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Kingdom Of Worms

Die gemeinsame Geschichte der ostdeutschen Bundesländer und der Rockmusik ist ja durchaus exotisch, um es dezent zu sagen. In den 70ern war es eine Ausnahme, daß ideologiefreie oder gesellschaftskritische („westliche“) Musik hinter den Eisernen Vorhang fand oder dort gar gemacht wurde. Ende der 80er, in den Jahren um die deutsche Wiedervereinigung herum hatte von den USA ausgehend das Death Metal Genre seine erste richtige Blütezeit. Und 2014? Da kommt eine der derzeit spannendsten Death-Metal-Bands überhaupt aus der Kreisstadt Eisenberg in Thüringen! Und nicht nur das. Manuel, Fabian und Simon kokettieren auf durchaus sympathische Weise mit ihrer Herkunft aus den neuen Bundesländern bzw. halten damit nicht hinter dem BErg. Der blaue Trabbi mit Riesen-Band-Logo von Sänger Manuel hat es nicht nur in sehr amüsante Studio-Dokumentation geschafft, sondern auch ins erste offizielle Video vom neuen Album „Kingdom Of Worms“, dem Nachfolger des gefeierten Debüts „My Empire“. Und eins sei schon mal vorausgeschickt: Nach Provinz oder Rost klingt da rein gar nichts. Im Gegenteil, Deserted Fear haben das Talent sowie die Frische und Power, in die oberste Liga des weltweiten Death-Metal-Zirkus aufzusteigen. Es ist alles da. Alles.

„Kingdom Of Worms“ beginnt mit einem sich stimmungsvoll-bedrohlich steigernden Intro aus Bläsern, Streichern und Chor. Und dann? Dann folgt ein 38-minütiges Death-Metal-Inferno, an dem sich in diesem Jahr auch die ganz, ganz großen Namen des Genres messen lassen werden müssen! ‚Forging Delusions‘ hat fette, fette Riffs, spannende Schlagzeug-Fills und schöne, erdige Growls. Genau so geht Death Metal 2014. ‚Kingdom Of Worms‘ geht mit den bewährten Tugenden des klassischen Death genauso weiter. Man kann nicht, man muss seinen Kopf einfach die Windmühle und beide Hände die Pommesgabel machen lassen. Wer das bei einem solchen Song nicht macht und sich gleichzeitig Metalhead schimpft, dem ist schlicht nicht zu helfen. Und so geht es dann weiter. Jeder Song ist gelungen. Jeder Song hat seinen eigenen Touch. Jeder Song bietet eine weitere Facette des talentierten Trios, das es zu entdecken gilt. Die Schredder-Riffs von ‚Call Me Your God‘ sind messerscharfe Klingen, die jeden einzelnen Gehörnerv freilegen. Zu einem einzigen Zweck: Damit Simon Mengs sie mit seinen Drumbeats ins Jenseits schicken kann. ‚Wrath Of Your Wound‘ hat das geilste Becken Fill-In, das ich seit Defeated Sanitys „Passages Into Deformity“ gehört habe. Mit ‚Torn By Hatred‘ nehmen die Jungs an der genau richtigen Stelle etwas Tempo aus dem Album. Das klassisch inspirierte, instrumentale Zwischenspiel lässt den Hörer Luft holen, ohne daß die bis dahin aufgebaute, unheimliche Atmosphäre einbricht. Die zweite Hälfte des Albums variiert das Songwriting und den Sound. Es wird noch einen Gang melodischer als zuvor, der Gitarren sind nicht mehr ganz so tief gestimmt und das Solo von ‚The Agony‘ sitzt perfekt eingebettet in Growls, Riffs und Blastbeats. ‚With Might And Main‘ hat ein hammer-grooviges Riff und ein weiteres Zucker-Solo am Start. ‚Shattering The Soil‘ bremst zunächst vom Midtempo zu einem doomig-schleppenden Beat, um dann das Gaspedal voll durchzutreten. Aber nur bis der Gesang einsetzt. ‚Mortal Reign‘ ist ein gigantisches Todesmetall-Sturmtief und der Schlusspunkt ‚Last Of A Fading Kind‘ hat ein weiteres Riff der Extraklasse und diesen druckvollen Hammer-Sound einer Band, die Oldschool-Death in modernem Gewand in Perfektion zeigt.

Das bei weitem Beeindruckendste bei all den zahlreichen Dingen, die den drei Jungs und Produzent Dan Swanö mit diesem Album gelungen sind ist die simple Tatsache, daß es ein sehr natürliches Album geworden ist. Alles sitzt, der Flow ist grandios und wirkt nie künstlich, sondern wie aus einem einzigen perfekten Guss ohne Kratzer, Nähte oder Anhängsel. Fazit: Das sympathische Trio von Nebenan hat auf ihrem zweiten Album absolut alles richtig gemacht. Wir wünschen dem Trio viel Glück auf dem Weg nach oben. Hoffentlich bringt euch die Tour mit den großen Morbid Angel jede Menge neue Fans! Ihr habt es genauso verdient wie die Bestnote von Whiskey-Soda!

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