YOUNG MEDICINE – „Wir würden gerne von Aliens entführt werden!“
Die Frage stellt sich ja immer noch, wofür oder wogegen The Cure eigentlich die Heilung haben. Wenn wir Vermutungen anstellen sollten, welche Krankheiten Young Medicine behandelt, würden wir hingegen auf „Mangelnde Bewegung“, „fehlende Ohrwürmer“ und „zu wenig Aliens in deinem Leben“ tippen.
In unseren Alben-Reviews stellen wir Euch aktuell „Cold Blooded“ vor, den am 05. April 2024 erschienenen zweiten Longplayer der nordamerikanischen Band Young Medicine, die in einer energiegeladenen Mischung Metal(core), Elektrosounds und Synthwave miteinander verknüpft. In Europa sind die drei Jungs aus Kansas City, das trotz des Namen nur halb in Kansas und zur andere Hälfte in Missouri liegt, noch relativ unbekannt. Zeit, das zu ändern! Daher haben wir den Sänger und Gitarristen Josh Hurst zum Interview gebeten.
Hi, ich bin Michael vom Whiskey-Soda-Online-Magazine. Herzlichen Glückwunsch zum zweiten Album! Da Young Medicine in Deutschland noch nicht wirklich bekannt sind, könntest Du unseren Lesern die Band mal bitte etwas näher vorstellen?
Hi Michael! Wir (Young Medicine) sind drei Typen in einer andauernden existenziellen Krise. Wir machen wirklich aggressiven Pop, der auf Metal und Synthwave trifft. Wir kommen aus Kansas City und würden alle sehr gerne von Aliens entführt werden.
Es ist ziemlich schwierig, Eure Musik in eine bestimmte Schublade zu packen. Ich würde sie als eine Mischung aus Metalcore, Synthwave und Post Metalcore bezeichnen, was meinst Du?
Wir nennen das meistens „Synthwave Metal Pop“ oder manchmal auch „Synthwave Metal Boyband“, aber ganz ehrlich, wir schreiben einfach das, was wir für den jeweiligen Song am besten passend halten, manchmal ist das mehr Metal, manchmal mehr Synth, oder eben mehr poppige Melodien und Hooklines. Wir lassen uns von jeder Menge Stilen inspirieren.
Wer hat denn Euer Songwriting am meisten inspiriert, was sind die größten Einflüsse?
Wir alle kommen haben eine Art „Warped Tour“ Metal / Emo Background, aber jeder hat seinen eigenen Musikgeschmack, auch wenn sich der natürlich etwas überschneidet. Michaels Schlagzeugspiel ist absolut vom Metal inspiriert, und er lässt sich von vielen Metalcoreklassikern der späten 2000er inspirieren. Wenn wir unterwegs sind, hören wir oft Bands wie Vanna und Silverstein. Bret hört immer die Soundtracks von Videospielen und Bands mit klassischen Emo-Hymnen wie AFI, My Chemical Romance und so weiter, und ich höre viele Filmsoundtracks aus den 80ern und aktuellen Pop und Metal, zum Beispiel Chase Atlantic und Sleep Token.
Wie läuft denn das Songwriting bei Young Medicine normalerweise so ab?
Meistens schreiben Bret oder ich einen Song alleine und geben ihm dann dem jeweils anderen für Verfeinerungen. Brets Songs sind meistens textlich schon sehr weit entwickelt. Meistens schieben wir uns die Songs dann gegenseitig hin und zurück und üben Kritik daran, je nachdem. Michael lernt dann die grundlegenden Drumparts, die wir geschrieben haben, und dann arbeitet er diese dann aus, weil es einfach Sachen gibt, die er als Drummer besser drauf hat als wir anderen. Wir nehmen dann alles komplett auf und tauschen dabei immer wieder Elemente aus und polieren daran herum, bis es so klingt, wie wir das haben möchten.
Eure Texte sind oft ziemlich pessimistisch mit vielen eher dunkleren Themen. Ist das Leben in einer erwachsen gewordenen Boyband so deprimierend?
