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Hereafter

Wäre da nicht der unverkennbare Akzent von Sänger Juho Myllyla, ich hätte Stein und Bein geschworen, es bei Burntfield mit einer amerikanischen Band zu tun zu haben. Mit dem üblichen Skandi-Prog-Klischee haben die Herrschaften nämlich auf ihrem Debüt-Longplayer „Hereafter“ überhaupt nichts zu tun. Statt auf Kauzigkeit, Folk, Mellotron und Canterbury-Gejazze setzen Burntfield nämlich auf eine Mischung aus Mittneunziger Toto („Tambu“-Ära), dem songorientierten Material des Alan Parsons Project, den Pop-Ambitionen von Glass Hammer sowie gerade in der zweiten Albumhälfte einem Schuss New Artrock, der sich aber hauptsächlich in der leicht an Anathemas Vinny Cavanagh erinnernden Stimme und der generellen Melancholie der Musik niederschlägt.

Laut Info residiert die Band mittlerweile auch in Holland, wo es ja bekanntlich keine Trolle und Kobolde gibt. Eventuell hat das ja etwas mit dem Sound des Albums zu tun. Spass aber beiseite, Burntfields Einstand hat nämlich ohne Frage viel Schönes zu bieten, auch wenn – Achtung, Spoiler! – zum ganz großen Wurf noch ein wenig Eigenständigkeit fehlt. Ich hasse zwar eigentlich die Diskussion darüber, ob irgendwas „Prog“ ist oder nicht, aber im Falle Burntfield sind, trotz des Selbstverständnis der Band als Progger, maximal ganz sachte Einflüsse aus dem Genre zu vernehmen. Statt komplexer Strukturen, vertrackter Rhythmen und unkonventionellen Harmonien setzt die Band nämlich ausschließlich auf unaufgeregtes, traditionelles Mainstream-Songwriting mit Hauptaugenmerk auf melancholische, aber nachvollziehbare Melodien. Im achtminütigen ‚Q&A‘ und dem Titeltrack wird zwar durchaus auch mal im Garten des Soloschaffens von David Gilmour gespielt, und ‚In The Air‘ klingt wie ein Zusammenschluss von no-man und Anathema, doch das bleiben die Ausnahmen. So basieren viele Songs, beispielsweise die auch noch direkt aufeinanderfolgenden ‚Sub-Zero‘, ‚My Grief‘ und ‚Feeling Of Love‘ auf typischen David Paich-Akkordfolgen, und Gitarrist Valtteri Seppanen bedient sich auch oft eines Lukather-artigen Leadsounds. Im Direktvergleich zu den Vorbildern fehlt es Burntfield dann leider aber sowohl an der Detailfreude als auch an den großen Melodien, und bisweilen wünscht man sich eben auch, die Band würde einmal etwas mehr Leidenschaft und eigenen Charakter zeigen. Klar, beim dritten, vierten Hördurchgang bleiben durchaus einige Sachen hängen, aber es bleibt die Frage, ob sich die Fans bei eher mainstreamiger Poprock-Mucke so lange mit dem Album beschäftigen werden, wo doch im Genre eigentlich eher eingängige Hooks im Vordergrund stehen?

Trotz der Kritik: „Hereafter“ ist keinesfalls ein schlechtes Album geworden. Die Band weiß, wie man Atmosphäre schafft, handwerklich ist alles in Ordnung, die Produktion ist exzellent, und die 45 Minuten Spielzeit offenbaren auch keine wirklichen Ausfälle im Songwriting – allerdings auch kaum echte Highlights. Es bleibt der Eindruck, als habe die Band etwas zu sehr auf Massentauglichkeit geschielt und dabei vergessen, dass großartige Musik auch ein paar Ecken, Kanten und Eigenheiten braucht – auch auf die Gefahr, dass sich daran jemand stößt. Talent haben die Jungs aber fraglos, und schließlich handelt es sich hier um ein Debüt, somit greift noch der Welpenschutz-Paragraf. Zu beziehen im Webshop von Just For Kicks.

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