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We Were Here

Steinzeitliche Höhlenmalerei ziert das Cover von „We Were Here“, dem neuen kreativen Projekt des amerikanischen Musikers Malcolm Smith. Der Künstler hat erklärt, dass er die Musik von heute als unsere „künstlerische Signatur an die Zukunft“ betrachtet, so wie die Höhlenbilder eine Botschaft unserer Vorfahren an uns übermitteln: „Wir waren hier“. Nun denn, sollte jemand in ferner Zukunt also dieses Album irgendwo ausgraben und wider Erwarten auch noch abspielen können, so wird er vielschichtigen überwiegend instrumentalen Progrock hören, getrieben von Gitarren und Keyboards. Und er wird vielleicht staunen über die enorme musikalische Bandbreite, wird sich hin und wieder über abrupte Breaks und Stilwechsel wundern, wird verwirrt sein, sich aber insgesamt doch ganz glücklich zurücklehnen und diesen urzeitlichen Klängen lauschen.

Das Album beginnt rockig mit der treibenden Instrumentalnummer ‚Peyronie’s Angle‘, die von sich duellierenden Gitarren und Keyboards (an den Tasten: Marc Spooner) dominiert wird. Schon kurz darauf folgt ein erster Stilwechsel: Experimentelle, beinahe avantgardistische Sphärenklänge, eingebettet in komplexe Schlagzeugrhythmen. Da fühlt man sich in die 70er Jahre zu Bands wie Cream oder Yes zurück versetzt. Weitere Stil- und Tempowechsel folgen, und hin und wieder verlieren sich Malcom Smith und seine Musiker ein wenig zu sehr im technischen Gefrickel. Gesangsparts gibt es auf „We Were Here“ nur bei zwei Titeln, ansonsten ist das Album eine instrumentale abwechslungsreiche Odyssee durch verschiedene Stile des Progressive Rocks. Teils driften die Riffs fast ab zum Metal, dann wieder werden 80er-Jahre-Keyboardphantasien breit ausgewalzt, um zu psychedelisch anmutenden Sequenzen zu wechseln, die streckenweise etwas sehr Experimentells besitzen. Eine durchaus spannende Mischung, die aber teilweise leider etwas den roten Faden verliert und unausgegoren wirkt.

‚Still…Life‘ enthält tatsächlich Gesangsparts (eine interessante Stimme: John Mabry), die Rückkehr der Sphärenklänge im Hintergrund und weckt Erinnerungen an den Neo-Prog der 80er. Natürlich gibt es mit ‚Sykiatry‘ auch einen epischen Longtrack auf dem Album, der insgesamt recht Piano-lastig ausfällt. Hin und wieder flitzen die Finger über die Tasten des Synthies, und ein paar Gitarren wissen nicht so recht, wo sie hin sollen. Zwischendurch bekommt auch ein Glockenspiel seinen überraschenden Auftritt. „We Were Here“ wirkt damit teilweise wie ein etwas unsortierter Gemischtwarenladen, in den man nach einigem Suchen zwar alles findet, was das Herz und die Ohren des Proggers erfreut, er aber doch mal eine Neuorganisation vertragen könnte. Unser zukünftiger Archäologe vom Anfang wird vermutlich vergeblich nach einer Landkarte zu diesen Höhlenmalereien suchen. Er wird aber dennoch seinen Spaß haben. Vielleicht ist es ja auch gerade diese Herausforderung, die ihn lockt, nach vergessenen Zeichen unserer Kultur zu graben. Ja, wir waren hier.

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