Stare Into Death And Be Still
Ulcerate, das Death-Metal-Trio aus Neuseeland, zählt zweifellos zu den unterbewertetsten Gruppen ihres Genres. Wobei schon die Einordnung nicht so leicht sein dürfte. Massentauglichen Extreme-Metal, wie er es inzwischen manchmal sogar in die Charts schafft, finden die Herren Hoggard (Gitarren) und Saint Merat (Schlagzeug) künstlerisch bedeutungslos. Bereits mit ihrem letzten Album „Shrines of Paralysis“ von 2016 hatte die Band sich das Ziel gesetzt, melodiöser zu werden. Auch mit ihrem neuesten, inzwischen sechsten Album „Stare Into Death And Be Still“ (Debemur Morti), gibt es durchaus weitere Entwicklungen in diese Richtung. Aber keine Angst: Ulcerate bleiben einzigartig und unnachahmlich großartig.
Mit „The Lifeless Advance“ als Auftakt setzen die drei Spitzenmusiker ein erstes Ausrufezeichen mit Wiedererkennungswert. Postmetallisch-düstere Riffs von Hoggard, beeindruckende Growls von Paul Kelland mit einer Messerspitze Black Metal und das überirdische Extreme-Metal-Drumming von Jamie Saint Merat. Fürs Headbangen eignen sich Bands mit konventionelleren Taktarten sicher besser. Denn das hier bewegt sich jenseits von Headbanging. Das hier ist dichteste Atmosphäre und gleichzeitig technisch so gut, daß selbst Kennern die Kinnlade herunterklappen dürfte.
Bei „Exhale The Ash“ ist auch die für die Band typische Dissonanz da, gemeinsam mit den häufigen Taktwechseln ist sie irritierend, verstörend. „Wohlfühlen“ kann man sich bei Ulcerate nicht. Die Musik ist so packend wie die Blastbeats von Saint Merat gnadenlos sind. Der Titeltrack ist da keine Ausnahme, auch wenn er mit verhältnismäßig konventionellen, thrashig-doomigen Riffs beginnt. Das Intro von „There Is No Horizon“ ist tatsächlich ruhig auf einer Akustik-Gitarre gespielt, die Gitarren flirten einmal mehr mit dynamischem Thrash, was den nach wie vor experimentell-avantgardistisch aufgebauten Songs mehr Zugänglichkeit verleiht.
„Visceral Ends“ beginnt erstaunlich konventionell und melodisch, für einen Moment könnte man vermuten, daß hier eine atmosphärische Post-Black-Metal-Band am Werk ist. Aber natürlich können die drei Kiwis auch hier ihre dissonanten Spielereien nicht ganz bleiben lassen – was ja auch kein Mensch will. Das Schlagzeugspiel von Saint Merat ist nicht nur technisch in der höchsten Liga, sondern es ist auch so originell, daß es sich immer wieder in den Vordergrund „schiebt“. Es ist eine Freude, sich mit einem guten Kopfhörer und in einem bequemen Sessel auf die Fills der Becken zu fokussieren und der Kreativität von Saint Merat zu lauschen. Dabei ist das Niveau der Drums nie selbstverliebter Exhibitionismus. Im Gegenteil. In nicht vielen Bands tragen Gitarren, Drums und Gesang so gleichberechtigt auf so hohem Niveau zu einem runden Gesamtprodukt bei. Auch deshalb ist das neue Werk von Ulcerate ein exzellentes, absolut eigenständiges Meisterwerk unter den Extreme-Metal-Veröffentlichungen dieses Jahres.
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