Southern- und Bluesrock, Country, Americana und ein mal mehr in die eine oder andere Richtung verschobener Mix aus all diesen Stilen und Sub-Genres: Diese Musik ist ja in letzter Zeit wieder mächtig im Kommen. Die Roots-Rocker von The Statesboro Revue aus Texas sind nicht nur in ihrer Heimat bekannt, sondern haben inzwischen auch zwei überaus erfolgreiche Europatourneen hinter sich gebracht. Über Crowdfunding wurde zuletzt das dritte Album finanziert, das bei uns sogar lange vor dem Veröffentlichungstermin in den USA erschienen ist. Kurz vor dem Abschluss ihrer aktuellen Tour nutzten wir die Gelegenheit, uns vor dem Konzert zu einem kurzen Plausch mit dem Leadsänger, Gitarristen und Bandgründer Stewart Mann zu treffen.

Stewart Mann ist relaxt, auch wenn der Soundcheck mal wieder viel länger als geplant gedauert hat und eigentlich gar nicht mehr viel Zeit für ein Interview ist. Zudem ist er aufgrund des kühlen Wetters – so etwas nennt sich nun Frühsommer! – gesundheitlich angeschlagen und stärkt sich vor dem Auftritt mit einem heißen Tee. Aber all das tut seiner guten Laune und der folgenden musikalischen Performance keinen Abbruch. Der Musiker ist Profi durch und durch.
Zunächst einmal gratulieren wir Stewart Mann aber zur Veröffentlichung des aktuellen Albums „Jukehouse Revival“, das, wie der Musiker uns berichtet, in den USA erst im August auf den Markt kommen wird. „Allen, die hier unsere neue Platte kaufen, erzählen wir, dass sie Glück haben im Gegensatz zu den Fans bei uns zu Hause. Die müssen noch über einen Monat auf die Veröffentlichung warten. Das war nicht unsere Entscheidung, aber manchmal ist das so mit dem ganzen Marketing und den Entscheidungen der Plattenlabel.“ Verrückte Welt.
Aber auch wenn The Statesboro Revue auf den tatsächlichen Veröffentlichungstermin ihres neuen Albums wenig Einfluss hatten, so hat die Band doch die Produktion und sämtliche künstlerischen Aspekte umso mehr direkt steuern können, wurde „Jukehouse Revival“ doch über eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne finanziert. Stewart Mann berichtet dazu: „Ja, wir hatten schon unser zweites Album ‚Ramble On Privilege Creek‘ über Kickstarter finanziert, und die neue Platte wurde über eine Plattform namens Pledgemusic durch Crowdfunding finanziert. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht. Wenn man ein Album auf diese Weise finanziert, hat man selbst die volle kreative Kontrolle. Das war für uns sehr wichtig. Wir möchten uns bei allen bedanken, die etwas gespendet haben, das bedeutet uns sehr viel.“ Das eigene Ding durchziehen, das ist der Band mit „Jukehouse Revival“ gelungen. „Die Platte ist etwas mehr Gospel und Folk als Rock’n’Roll“, erklärt der Musiker.
Das grundlegende Songwriting der Band übernimmt meistens Stewart Mann selbst, einige Ideen steuert auch sein jüngerer Bruder Garrett bei, der inzwischen an der elektrischen Gitarre steht. „Viele Ideen habe ich schon im Kopf, aber ein richtiger Song wird immer erst draus, wenn wir alle zusammen kommen und gemeinsam jammen und die Ideen entwickeln.“ Jeder in der Band hat noch ein paar kleine Nebenprojekte am Start, aber das Hauptaugenmerk aller gilt The Statesboro Revue. „Wir haben ja auch jede Menge zu tun“, erklärt uns der Amerikaner, der sich auch überwiegend um das Schreiben der Songtexte kümmert. „Manchmal schreibe ich über eigene Erlebnisse oder über Kindheitserinnerungen“, verrät er uns. „Und manchmal erfinde ich natürlich auch Geschichten. Ich habe keine Ahnung, wo die herkommen. Genau wie die Musik…für mich sind das Geschenke. Die Ideen sind plötzlich da, als kämen sie aus dem Nichts.“
Wir wollten wissen, woher der Bandname stammt. „Nun, wie gesagt, ich bin ein großer Fan der Allman Brothers. Sie haben eine wunderbare Coverversion von ‚The Statesboro Blues‘ gemacht, und unser Bandname ist ein Hommage an The Allman Brothers Band.“ Der Song ‚The Statesboro Blues‘ wurde ursprünglich von dem Bluesmusiker Blind Willie McTell geschrieben und bezieht sich auf dessen Heimatstadt Statesboro im US-Bundesstaat Georgia.
