Everything Is Fine

Wer die letzten „American“ Veröffentlichungen von Johnny Cash für die Highlights dieses Küstlers hält und düsteren, melancholischen Folkrock mit überwiegend minimalistischer Instrumentation mag, sollte sich unbedingt einmal näher mit Danny Kiranos beschäftigen. Der US-Amerikaner liefert unter seinem Künstlernamen Amigo The Devil morbide Folk-Songs über Massenmörder, Pyromanen oder Selbstmörder ab und hat damit quasi sein eigenes Genre „Monster Folk“ erschaffen.

„Everything Is Fine“ , und auch wenn es düstere und traurige Themen gibt, mag man dem 30-Jährigen aus Florida voll und ganz zustimmen, denn hier gibt es nichts zu meckern. Nach der ruhigen stimmungsvollen Eröffnung ‚Cocaine And Abel‘ legt Amigo The Devil mit ‚If I’M Crazy‘ gleich mal eine treibende, abwechslungsreiche Rocknummer hin, deren leise, fast filigrane Parts im Refrain einer beeindruckenden, verzweifelten Stimme weichen, mit der Kiranos gegen das Übel auf der Welt anschreit. Unterstützt wird er dabei vom Rage Against The Machine Drummer Brad Wilk. Auch richtig stark: Die spätere Rocknummer ‚Everyone Gets Left Behind‘. Doch auch – und vielleicht gerade – die ruhigeren Songs überzeugen auf ganzer Linie. Akustische Gitarren, ab und zu ein Banjo, ein paar diffuse Elektrosounds im Hintergrund, und über allem schwebend Amigo The Devil mit einer rauen, faszinierenden Stimme. Das Album findet Zeit und Platz für düsteren Alternative- und Outlaw-Countrysongs wie ‚Preacher Feature‘, singende Sägen und das bös-ironische ‚I Hope Your Husband Dies‘. Schwarzer Humor trifft in den Texten immer wieder auf Melancholie, Traurigkeit oder Wut.

Mit dunkler Poesie in den Texten erzählt Amigo The Devil kleine Geschichten, die durch ihre minimalistische Instrumentierung oft umso intensiver wirken. Es lohnt sich hier auf jeden Fall, auf die Texte zu achten. Wenn es zwischendurch lauter wird, finden sich Streicher, Slidegitarre und die schon erwähnten Synthies im Mix und tragen viel zur Stimmung dieses großartigen Albums bei. ‚This Life Is A Joke / And Death Is The Punchline!‘ heißt es in ‚Hungover in Jonestown‘, einem weiteren Highlight des Albums. Trotz aller Melancholie schimmert immer wieder viel Humor durch, was sich auch bei der streckenweise sehr interessanten Instrumentierung zeigt. „Everything Is Fine“ ist die spannende, düstere Untermalung für lange Novemberabende. Amigo The Devil darf sich nach dieser Platte als legitimer Nachfolger des späten Johnny Cash ansehen, legt er doch hier eines der besten Alben des fast vergangenen Jahres vor. Dark Folk, Americana, Singer/Songwriter-Momente und ein paar anklagend-rotzige Rockspitzen verschmelzen zu einem atmosphärischem Gesamtkunstwerk. Unbedingt reinhören, oder am besten gleich mitnehmen!

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