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LAURA COX – „Scheinbar kennen doch einige Leute meinen Namen!“

Laura Cox ist einer der aktuell heißesten Live-Acts in der Blues Rock-Szene. Die 32jährige Französin ist seit beinahe 15 Jahren im Geschäft, und hat ihre Karriere mit regelmäßigen YouTube-Videos aus ihrem Zimmer gestartet. Seit einigen Jahren ist sie aber mit ihrer Band regelmäßig auf den Bühnen Europas unterwegs, um ihre Songs zu spielen. Vor wenigen Wochen erschien das dritte Album „Head Above Water“, mit dem sie aktuell auf Tournee ist, und in Dortmund ein begeistertes Publikum hinterlassen hat. Vor der Show hatten wir die Gelegenheit, mit der sympathischen Künstlerin ein Interview zu führen.

Hey Laura, hallo und herzlichen Glückwunsch zu Deiner aktuellen Scheibe, die bei uns Platte des Monats war!

Das wusste ich nicht, aber vielen Dank!

Die neue Platte „Head Above Water“ ist seit einigen Wochen draußen, wie war die Resonanz darauf?

Es gab sehr gute Rückmeldungen! Viele Leute sagten: „Das klingt zum ersten Mal richtig nach Dir.“ Ich denke der Grund ist, weil ich mich zum ersten Mal entschieden habe, nicht wirklich über meine Einflüsse nachzudenken, und nichts auf die Meinung von anderen Personen zu geben. Ich bin einfach meinen Weg gegangen, und ich glaube, das können die Leute fühlen. Die Menschen, die eher auf Hard Rock stehen, sind vielleicht ein wenig enttäuscht, weil es ein wenig softer ist, als die Vorgänger. Aber es ist immer noch Rock, und wir sind sehr zufrieden mit dem Album und dem Feedback!

Wie lange habt Ihr an der Platte gearbeitet?

Ich habe das meiste davon 2021 geschrieben, und wir hatten zwei Wochen im Studio im Februar 2022.

Die beiden Vorgänger-Alben kamen innerhalb von zwei Jahren raus, nun hast Du Dir -trotz Corona-Zwangs-Pause- vier Jahre Zeit gelassen. Was war der Grund für die lange Pause?

Ehrlich gesagt, war ich überhaupt nicht inspiriert, um etwas zu schreiben! Ich wollte einfach ein bisschen Zeit ins Land gehen lassen, weil ich mich nicht selbst zwingen wollte, nur um des Schreiben Willens zu schreiben. Die Covid-Zeit und der damit verbundene Stress, waren einfach nicht gut für meine Kreativität. Daher habe ich mir die Zeit genommen, bis ich wieder Ideen hatte.

Wie kommt eine damals sehr junge Frau (zu Beginn der Karriere noch im Teenager-Alter) zu dieser Form von Musik, die doch eher ein älteres und meist männliches Publikum anspricht?

Mein Vater ist Engländer, und als ich noch ein Kind war, hörte er richtig gute Musik: Country und Classic Rock. Das ist nichts, was Franzosen eigentlich hören. Und so hatte ich eine doppelte musikalische Bildung, und das motivierte mich, zur Gitarre zu greifen. Alles, was er hörte, hatte mit Gitarre zu tun. Und mit ca. 14 Jahren lernte ich ein paar Freunde kennen, die auch E-Gitarre spielten, und wir entschieden, zusammen zu spielen.

Orientierst Du Dich selbst eher an den „alten“ Rockgrößen wie den Stones und Rory Gallagher, oder eher in der jüngeren Generation wie Danny Bryant oder Joe Bonamassa?

Als ich anfing, waren meine Helden alle aus der alten Generation, aber je länger ich spiele, umso mehr Einflüsse ziehe aus der jüngeren Generation. Ich habe natürlich meine Helden wie Slash und Mark Knopfler, und den von dir erwähnten Joe Bonamassa, das waren schon wirklich große Einflüsse für mich. Für das letzte Album habe ich versucht, all das hinter mir zu lassen, und meine Helden nicht mehr zu kopieren. Sie haben mir natürlich eine Menge beigebracht, ohne dass sie mich kennen. Sie wissen es nicht, aber ich habe so viele Stunden damit verbracht, ihre Soli zu lernen.

Du bist als YouTuberin mit Streaming-Videos aus Deinem Zimmer bekannt geworden. Haben Dich in Lockdown-Zeiten viele Kolleg*innen um Rat gefragt, wie das funktioniert und worauf man achten muss?

