| | |

Brot und Spiele – Klassik und Krawall

Wie schon beim vorletzten Album „Zirkus Zeitgeist“ legen die Spielleute von Saltatio Mortis auch bei „Brot und Spiele“ nach und veröffentlichen mit „Brot und Spiele / Klassik und Krawall“ einen Nachschlag mit neuen Songversionen.

Wie der Titel schon vermuten lässt, besteht das Album aus zwei Discs, eben dem „Klassik“ und dem „Krawall“-Teil. Bei der ersten Scheibe handelt es sich um die zwölf Tracks des aktuellen „Brot und Spiele“ Albums (komplettes Album minus Intro und Song ‚Mittelalter‘ plus ‚Heimdall‘ vom damaligen Bonusalbum) in neuen Arrangements. Disc Zwei ist dann ein Zusammenschnitt eines kürzlichen Live-Auftritts aus Oberhausen, der den Schwerpunkt ebenfalls auf die Songs der aktuellen Studio-CD legt, ergänzt um ein paar Bandklassiker der letzten Alben. Das Album liegt auch in einer limitierten Special Edition mit vier Discs vor, in diesem Fall ist dann das komplette Oberhausener Konzert enthalten sowie eine Disc mit den Instrumentalversionen der Klassik-Arrangements.

Spannend natürlich zunächst einmal die Neuarrangements der „Brot und Spiele“. Der Rezensent gibt zu, letztes Jahr von besagter Scheibe etwas enttäuscht gewesen zu sein. Immerhin war „Brot und Spiele“ ein modernes, aktuelles Album geworden. Störend waren die teils etwas zu mainstream-rockigen Arrangements und die manchmal doch arg aufgesetzt wirkenden „oh-oh-oh“ Chöre (scheinen ja im Mittelalter aktuell stark angesagt zu sein, siehe auch Subway To Sally mit „Hey!“). Wie auch immmer, um es gleich vorweg zu nehmen: Mit „Klassik und Krawall“ können Saltatio Mortis viel verlorenen Boden wieder gutmachen.

Schon beim ersten Durchhören wird klar: Die neuen Arrangements stehen den Songs ausgezeichnet! Hier wurden Streicher nicht nur in den Hintergrund gemischt, sondern übernehmen im Prinzip zu großen Teilen die komplette Begleitung. Akustische Gitarren, Percussion, Schalmei und Dudelsack gesellen sich harmonisch dazu, aber es bleibt sehr viel mehr Klassik und Folk als Rock. Und das ist wirklich gut so. Der Einsatz der klassischen Streicher ist hier erheblich direkter und umfassender als auf vorherigen Stücken, bei denen Saltatio immer wieder einmal mit klassischen Musikern zusammengearbeitet hat. Das geht hier von opulent-spannend wie bei ‚Große Träume‘ bis hin zu sehr intimen und äußerst faszinierenden Versionen wie zum Beispiel der ‚Spur des Lebens‘. Das ursprünglich rockige ‚Sie tanzt allein‘ wird auf dem Piano zu einer beklemmen-ruhigen Ballade, die so eigentlich noch viel mehr unter die Haut geht als das Original. Das gilt für viele der Stücke, wenn die Band uns immer wieder mit neuen interessanten Arrangements überrascht, die nicht in rockigen Chören ertränkt werden und den großartigen Texten die Gelegenheit geben, endlich ihre volle Wirkung zu entfalten.

Die „Krawall“-CD enthält einen Zusammenschnitt (Best Of) eines Konzertes der „Brot und Spiele“-Tour 2018 aus der Turbinenhalle in Oberhausen. Der Schwerpunkt liegt hier natürlich bei den neuen Songs, aber auch ein paar Bandklassiker wie Wachstum über alles oder Eulenspiegel haben es in die Setlist bzw. auf die Aufnahme geschafft. Viel zu berichten gibt es hier im Grunde gar nicht: Druckvoller Live-Sound, das Publikum in der restlos ausverkauften Halle ist schön im Mix enthalten, so dass die Atmosphäre passt. Verschwitzte Menschen vor und auf der Bühne – hier kann man sie beinahe riechen, bestens Zeichen dafür, dass die Live-Aufnahme ihr Ziel erreicht. Band und Fans feiern eine laute, mitreißende Show.

Man glaubt es kaum, aber „Klassik und Krawall“ ist das bessere „Brot und Spiele“ geworden, wirken die neuen Songs doch im klassischen Gewand viel authentischer und ehrlicher als in den Rockversionen, die nicht mehr viel mit den Ursprüngen der Band gemein hatten. Und was im Studio vielleicht etwas hölzern daher kam, erzielt live ohne jeden Zweifel seine Wirkung. Saltatio Mortis sind eine hervorragende Live-Band, die man einfach direkt und hautnah erleben muss. Das Livealbum bietet hierfür nach den Gigs selbst die zweitbeste Gelegenheit. Für alle, denen „Brot und Spiele“ (so wie uns) nicht ganz so gut wie „Zirkus Zeitgeist“ gefallen hat, bietet dieses Album jetzt die Gelegenheit, sich noch einmal näher mit dem Songmaterial zu beschäftigen, das im klassischen Outfit viel an Intensität und auch Epik gewinnt. Und wer die letzte Veröffentlichung der Spielleute ohnehin schon geliebt hat, für den ist „Klassik und Krawall“ ohnehin ein Pflichtkauf.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar