rock des Vorgängers und wandert in die Gefilde des 90er Alternative Rocks mit starken Anleihen beim Grunge. Wer Bands wie die Smashing Pumpkins oder Sonic Youth mag, fühlt sich hier sofort gut aufgehoben. Wir haben Daily Thompsons Danny Zaremba (Gitarre und Gesang) und Mercedes Lalakakis (Bass und Gesang) zum Interview gebeten und wollten mehr über das neue Album, seine Entstehung und die Aussichten auf das kommende Jahr wissen.
Whiskey-Soda: Danke, dass Ihr euch ein wenig Zeit für Whiskey-Soda nehmt, eines der ältesten deutschsprachigen Online-Musikmagazine. Ihr seid in der Stoner- und Psychedelic-Szene schon lange keine Unbekannten mehr, und mit dem neuen Album werdet Ihr garantiert noch viele neue Fans dazugewinnen, aber vermutlich gibt es unter unseren Lesern noch einige, die euch bisher nicht kennen. Darum stellt euch doch bitte mal in eigenen Worten kurz vor und erklärt, wie Daily Thompson entstanden sind.
Mercedes: Hey, ja schön, dass wir wieder für euch Fragen beantworten dürfen. Daily Thompson entstand damals, als ich Danny kennengelernt habe und er mich irgendwann fragte, ob wir beide nicht mal zusammen Sound machen wollen. Wir beide hatten einfach Bock, die Musik zu machen, die uns Spaß macht, das war damals dann eben nicht mehr Punkrock und anderes schnelles Zeug, sondern eher The Black Keys, Soul und Desert Rock. Das war vorher in den Bands irgendwie nicht gegeben. So kam eins zum anderen, Danny kam mit einer Idee um die Ecke und der erste Song war fertig, „Be Gone“ glaube ich.
Zunächst mal herzlichen Glückwunsch zum neuen Album! Wir sind ganz begeistert, richtig großartig geworden. Seid ihr auch zufrieden mit dem Ergebnis?
Danny: Ja danke dafür, wir sind natürlich auch sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Obwohl bei der neuen Platte einige neue Töne zu hören sind und wir jetzt erstmal gespannt sind, wie es im allgemeinen ankommt. Wir sind diesmal wieder etwas mehr zu unseren Wurzeln zurückgekehrt zu unserem Lieblingsjahrzehnt, den 90ern. Das war keine Absicht, das wir sagten, „komm lass uns was 90er mäßiges machen der alten Zeiten wegen.“
Das hat sich so ergeben und ich denke, das hört man auch an allen Ecken, obwohl wir dem Daily Thompson Sound treu geblieben sind. Wir haben halt die Lockdown-Zeit genutzt und neue Songs geschrieben und aufgenommen, weil wir nicht einfach untätig rumsitzen können. Viele Bands haben in der Zeit absolut nichts gemacht, das kam für uns nicht in Frage.
Mercedes: Genau, es war weder geplant, noch musste es unbedingt dieses Jahrzehnt sein. Es hat sich einfach so ergeben, wir haben ja auch im Anfang des Lockdowns zu zweit „unplugged“ Corona Sessions bei uns im Wohnzimmer aufgenommen und bei YouTube hochgeladen. Dann kam es dazu, dass wir beide im Proberaum saßen und z.B. ‚Cantaloupe Melon‘ ausgetüftelt haben. Mit der Nimbus Idee im Gegensatz kam Danny dann um die Ecke, eigentlich ist alles wie immer gewesen, auch beim Songwriting. Wir haben ja bei keinem Album von uns gesagt: so jetzt machen wir ein Space Rock Album oder eben ein 90iger Rock Album. Ich glaube, da nehmen wir einfach den Flow und bringen unsere Ideen ein, ohne den DT typischen Sound zu vernachlässigen. Soundmäßig haben und werden wir uns immer alles offen halten. Der Spaß muss immer an erster Stelle stehen und kein Genre.
God Of Spinoza ist ein ungewöhnlicher Titel für einen Song bzw. ein ganzes Album. Wie kam es dazu, einen Song über die philosophischen Konzepte von Baruch de Spinoza zu schreiben, oder was ist die Geschichte hinter dem Track?