Musikerkollegen haben mich eigentlich gar nicht gefragt. Es gibt aber viele Leute, die glaubten, ich hätte extrem viel Ahnung von Internet-Strategien und Video-Produktionen. Als ich damals mit den YouTube-Videos anfing, war das alles ungeplant. Daher ist es schwer, anderen Leuten nun einen Rat zu geben. Ich wollte einfach meine Leidenschaft [für die Musik] teilen und irgendwie Feedback bekommen. Das Problem mit der jungen Generation ist, dass sie schon im Vorfeld hauptsächlich daran denken, wie sie möglichst viele „Likes“ bekommen. Wenn du mit diesen Gedanken die Sache angehst, fehlt der Vibe. Es ist besser, wenn du einfach spontan an die Sache herangehst.

Kollegen haben also nicht gefragt, weil sie wussten, dass ich da kaum Ahnung habe, aber einige Venues und Festivals haben uns gefragt, weil es das Einzige war, was uns in der Zeit als Möglichkeit geblieben ist.

Wir haben dann auch ein paar wenige Online-Gigs gemacht. Es war auch ganz nett, aber es war so nach dem Motto: „Friss oder stirb!“ Ich bevorzuge echte Konzerte, so wie wir es heute Abend hier erleben werden!

Auf jeden Fall! Waren die Streaming-Konzerte in der Corona-Zeit, z.B. der für den deutschen Rockpalast, ein großer Unterschied zu Deinen vorherigen Online-Konzerten?

Der Rockpalast war in einem richtigen Club, das war auf eine Art mehr Stress, es fühlte sich aber auch mehr wie eine echte Show an! Als wir damals beim Rockpalast ankamen, wussten wir nicht, dass es ein reines Streaming-Konzert sein würde, denn es war der erste Tag des Lockdowns. Eigentlich sollte es eine ganz normale Show werden, wir waren sogar ausverkauft. Aber kurz vor Showbeginn wurde den Zuschauer*innen gesagt, dass man sie nicht reinlassen dürfe, wegen der neu erlassenen Gesetze – und auch wir haben das erst wenige Minuten vorher erfahren.

Ich habe Deinen Namen einigen durchaus Blues-Rock Interessierten genannt, und nur einer konnte etwas damit anfangen, trotzdem ist die Show heute ausverkauft. Wie erreichst Du Dein Publikum, die klassischen Wege über Radio und MTV funktionieren ja nicht mehr?

Internet und Tourneen! Außerdem macht mein Label einen großartigen Job, sie schalten u.a. viel Werbung beispielsweise in Gitarren-Zeitschriften (Anmerkung der Redaktion: Die Kollegen von „Gitarre und Bass“ haben Laura in diesem Monat die Titel-Story gewidmet).

Ich glaube aber, dass die allermeisten mich über das Internet entdeckt haben. Ich weiß ja nicht, wen du gefragt hast, aber scheinbar kennen doch einige Leute meinen Namen (schmunzelt).

Natürlich, es ist ja heute Abend ausverkauft!

Wir haben hier vor vier Jahren schon einmal gespielt, damals war es noch nicht ausverkauft. Daher sind wir so froh, jetzt in ein volles Haus zurückzukommen!

In Deutschland gibt es seit einiger Zeit das Bestreben, Frauen mehr Gewicht in der Rockmusik zu geben, und sie z.B. bei großen Festivals auf die Bühne zu bringen. Du bist in einem weitestgehend männerdominierten Genre unterwegs. Wie wirst du als Frau von den Kollegen wahrgenommen?

In den allermeisten Fällen werden wir überall herzlich willkommen geheißen. Alle Booker wissen, dass es kaum Frauen im Rock-Geschäft gibt. Deshalb versuchen sie, immer das Beste für uns zu machen. Heute spielen wir den vierten Gig der Tour in Deutschland, und überall waren die Leute so nett zu mir. Das größere Problem sind die Beleidigungen im Internet, wo sich jeder hinter einem Fake-Namen verstecken kann. Aber im echten Leben hatte ich kaum schlechte Erfahrungen. Außer manchmal nach einer Show, wenn Leute zum Merchandise kommen, die betrunken sind und versuchen, mich anzufassen oder zu küssen. Da kann ich überhaupt nicht umgehen! Auf der Bühne ist es aber immer sehr nett!

Auch anderen Bands haben keine Vorbehalte?

