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Of Light And Shade

Zwei Cousins gründen 1993 in einer Kirche in Norwegen eine Band. Eine Band, die ihrer Zeit weit voraus ist. In den folgenden 11 Jahren kämpfen Extol mit ihrem einflußreichen Progressive Death Metal gegen alle möglichen Widerstände an. Die sind groß, denn die talentierten und ambitionierten Musiker brechen ein Tabu: Sie spielen Death Metal, sind aber bekennende Christen und machen auch in ihrer Musik keinen Hehl daraus – im Gegenteil. Mehr Rebellion geht wohl kaum in einer Szene, die überwiegend mit anti-religiösen Inhalten in Verbindung gebracht wird, wie auch Hank von Helevete (Ex-Turbonegro) in der vorliegenden Dokumentation beinahe ehrfürchtig bekennt. So kämpfen Extol von Beginn an an zwei Fronten: Gegen die beinahe instinktive Ablehnung als christliche Metalband durch einen Großteil der Metalszene, in der einzelne schon einmal ein ganzes Konzert mit ausgestreckten Mittelfingern begleiten. Viel mehr aber noch gegen engstirnige christliche Leiter, die ihre Musik verteufeln und zu Boykott, Gebetsnächten gegen die „abtrünnigen“ Musiker und sogar CD-Verbrennungen (!) aufrufen.

Doch die jungen Künstler halten an ihrem Traum fest, mit ihrer Musik Menschen ein anderes Bild vom christlichen Glauben zu vermitteln. Der Idealismus wird belohnt, die Bekanntheit steigt, Kritiker und bekannte Musiker zeigen Bewunderung, die Fangemeinde wächst. 2004 kommt es dennoch zu einem ersten Bruch: Zwei Gründungsmitglieder verlassen die Band um sich ihren jungen Familien zu widmen. Die verbliebenen Bandmitglieder müssen beinahe bei Null beginnen, schaffen es aber nach eigener Aussage durch ein Wunder (Gottes) im darauffolgenden Jahr, das vierte Album „The Blueprint Dives“ zu veröffentlichen. Das Werk zeichnet sich durch einen signifikanten Stilwechsel aus und kostet die Band Fans der ersten Stunde, wird aber für den norwegischen Grammy nominiert. Es folgen Touren mit Mastodon und Opeth, der mehr als verdiente Durchbruch liegt spürbar in der Luft. Dann der Schock: Sänger und Bandleader Peter Espevoll erkrankt an einem Tinitus und Panikattacken – und steigt als Folge 2007 aus der Band aus. Die Freunde in der Band sind fassungslos, die Fans nehmen ohne größere Erklärungen und daher mit vielen Fragezeichen zur Kenntnis, daß die Band auf Eis liegt.

Fünf Jahre später beginnt die erfolgreiche auf Filmfestivals und im norwegischen Fernsehen aufgeführte Dokumentation mit einem intimen Einblick in den Alltag von Peter Espevoll, der sich von Frau und Kind verabschiedet, um mit seinen Freunden Ole Borud und David Husvik ein neues Extol-Album auzunehmen. Der Film begeitet während 70 Minuten die Band beim ersten Treffen seit langem von Songwriting-Sessions in Boruds Wohnzimmer und ersten Proben über die Produktion des Albums, beim Shooting von Pressefotos und dem Mix in Jens Bogrens bekannten Fascination Studios bis zur Album-Release-Party von Album Nummer fünf, schlicht aber tiefgründig „Extol“ betitelt. Dazwischen kommen musikalische und geistliche Bewunderer und Wegbegleiter genauso zu Wort wie ehemalige und aktuelle Bandmitglieder. Vor allem letzteren merkt man bei ihren ehrlichen und nicht immer einfachen Einblicken in die Geschichte der Band mit ihren Höhen und (vor allen Dingen) Tiefen an, daß Extol über eine „begeisterte Band aus Jugendfreunden“ weit hinausgeht.

Der Film ist nicht etwa deshalb stark, weil er die Geschichte einer Pionierband nachzeichnet, sondern weil er unverfälscht und beeindruckend die Persönlichkeiten hinter der Band porträtiert: Espevoll, Borud und Husvik sind Menschen wie Du und Ich. Metalheads, Väter und Ehemänner, die wie wir alle mit Lebenskrisen zu kämpfen haben, aber ihre eigene Art haben, mit diesen umzugehen. Nicht die Freundschaft, nicht der Humor und auch nicht das gemeinsame Musizieren sind das Fundament von Extol, sondern ihr authentischer Glaube an den christlichen Gott, der besonders in den verletzlichen Momenten der Interviews überdeutlich als tiefe, gelebte Überzeugung erkennbar wird. Auch wenn die Zukunft der Band und vor allem Live-Auftritte aufgrund Espevolls anhaltender Krankheit ungewiss sind – die Jungs von Extol werden ihren Weg gehen. Mit der Hilfe ihres Gottes. Fans innovativer Metalklänge dürfen hoffen oder beten, daß es als Band geschehen wird. Gereifte Persönlichkeiten, die ihre Überzeugungen in diese kaputte Welt tragen, braucht es mehr denn je.

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