Danny: Ach, das ist so ein Ding von mir, ich schaue halt sehr oft Dokus usw. an und bleib dabei manchmal bei einer guten Story hängen und mache im besten Fall Songs drüber. Bei God Of Spionza war der Anstoß eigentlich Albert Einstein, der auf die Frage, an welchen Gott er glaube, antwortete „I only believe in the god of spinoza“. Das hat für mich gereicht, um mal zu recherchieren. Im Allgemeinen geht es darum: Gott ist Natur, also quasi Evolution. Das kam natürlich bei der Kirche im 16-17 Jahrhundert so semi gut an. Ich persönlich finde das nicht nur interessant, sondern auch einfach nur logisch. Aber das soll doch jeder für sich entscheiden, nur zwinge doch bitte deinen Glauben nicht jedem auf, der was anderes glaubt. Mehr möchte ich da gar nicht drauf eingehen. Nicht, dass es noch einen Shitstorm gibt. Am besten einfach mal selbst nachlesen.
Dennoch klingt es natürlich immer noch wie Daily Thompson. Wie läuft denn das Songwriting generell bei euch so ab? Gibt es ein Mastrmind, oder jammt ihr im Proberaum drauf los und schaut, was dabei herumkommt? Wie ist die neue Scheibe entstanden?
Danny: Die neue Platte ist wie jeder andere auch entstanden. Im Normalfall schreibe ich die Riffs zuhause, wo ich meine Ruhe habe. Danach spielen wir die Ideen mal im Proberaum an und machen im besten Fall einen Song draus, manchmal auch nicht. Es wird auch mal gejammt, gerne auch mit weiteren Musikern aus unserem Proberaum-Trakt. Wir nehmen es dann auf und hören gelegentlich mal rein. So entstehen auch mal der ein oder andere Song. Die Lyrics schreibe ich, es sei denn, Mephi sing auch mit, dann schreibt sie die selbst.
„God Of Spinoza“ erscheint nur etwas über ein Jahr nach dem letzten Werk, klingt aber überhaupt nicht nach einem Schnellschuss, sondern vielmehr nach intensivem Songwriting und einer ganz starken Weiterentwicklung der Band. War das bedingt durch fehlende Auftrittsmöglichkeiten in der Corona Pandemie?
Mercedes: Wir haben die Zeit genau dafür genutzt, mehr ging ja leider nicht.
Danny: Also wer sich unsere Discographie anschaut, der sieht das wir in regelmäßigen Abständen unsere Alben raushauen. Ist glaub ich auch noch so ein Ding wie es mal in den 90ern war. Unser Rhythmus ist eigentlich so, dass wir das ganze Jahr auf Tour sind und uns ab Mitte/Ende November bis März im Proberaum einschließen und neue Songs machen, weil es uns auch zu kalt ist, im Winter durch die Gegend zu touren ;-).
In diesem Jahr gehen wir aber im Dezember mit Kamchatka auf Tour. Brrr, aber die Tour wurde schon Corona-mäßig 3 mal verschoben, und wir wollten das unbedingt machen. Danach schauen wir, was wir zusammen haben und nehmen im Frühjahr ein neues Album auf. Aber ganz ehrlich, wir haben einfach Bock drauf, neue Songs und Platten zu machen. Das ist es doch, worum es geht oder?
Wie habt ihr das letzte Jahr erlebt? Es gab ja kaum Live-Gigs, oder? War das Songschreiben so etwas wie Selbst-Therapie in der Pandemie?
Mercedes: Als wir „Oumuamua“ am 21.08.2020 veröffentlicht haben, konnten wir 7! Shows noch im Sommer draußen spielen, das war‘s… Allerdings war den Kopf in den Sand zu stecken keine Option für uns, also gab es da nur die eine Möglichkeit: an neuen Songs zu arbeiten. Wir können ja auch nicht viel anderes! Somit haben wir einfach noch mehr Zeit im Proberaum verbracht, das Proben ging ja zum Glück auch, da wir 2 Haushalte waren. Das Arbeiten an neuen Songs hat auf jeden Fall die Laune oben gehalten. Da wir auch durch die Band viele Freunde auf der Welt verteilt haben, die man eben nicht mehr so schnell besuchen konnte, war das die einzige Art mit der Gesamtsituation gut umzugehen.