Das Leben erscheint immer dunkel und deprimierend, wenn man sich klar macht, dass die 90er seit zwanzig Jahren vorbei sind. Die meistens unserer Texte kommen aus Situationen in unseren Leben, die uns emotional sehr berührt haben. Aber es gibt ja eine gute Seite daran: Durch unsere Texte können wir Leute erreichen, die ähnliches erlebt oder gefühlt haben wie wir.
Ich durfte in den USA zwei Eurer Liveshows erleben und muss sagen, dass diese zu den wildesten und energiegeladensten Auftritten gehören, die ich je gesehen habe. Ist es wichtig für Euch, so viel Energie und Bewegung in die Liveshows zu stecken?
Es macht uns einfach viel Spaß, auf der Bühne zu stehen, und wir möchten, dass es dem Publikum genauso viel Spaß macht, uns zu sehen. Wir möchten insbesondere die Aufmerksamkeit aller erreichen, die uns vielleicht zum ersten Mal live sehen oder noch nie zuvor von uns gehört haben, das ist für eine Band auf unserem aktuellen Entwicklungsstand sehr wichtig. Wir versuchen daher immer, unsere Bühnenpräsenz durch irgendetwas „aufzupeppen“. Wir haben schon einige neue Ideen für die nächste Tour im Mai!
Besteht die Möglichkeit, dass Ihr jemals nach Europa kommen werdet?
Die Möglichkeit besteht immer! Wir arbeiten mit unserem Team hinter den Kulissen die ganze Zeit daran und hoffen, dass es logistisch irgendwann klappt und wir über den großen Teich kommen können!
Gitarre, Keytar, Schlagzeug. Vermisst Ihr es, einen Bassisten auf der Bühne zu haben?
Vor langer Zeit hatten wir mal sechs Bandmitglieder, und so eine große Gruppe bringt ihre eigenen Herausforderungen mit sich. Seit wir drei alles alleine machen und einen gut funktionierenden Workflow aufgebaut haben, verspüren wir nicht das Bedürfnis nach weiteren Bandmitgliedern. Die Hälfte unserer Bass Lines kommt inzwischen eh aus dem Synthie, also würden wir besser daran sein, noch einen neuen Keyboarder zu engagieren (lacht).
„Cold Blooded“ ist ein tolles Album geworden, aber es gibt nicht wirklich viel neue Musik darauf, weil ihr die meisten Songs ja im Lauf der letzten Jahre schon digital veröffentlicht habt. War das eine bewusste Entscheidung, weil man mit digitalen Einzelveröffentlichungen mehr Leute erreichen kann als mit einem ganzen Album?
Die Musikindustrie ist immer mehr mit der Technologie verschmolzen. Wenn wir auf Social Media und beim Streaming Erfolg haben wollen, müssen wir nach deren Regeln spielen. Das System belohnt inzwischen große Alben Veröffentlichungen nicht mehr so wie einzelne digitale Songreleases, und es macht für uns einfach keinen Sinn, viel Zeit in einen Song zu stecken, wenn wir keine direkte Promotion dafür machen können. Wir haben uns aber ein paar Überraschungen für den Release von Cold Blooded aufgehoben und ein paar der älteren Songs auch neu abgemischt oder remastered, so dass es da auch Verbesserungen zum Albumrelease gegeben hat.
Nochmal danke für Deine Zeit. Gibt es etwas, dass Du schon immer mal sagen wolltest, aber noch nie in einem Interview gefragt worden bist?
Brets Lieblingseissorte ist Pistazie, aber nie kauft ihm das jemand.
Zum Schluss noch ein paar letzte Worte an die deutschen Fans und unsere Leser, die vielleicht gerade jetzt erst eure Musik für sich entdecken?
Wir wissen das sehr zu schätzen, und wenn es euch gefällt, verbreitet es weiter und sagt’s euren Freunden!
Vielen Dank für das Interview und viel Spaß auf der kommenden US-Tour!
Live-Foto: Michael Buch