GAVIAL – Vor
Gavial legen mit „Vor“ (Exile On Mainstream) ihr viertes Album vor, und doch irgendwie auch ihr Debüt. Moment mal, was soll das heißen?
Der Fan von psychedelischem Art- und Desertrock, bluesigem Rock und dunklen Soundsphären kennt die vor knapp 15 Jahren gegründete Band unter ihrem bisherigen Namen „Tourette Boys“, zuletzt aktiv mit ihrem Album „Zorn“. Alles neu macht der Mai für die Tourette Boys: Neues Label statt Eigenproduktion, gewachsen vom Trio zum Quartett, neuer Bandname. Gavial heißen sie jetzt also, und Vor heißt das neue (erste / vierte) Album. Zeitgenössischer Blues, Ambient, Soul, Gospel, sogar Country, elektrisierend, anders, neu und doch bekannt. Schon auf Zorn hatte sich gezeigt, dass hier exzellente Musiker am Werk sind, und das setzen Gavial jetzt unter dem neuen Namen äußerst gelungen fort.
Das Album beginnt mit der ersten Hälfte des Zweiteilers ‚Circles‘ eher entspannt, fast schon melancholisch. Diese Stimmung setzt sich im nächsten Track ‚Modern Times‘ nicht wirklich fort, wird es dann doch lauter und intensiver mit prägnantem Rhythmus, der zum gediegenen Headbangen einlädt. Swamp Blues schlammt mit einer gewissen Intensität aus den Boxen, und besonders stark sind die langen instrumentalen Passagen, und der zehnminütige Track ‚Passing‘ kommt gleich vollkommen ohne Gesang aus. Die Musik erinnert tatsächlich ein wenig an das Gemälde auf dem Cover: Farbtupfen auf der akustischen Leinwand, frei schwebende Sounds fast aus dem Space-Rock, nachdenkliche Stimmungen, aber auch psychedelische Stoner-Gitarren. Es gibt viel zu entdecken, daher bedarf es auch mehrerer Hördurchgänge, um dieses außergewöhnliche Nicht-Debütalbum wahrlich zu erfassen.
Wer schon die Tourette Boys mochte, wird auch den Nachfolger Gavial mögen. Aber unter dem neuen Bandnamen dürften die vier Jungs jetzt auch viele neue Fans dazugewinnen, denn hier ist eine deutliche Weiterentwicklung zu hören, der Drang zum komplexeren Songwriting setzt sich ungebrochen fort, und das Ergebnis gehört zu den ungewöhnlicheren Alben der ersten Jahreshälfte.
Note: 1-
