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The Heavy Entertainment Show

Robbie Williams hat Respekt. Er hat Mut. Er ist feige. Und er will sich treu bleiben.

Mit dem letzten Punkt beginnend lässt sich feststellen, dass sowohl Albumtitel als auch der gleichnamige erste Track andeuten, welche Schiene hier gefahren werden soll: pures Entertainment. Dafür scheint er geschaffen zu sein, das beweisen seine Live-Shows. Kein Wunder also, dass er seine Rückkehr auf die Weltbühne, vier Jahre nach seinem letzten Pop-Album, gleich mit fetten Bläsern im Rücken auf herrlich pompöse Art inszeniert. Komplett zurückhalten kann er auf der gesamten Platte ohnehin nicht. Das geringste Maß an Ruhe bringt seine Power-Ballade ‚David’s Song‘, die allerdings nicht an seine Klassiker ‚She’s The One‘ oder ‚Angels‘ rankommt. Ebenfalls treu ist er sich seiner Vermarktung geblieben. Die beiden wirklich anstrengenden 08/15-Nummern ‚Mixed Signals‘ mit seinen kitschigen, hochgepichten Synthie-Streichern und ‚Love My Life‘, der mit seinen Worten

‚I love my life, I am powerful, I am beautiful, I am free, […] I am wonderful, I am magical, I am me‘

ab sofort in jeder Selbsthilfegruppe zur Begrüßung angestimmt wird, wurden als Singles rausgebracht. Robbie weiß halt, was der Radiohörer montags um 7 Uhr braucht. Und das macht ihn gleichzeitig feige.

Denn eigentlich beweist er Mut zu neuen Klängen. Doch diese darf die breite Masse nicht erfahren. Für sie möchte er der Sunny Boy mit simpler Botschaft und Popmanier bleiben. In Wahrheit möchte er aber über den Tellerrand schauen. Im Song ‚Bruce Lee‘ im 70er Jahre Rock-Style singt er falsettiert, um so scheinbar der hohen chinesischen Sprachmelodie nahezukommen, und in ‚Party Like A Russian‘ gibt es den typischen sowjetischen Männerchor im Background, der zur stampfenden Musik ‚Hey!‘ rufen darf. Während ersteres noch relativ cool klingt und in den Song passt, wirkt das andere arg klischeehaft, nicht stimmig und erzwungen. Dennoch zollt er hier einem besonderen Künstler Respekt: im Refrain bedient er sich eines Geigenthemas aus Sergei Prokofjews Ballett [i]Romeo und Julia[/i]. Und die Spannweite der Generationen, für die Robbies Herz schlägt, scheint groß: so hat der erste Track mit seinem Wechsel aus Piano-Walzer und aufblühendem fetten Refrain im Aufbau gewisse Ähnlichkeit zu ‚Lucy In The Sky With Diamonds‘ von den Beatles. Ebenso erinnert die Live-Aufnahme von ‚Sensational‘ mit seiner Einfachheit an ‚Sgt. Peppers Lonely Heart’s Club Band‘ – würde wohl niemanden wundern, wenn beim 42 Jahre alten Briten nostalgische Poster der Fab Four im Zimmer hängen.

Letztlich ist die Zusammenarbeit mit Ed Sheeran – nach Robbies Worten der

‚Tom Hanks der Musikbranche‘

– ein echter Volltreffer und der beste Song des Albums. ‚Pretty Woman‘ ist groovy, transparent, catchy as hell und klingt wie eine rockige Variante von ‚Papa Was A Rolling Stone‘ der Temptations. Genauso vielversprechend ist das Duett mit Rufus Wainwright ‚Hotel Crazy‘, mit dem sie einen modernen, elektrischen Swing liefern, der eine schöne neue Soundtür öffnet.

Die Deluxe-Version kann man sich in diesem Fall sparen. Ohne die vier Bonus-Songs wirkt das Album insgesamt in sich geschlossener, die neuen Tracks stören eher als dass sie als Bereicherung fungieren würden. So bietet Robbie Williams auf ‚The Heavy Entertainment Show‘ ein ziemlich gelungenes Comeback. Wenn man den kitschig-klischeehaften Anfang der Platte erträgt, wird man mit rockiger Abwechslung und einigen neuen Facetten belohnt. Und die Öffnung zu neuen Styles tut Robbie Williams‚ Musik spürbar gut: hoffentlich bleibt er sich seiner Begeisterung für die neue Generation, die Beatles und Classic Rock treu.

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