Was mich wirklich stört ist, wenn wir mit anderen Frauen-Bands zusammenspielen, weil wir [Frauen] scheinbar darauf konditioniert sind, uns als Rivalen zu betrachten. Ich mag das nicht, es ist ja kein Wettbewerb! Ich möchte mit allen gut auskommen. Ich habe das Glück, dass meine besten Freundinnen Künstlerinnen sind, und wir immer versuchen, uns gegenseitig zu unterstützen.

Du bist also nicht, um einen Deiner Songtitel zu benutzen, „To Nice For Rock’n’Roll“?

Das dachte ich früher immer, aber nein, du musst nicht fies sein, um Rock’ndRoll zu spielen.

Kannst Du schon merken, ob Du durch Deinen Erfolg schon Nachfolgerinnen hast, die Dich als Vorbild sehen und sich ebenfalls auf den Weg gemacht haben?

Es ist vielleicht noch ein bisschen früh, um das zu beurteilen, aber ich bekomme tatsächlich viele Nachrichten von Mädchen und jungen Frauen, die das Gitarre spielen angefangen haben, weil sie mich im Internet gesehen haben. Das fühlt sich richtig gut an, und ist die größte Belohnung für mich. Als ich selbst anfing Gitarre zu spielen, wuchs ich glücklicherweise in einem Umfeld auf, in dem niemand sagte: „Nein, du bist ein Mädchen, du kannst doch keine E-Gitarre spielen, das ist für Jungs!“

Meine Familie und mein Umfeld waren da ganz offen, aber nicht alle jungen Mädchen haben dieses Glück, und die müssen erst eine Frau auf der Bühne sehen, um zu erkennen, dass das möglich ist. Mir hat es gereicht, Slash und Joe Bonamassa zu sehen, für mich war das keine Geschlechterfrage. Und wenn ich auf diese Weise dazu beitragen kann, bin ich sehr froh! Manchmal bekomme ich sogar Nachrichten von Vätern, die ihren Töchtern eine Gitarre gekauft haben, weil sie mich im Internet gesehen haben. Abgesehen von dem Spaß auf der Bühne, ist das der größte Grund für mich, das zu machen!

Die Tour geht noch bis in den September – was steht danach an? Weitere Tourneen oder direkt eine neue Platte?

Eine Mischung aus beidem, erst einmal sind wir bis Herbst auf Tour, und ich habe auch schon ein paar Song-Ideen. Ich werde mich schnell hinsetzen und ein paar Riffs schreiben, denn ich möchte nicht wieder dreieinhalb Jahre zwischen diesem und dem nächsten Album verstreichen lassen. Ich möchte möglichst schnell neues Material veröffentlichen, denn ich bin gerade inspiriert und habe jede Menge Ideen. Nach der Tour werde ich aber erst ein wenig Zeit zum Schreiben brauchen, und mir auch ein wenig Zeit nehmen, um meinen YouTube-Kanal zu füttern.

Du bist relativ jung und bist mit Spotify und Konsorten groß geworden, Deine Musik gibt es aber immer noch auf CD. Wie verkaufen sich die Tonträger – lohnt dieser Markt überhaupt noch?

Tatsächlich weiß ich meine konkreten Verkaufszahlen gar nicht, aber bei unserer Art von Musik haben wir ein Publikum, das immer noch CDs kauft, weil sie einfach Musikliebhaber sind. Für mich bedeutet Musik mehr, als sie nur zu hören. Ich gehe immer noch gerne in den Plattenladen, fasse das Vinyl an, öffne das Booklet und lese die Texte – und ich glaube, für unserer Fanbase ist das auch von Bedeutung.

Was können die Zuschauer heute Abend auf der Bühne erwarten – spielst Du die gesamte aktuelle Platte?

Nicht die ganze neue Platte, wir mischen alle drei Alben, jeweils zu etwa einem Drittel. Dann gibt es ein Cover, und wir haben neue Instrumente auf der Bühne. Ich spiele zum Beispiel jetzt auch Lap-Steel-Guitar. Wir haben einige Songs neu arrangiert, weil wir ein bisschen gelangweilt von ihnen waren, und haben sie nun besser gemacht.

Laura, ich danke für Deine Zeit und das Interview, und wünsche eine gute und erfolgreiche Show gleich!
Danke Dir und viel Spaß beim Konzert!

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Fotocredit: Wollo@Whiskey-Soda

 

 

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