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Thobbe Englund – Von Sabaton zur Solokarriere

WS: Fangen wir mit dem „elephant in the room“ an, wie der Brite sagt: Ich bin mir sicher, daß nicht nur ich von Deiner Trennung von Sabaton überrascht war. Warum verlässt jemand eine der derzeit erfolgreichsten Metal-Bands Europas? Und ist der Albumtitel „Sold My Soul“ auf Deine ehemaligen Bandkollegen gemünzt?

Ich denke, eine Menge Leute waren überrascht. Man springt nicht einfach so von einer großen Band ab, wenn man nichts zu verbergen hat, oder? Nope. Tatsächlich ist das, was in meiner Presseerklärung stand, der Grund. Ich wollte einen Gang herunterschalten, ganz einfach aufgrund meiner Kreativität. Ich hatte das Gefühl, wir waren nur am Rollen, Rollen, Rollen – und ein Ziel gab es nicht… oder eher, ich hatte dieses „Ziel“ für mich bereits erreicht. Ich bin so froh, wieder dorthin zurück zu gehen, wo der Nervenkitzel und das „Jagdfieber“ vorherrschen. Mutig oder doof – ich glaube, mein Herz ist beides…
Ich denke aber, es ist wichtig, zu betonen, daß die Jungs und ich immer noch gute Freunde sind, da hat sich nichts geändert. Ich vermisse die Jungs gelegentlich schon, und wir telefonieren immer noch viel miteinander.

WS: Die Produktion des Albums ist extrem rau und unpoliert und erinnert damit eher an die NWOBHM oder gar die 1970er. Ist das eine Reaktion auf die sehr sauberen Produktionen von Sabaton?

Hey, dankeschön! Es ist mir eine echte Ehre, mit der NWOBHM verglichen zu werden. Das Album ist tatsächlich eine Reaktion auf die meisten heutigen Metalalben. Ich kam an den Punkt, an dem ich mich fragte, was es war, das mich ursprünglich als Kid am Metal begeistert hatte. Und das hatte sicher nichts zu tun mit einem perfekten Mix,superdigitalen Drumsounds, Autotune-Gesang oder Synthesizern. Es ging um die Rauheit, die Attitude, das Gefühl von etwas Gefährlichem und Unpoliertem. Das Gefühl, daß die Künstler wirklich meinten, über was sie sangen. Also, das ist tatsächlich der Grund.

WS: Ist das Line-Up auf „Sold My Soul“ eine „richtige“ Band, die auch auf Tour gehen wird? Wer sind die anderen Bandmitglieder und wo hast Du sie gefunden?

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Während wir hier sprechen, plane ich gerade eine Europatour mit Bloodbound und Crystal Viper. Wir legen im März los, und die Tour geht bis Mitte April. Wir werden eine Menge Städte im europäischen Festland abdecken. Ich freue mich schon richtig darauf. Es wird so großen Spaß machen, mein eigenes Material zu präsentieren. Und ich habe die beste Band im Rücken.
Johan Grandin (drums) ist schon seit langer Zeit ein guter Freund von mir. Wir haben schon in diversen kleineren Projekten zusammengespielt. Dann habe ich Elon Andersson an den Keyboards und Roland Westbom am Bass. Unglaublich talentierte Jungs.
Wir sind auf jeden Fall ein echter Live-Act. Das ist unsere wahre Stärke. Tatsächlich klingen die Songs live viel kraftvoller und energischer als auf dem Album. Wir haben Shows für den Sommer gebucht, und im Herbst kommen noch mehr. Wir sind immer hungrig aufs Spielen, wenn also irgendwer von Euch möchte, das wir Euren Laden rocken – meldet Euch bei uns.

WS: Du hast ja zuvor schon den Einfluss von Yngwie Malmsteen erwähnt. Warst Du versucht, noch ein weiteres Gitarren-Shredder-Album im Stile von „From The Wilderness“ einzuspielen oder war diesmal klar, daß es ein songorientiertes Album werden würde, wie wir es mit „Sold My Soul” bekommen haben?

Dieses Mal wollte ich aus dieser gitarrenorientierten Kiste ein wenig ausbrechen, deshalb habe ich ganz bewusst gute Hardrock-Songs geschrieben. Ich bin der Meinung, das ein guter Song immer ein guter Song ist, aber hier war mir wichtig, auch zum rohen, unpolierten Rock-Gesang zurückzugehen. Also habe ich mich entschieden, das ganz bewußt in den Fokus zu stellen.

WS: Du hast diesmal auch den Leadgesang selbst übernommen. Was hat Dich dazu gebracht, war es etwas, das du schon immer mal machen wolltest oder gab es schlicht keinen passenden Sänger für das Material?

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Ich habe schon lange gesungen, aber meine Stimme ist eben nicht so hoch und klar, weshalb ich für meine Winterlong-Alben immer Sänger engagiert hatte. Diesmal ging es, wie erwähnt, aber eben um die Rauheit, weshalb es vollkommen natürlich war, daß ich selbst zum Mikro griff. Aber wenn Du Dir das Album „Before The Storm“, das im Frühjahr wiederveröffentlicht wird, anhörst, da habe ich auch schon ein paar Vocals beigesteuert, die eher entspannt klingen. Was auch noch eine Rolle spielte, ist, daß ich wollte, daß die Vocals sehr ehrlich rüberkommen, das war also auch noch ein Grund. Wenn ich sie schreibe, warum sollte ich sie nicht auch singen?

WS: Planst Du für die nähere Zukunft, den Fokus auf Dein Solomaterial zu legen oder würdest Du nochmal in eine bekannte Band einsteigen, wenn man Dich fragt?

Die Frage höre ich sehr oft… wenn Yngwie mich anrufen würde und mich als Leadgitarristen seiner Band haben wollte, dann vielleicht, hahaha… Nee, ernsthaft. Ich möchte mich hierauf konzentrieren und sehen, wie lange wir es durchziehen können. Es ist einfach so befriedigend, Dein eigenes Material vor einer verückten Meute zu spielen. Ich kann es kaum mehr erwarten, auf Tour zu gehen.

WS: Du hattest das „Before The Storm“-Album erwähnt, das hier zum ersten Mal einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden wird. Was kannst Du uns darüber sagen und über die Unterschiede zu „Sold My Soul“?

Ja. Das Album ist eine Wiederveröffentlichung dessen, was ich als mein „Magnum Opus“ bezeichnen würde. Es zeigt so ziemlich alle Seiten meines Musikerdaseins. Es enthält zwanzig Songs und es ist ein sehr abwechslungsreiches Album, das alles enthält von Soundtrack-artigen Sachen bis zu kurzen, akustischen Stücken. Ich bin wirklich stolz darauf. Es hat sechs, sieben Jahre gebraucht, es zu schreiben und in die Realität umzusetzen.

Soweit also Thobbe Englund. Wir wünschen Thobbe auf jeden Fall viel Spaß und Erfolg bei seiner Solokarriere!


Fotos zur Verfügung gestellt von Flying-Dolphin Entertainment Group

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