Empire Of the Blind
Zu einer Kultband gereicht es dadurch, dass sie sich nicht an irgendwelchen kurzlebigen Trends orientiert oder das macht, was die Plattenfirma von einem will. Heathen haben in ihrer 36jährigen Bandgeschichte vier Alben veröffentlicht, „Empire Of the Blind“ (Nuclear Blast) mit eingerechnet. Mit ihrem Debüt „Breaking the Silence“ haben sie einen echten Klassiker des Bay Area Thrash Metals geschaffen. Wer geht nicht voller Ehrfurcht in die Knie, wenn er ,Death By Hanging“ hört. Das 91er-Album „Victims of Deception“ ist der bemühte Versuch, Songs wie Metallica zu dieser Zeit zu schreiben, wohingegen das 2010er-Album „The Evolution of Chaos“ ein Bilderbuchbeispiel für melodischen Thrash Metal ist, auch wenn der lyrische Pathos manchmal viel zu dick aufgetragen wirkt. Zehn Jahre später hat Lee Altus nach der Auszeit von Exodus Zeit für seine eigene Band gefunden.
Nach einem aufputschenden Intro gehen Heathen sogleich in die Vollen. ,The Blight‘ hört sich dabei wie ein lupenreiner Exodus-Thrasher an, dem zwar die Hektik der Kollegen aberzogen wurde, aber eindeutig Exodus-Trademarks offeriert. Allein die Vocals von David White retten den Song, ein reines Plagiat zu sein. Auch der Drum-Sound klingt künstlich und somit gänzlich unsympathisch. Der nachfolgende Titelsong klingt schon eher nach den Heathen, die einer erwartet. Der Midtempo-Song wird durch den dramatischen Gesang getragen, aber so richtig funkt es immer noch nicht. Die dominanten Gitarren lassen kaum Raum, dass sich der Song komplett entfalten kann. Und immer wieder dringen Gedanken an die Bruder-Band an die Oberfläche durch. Als nächstes scheitert auch der Stampfer ,Dead and Gone‘ an den vorgenannten Problemen. Schade, denn grundsätzlich hat das Stück viel des alten Flairs der Band.
Leider schaffen es Heathen nicht, sich frei zu schwimmen, auch wenn ,Sun In My Hand‘ ein moderner, schwerfälliger Headbanger ist, der durchaus zu gefallen weiß. Mit ,Blood To Be Let‘ steht eine Uptempo-Nummer an, die zugleich der beste Song auf dem Album ist. Inzwischen beginnt das massive Stakkato-Gehacke der Gitarreros Lee Altus und Kragen Lum mehr und mehr zu nerven. Wie ein Versuch, Pantera-Riffs mit zwei Gitarren zu spielen, kommt es einem vor und ist zugleich zum Scheitern verurteilt. Spätestens beim ruhigen ,Shrine Of Apathy‘ steht fest, der vierte Opus scheitert am unausgeglichenen, gewollt rauen Sound, der seinen synthetischen, aufgesetzten Touch nicht in den Griff bekommt.
Trotz guter Kompositionen erleidet „Empire Of the Blind“ hochgradig Schiffbruch aufgrund des unpersönlichen und charakterlosen Klangs der gesamten Produktion. Heathen können über die gesamte Strecke von 48 Minuten ihre Trümpfe nicht zielgerecht ausspielen. David Whites eigenständige und melodiöse Stimme durchdringt den Lärm der Gitarren zu selten, um Akzente zu setzen. Wohingegen das Gitarren-Duo sägt, aber nicht harmoniert. Daher wirkt Album Nummer 4 wie zusammengeschustert, nicht aus einem Guss. Die Pflicht, unbedingt ein Album zu veröffentlichen, siegt deutlich über die Kür, ein weiteres Kultlalbum voller mitreißender Emotionen, Heathen-typischen Melodien und Harmonien und, ganz simpel ausgedrückt, guter, kompakter Songs, zu schaffen.