Tellurian
Ruhig und ausgeglichen auf der einen Seite, chaotisch und emotional labil auf der Anderen. Polyrhythmik à la Tool trifft auf an System Of A Down erinnernden mehrstimmigen Gesang und beinahe romantische Ausuferungen bezüglich der musikalischen Konzeption verschiedener Lieder des Albums. Unglaublich dynamisch ist das Gesamtbild, hervorgerufen durch aberwitzig expressionistische, polyphone Melodiebögen im Gesang die eine sehr progressive, treibende Symbiose mit den stark variierenden Metren und Rhythmen eingeht und so für ein schwer zu beschreibendes Hörerlebnis sorgt.
Tatsächlich muss ich zugeben, dass diese Ausdrucksweise selbst mir als Autor starkes Stirnrunzeln bereitet. Hochgestochen und gleichzeitig nichtssagend. Andererseits habe ich keine Ahnung, wie ich das neue Soen-Album anders beschreiben soll. Wiederum, auf der nächst-verschiedenen Seite, frage ich mich, wie ich überhaupt eine realistische Chance haben soll, ein gut gelungenes progressives Produkt einer Metal-Supergroup desgleichen Kalibers, von dem Soen sind, treffend zu beschreiben. Es erscheint ein wenig unfair, vor allem deshalb, weil ich kein Musikprofessor bin und die Wenigsten eine musikalische Tiefenanalyse verstünden. Genug gesabbelt.
Soen sind eine Supergroup, sogar eine, die davon zu profitieren scheint, dass viele Köche im Brei rühren. Mit der aktuellen Besetzung bringt Martin Lopez, seineszeichens Drummer bei Amon Amarth, ordentlichen Bums in die Rhythmus-Sektion. Stünden die Drums für sich alleine und würden sie nicht die ruhig tragende Gangart der Musik begleiten, hätte man den Sound, die Bässe, die Höhen und das daraus resultierende Gesamtbild eher bei Kataklysm oder harten Death-Metal Bands vermutet. Der Gesang dagegen, praktiziert vom Willowtree-Sänger Joel Ekelöf, opponiert hierzu – antidrom zum starken Instrumental-Sound, läuft des Gesangs Melodiekurve gefühlt immer in die entgegengesetzte Richtung, die Bass, Schlagzeug und Gitarre vorgeben, ohne dabei in irgendeiner Weise an Bedeutung innerhalb der Musik zu verlieren.
Es ist wie ein knapp vierzigminütiges Tauziehen, bei dem beide Seiten ständig den Betrag ihrer Zugkraft variieren – und doch bleibt die Summe der Kräfte gleich Null.