Sympathetic Magic
Ein hehres Anliegen haben Typhoon, mit ihrem fünften Album der Magie des Mitgefühls auf den Grund gehen zu wollen. Anlässe dafür gibt es allemal, allen voran das Trump-Erbe eines gespaltenen Amerikas und eine Pandemie, die die Menschen zusätzlich auf Abstand hält. Die Band aus Portland weiß sich in dieser Situation scheinbar nicht anders zu helfen, als eine überbordende Menge an Emotionalität auf die Hörer auszuschütten. Wer sich darauf einlässt, braucht starke Nerven.
And the waves of darkness fold over me
As the dying sun goes down
Das ist schonmal eine schwierige Ausgangslage. Begleitet wird das Gefühl der Verzweiflung von Bläsern und Glöckchen, mit denen der letzte Rest Weihnachten verklingt. Nur kurz brechen im betreffenden „Empire Builder“ die Verzerrer durch und sorgen für einen der wenigen starken Momente auf „Sympethetic Magic“ (Roll Call Records). Ansonsten herrscht ein sauberer, meist minimalistischer Sound vor, der sich einige Ausbrüche in den Pomp des Dreampop genehmigt.
Angesichts der Umstände, mit denen die einzelnen Bandmitglieder meist getrennt voneinander das Album in ihren Wohnzimmern und Kellern eingespielt haben, ist der Sound erstaunlich kohärent. Anders als so mancher der Songtexte, die nicht nur Mitgefühl, sondern oft auch Mitleid mit dem Verfasser hervorrufen. Kyle Morton zeigt Mut zur Unsicherheit. Das ist menschlich und schafft Nähe. Irritierend hingegen ist die pure Unentschlossenheit, die sich in den Texte zunehmend Ausdruck verschafft, sowie die Unfähigkeit, aus nicht allzu ungewöhnlichen Problemlagen einen anderen Ausweg zu finden als die Hoffnung auf das nächste Leben:
And so I held my breath and listened
To my own beating heart
Fucking time bomb ticking
And fantasized about the next life
Come back as a rocking chair
Just want to hold you in the rhythm
Es ist durchaus bewundernswert, offen vom eigenen Versagen zu singen – wenn es nicht durchweg auf so weinerliche Art und Weise passieren würde. Mit sentimentalen Melodien und einer glattpolierten Produktion schießt das Ganze ein ums andere Mal weit über das Ziel hinaus. Bei vollem Bewusstsein allerdings. „Sympethetic Magic“ soll zerbrechlich klingen und verfolgt daher akustisch wie textlich ein konsequentes Konzept. Die sehr intimen Geschichten von Verlust und Selbstzweifel geben Hörern in ähnlichen Situationen sicherlich Halt. Beim Selbstmord-Song „Room Within the Room“ könnte sich dieser Effekt aber schon ins Gegenteil umkehren, und mit „Masochist Ball“ verliert sich dann jedes Verständnis.
You deserve to die
You deserve painful burning needles in your eyes (…)
Don’t be angry
Don’t raise your hand like Cain (…)
When I get too comfortable
I just start imagining a world where
Everybody wants me
Then I’m imagining a world where
Everybody hates me
And I just try to split the line
Wer sich an der Stelle innerlich nicht verabschiedet, kann offenbar viel aushalten und dem ewigen Lavieren von Typhoon etwas abgewinnen. Das bisschen Hoffnung, das Kyle Morton in seinen Texten zu transportieren versucht, ist in diesen Zeiten einfach nicht ausreichend. Zu tief wird der Hörer in das Leid von „Sympethetic Magic“ hineingezogen, und so Mancher wartet im letzten Drittel des Album nur noch sehnlichst auf dessen Ende. Das kommt – sehr bezeichnend – mit „Welcome to the End Game“ und der Zeile „there’s not a Savior left in sight“. Unter anderen Umständen könnte das Album vielleicht als interessant durchgehen. Jetzt gerade sorgt es aber für noch mehr Verwirrung, als tragbar ist.