Live Power
Im Spätsommer 2016 legte der norddeutsche Gitarrist Marcus Deml mit seiner neu gegründeten Formation The Blue Poets ein hervorragendes selbstbetiteltes Debütalbum vor, das quasi live im Studio aufgenommen wurde. Elf kompromisslose Tracks ohne nachträgliche Basteleien, ohne Oberdubs, einfach direkt eingespielt und mit Gänsehaut-Garantie für die Ewigkeit festgehalten. Aber auch live auf der Bühne haben The Blue Poets immer eine tolle Figur gemacht und auch für 2018 weitere Gigs angekündigt. Was liegt als näher, als jetzt ein Live-Album auf den Markt zu werfen?
Nach nur einer regulären Veröffentlichung jetzt schon eine Live-Scheibe als Nachfolger zu einem bereits ohne viel nachträgliche Bearbeitung aufgenommenen Album, da stellt sich natürlich die Frage nach den hörbaren Unterschieden zum Debüt und dem Sinn dieser Veröffentlichung. Nun, machen wir es ganz kurz: Es hat sich voll und ganz gelohnt. Natürlich klingen die Songs live noch einmal eine Spur roher, direkter und speziell beim Gesang noch rauer. Vielfach werden die Songs natürlich auch ausgedehnt und mit Gänsehaut-Soli verziert, wie es sich für eine ordentliche Live-Performance eben gehört. Die anklagende Nummer ‚For A God‘ gewinnt in ihrer packenden Version auf diesem Album noch einmal erheblich gegenüber der schon tollen Studioversion. Sehr schön auch das Gary Moore Tribut mit ‚Song For Gary‘ und ‚Oh Pretty Woman‘. Einzig und allein das Publikum, dessen Applaus durchaus zwischen den Songs zu hören ist, hätte man sich vielleicht noch ein Spur lauter und direkter in der Abmischung gewünscht, denn auch das gehört zu einem guten Live-Album dazu. Auch fehlen ein paar Ansagen der Musiker, diese hätten noch mehr zur Atmosphäre der Aufnahmen beigetragen, die übrigens auf insgesamt drei Gigs entstanden sind.
Eine Liveaufnahme soll insbesondere die Stimmung beim Konzert transportieren, und dass schafft „Live Power“ dennoch sehr gut. Jede Sekunde ist authentisch, voller musikalischer Hingabe, und man hört förmlich das Herzblut rauschen, das die vier Musiker bei der Performance in ihre Songs fließen lassen. Dreiviertel der 12 Tracks stammen vom erstklassigen Debütalbum, und es ist faszinierend, auf die feinen und teils auch enormen Unterschiede zur cleanen Studioversion zu achten.
Der Titel „Live Power“ ist vielleicht nicht sonderlich kreativ für ein Album, aber im Grunde beschreibt er doch perfekt, wobei es sich hier handelt, und damit passt er dann ja doch wieder genau. Ein Live-Album voller Power, voller echter Gefühle und vor allen Dingen voll mit treibendem, kraftvollen Bluesrock, der sich in keine Sparte pressen lässt.