Die zweite Europatour der Band steht kurz vor ihrem Abschluss, als wir dieses Interview führen. Wie sieht die Band ihr europäisches Publikum, und macht es für amerikanische Roots-Musiker einen spürbaren Unterschied, was die Reaktionen und das Verhalten der Fans betrifft? Wir amerikanische Folkmusic hier anders aufgenommen als im der Heimat? „Ich denke schon, dass es einen Unterschied gibt“, erklärt Mann. „Es ist hier auch von Land zu Land unterschiedlich. Den Leuten in Deutschland gefallen zum Beispiel andere unserer Songs besser als denen in Spanien oder Dänemark. Und wenn wir dann in Texas spielen, gefallen den Leuten dort wieder andere unserer Songs am besten. Das schöne für uns ist ja, dass dadurch viele unserer Lieder den verschiedenen Leuten gefallen, und nicht immer nur ein oder zwei gleiche Stücke! Wenn man als Jugendlicher in den USA damit anfängt, Musik zu machen, träumt man immer davon, irgendwann einmal ein Europa auf Tour zu gehen. Es ist auch beim zweiten Mal noch etwas ganz Besonderes für uns alle.“
Neben The Statesboro Revue hat Stewart Mann vor kurzem auch auf der Theater- bzw. Musicalbühne gestanden. In San Antonio / Texas spielte er die Titelrolle im Musical „Buddy: The Buddy Holly Story“. Mann berichtet, dass er über einen Agenten die Gelegenheit bekam, an einem Casting zu der Show teilzunehmen. Der Musiker ist selbst ein großer Fan von Buddy Holly und hat auch schon Songs seines Idols gecovert: „Er ist ja auch Texaner gewesen, und er war ein Pionier des Rock’n’Roll!“ So war es für ihn nahe liegend, einmal den Konzert- gegen den Theatersaal zu tauschen und Buddy Holly auf der Bühne zu spielen und zu singen. „Es ist natürlich eine völlig andere Sache auf einer Theaterbühne zu stehen“, erklärt Mann. „Wenn ich mit der Band spiele, bin ich einfach nur ich selbst. Wenn ich aber Theater spiele, dann schauspielere ich. Wenn ich mit The Statesboro Revue in eineinhalb Monaten 36 Shows spiele, passiert es leicht, dass ich auf ‚Autopilot‘ schalte. Aber wenn ich Theater spiele, geht das nicht. Es erfordert höchste Konzentration. Wenn ich hier einen Fehler mache, dann mache ich diesen Fehler als Stewart Mann. Aber als Buddy Holly darf ich keinen Fehler machen. Ich spiele da mit dem Vermächtnis dieses großen Musikers. Es war eine sehr große Herausforderung für mich, aber es hat auch sehr viel Spaß gemacht!“ Der Musiker kann sich durchaus vorstellen, die Rolle noch einmal zu spielen, vielleicht sogar in Europa. „Ich weiß, dass Buddy Holly hier in Deutschland sehr beliebt war. Ich würde ihn gerne in Deutschland noch einmal auf der Bühne zum Leben erwecken. Ich könnte mich auf vorstellen, zum Beispiel Hank Williams Senior zu spielen.“
Wir bedanken uns bei Stewart Mann für das nette Gespräch und wünschen Ihm und seiner Band alles Gute für den Rest der Tour und die Zukunft. Unseren Konzertbericht zum folgenden Auftritt der Roots-Rocker könnt Ihr hier nachlesen.
Interview und Übersetzung: Michael Buch