Das Musikvideo zu „Cantaloupe Melon“ ist überraschend anders geworden und bietet Animationen und aufwändige Modelle, die fast an einen Tim Burton Film erinnern. Wie ist das Video entstanden und wer hatte die Idee dazu, den Song so umzusetzen?
Mercedes: Wir hatten zu diesem Video eigentlich gar keine Idee, dann haben wir uns mit der Dortmunder Künstlerin Gudrun Kattke und Daniel Hacker, unserem Filmer, zusammen gesetzt und gebrainstormt. Er sagte dann was von einer bestimmten Linse und zeigte uns Miniatursets, die dadurch aber riesig groß aussahen. Da fiel mir sofort Kattkes Kunstwerk „Table Town“ ein. Als wir für unser zweites Albumcover in ihrem Atelier waren, fiel es mir schon auf, und ich wollte unbedingt mal was damit machen. Das war die Gelegenheit. Dann ging es halt weiter, in die verschiedenen Häuser reinzoomen, Boxen, die die Zimmer darstellen und so weiter. Mit dem Ergebnis sind wir mehr als zufrieden, aber es war auch harte Arbeit, die sich definitiv gelohnt hat, aber ohne die Hilfe von unserer Crew wäre das nie was geworden!
Wie kommt man als Band dazu, sich nach einem britischen Zehnkämpfer zu benennen?
Mercedes: Danny schlug Daily Thompson vor. Als sich seine vorherige Band gegründet hatte, gab es die Wahl zwischen DT und Guitarshop Asshole, also war Daily Thompson noch zu haben. Ich dachte an Hunter S. Thompson und war begeistert bis ich erfuhr, dass es auch ein Zehnkämpfer ist, nur eben anderes geschrieben. Egal (anderer Jahrgang eben 😉 ) jeder war happy mit dem Namen und so war Daily Thompson auf einmal kein „flüchtiges“ Projekt mehr sondern eine Band.
Diesen Winter kommt ihr als Support für Kamchatka auf Tour, und im nächsten Frühjahr geht es dann richtig los. Wie sieht es aus mit dem Touren in Corona-Zeiten? Worauf dürfen sich die Fans bei den Gigs freuen?
Mercedes: In erster Linie freuen wir uns, dass man nicht mehr vor sitzendem Publikum spielt, daher müsste die Frage lauten: worauf freuen wir uns? Ein paar Shows gab es schon, bei denen alle endlich wieder tanzen, schwítzen und crowdsurfen konnten. Das war Balsam für unsere Seelen. Man darf sich auf jeden Fall auf neue Songs freuen, außerdem haben wir hier und da eventuell mal eine eigene Version eines bekannten Songs dabei?! You never know… Es sollen lieber alle rumkommen, mit uns feiern und danach für sich selbst entscheiden, was am besten war!
Anmerkung der Redaktion: Leider hat sich nach dem Interview ganz aktuell heute ergeben, dass die Tour mit Kamchatka aktuell nicht stattfinden wird. Die Gigs wurden auf das nächste Jahr verschoben – dann allerdings leider ohne Daily Thompson. Allerdings werden Daily Thompson dafür im Frühjahr mit „God Of Spinoza“ ihre eigene Headliner-Tour durchführen.
Zum Abschluss: Was wolltet ihr schon immer mal in einem Interview sagen, seid es aber noch nie gefragt worden?
Ja, wir sind definitiv bereit, mit den Pixies auf Welttournee zu gehen!
Besten Dank für das Interview, wir sehen uns hoffentlich spätestens im nächsten Jahr live!
Gerne und ja bitte :)))
„God Of Spinoza“ erscheint am 03.12.2021 über das kultige Independet-Label Noisolution. Unsere Rezension findet ihr hier.
Original Pressefoto: Jonas Wenz