Second Psychedelic Coming: The Aquarius Tapes
Jess and The Ancient Ones sind so eine Art Geheimtipp. Das Debütalbum war ein Volltreffer; EP, Single sowie eine Zweitband namens The Exploding Eyes Orchestra verkürzten die Wartezeit auf das Zweitwerk, das nun passend zur beweihräucherten Jahreszeit erscheint und schön umständlich und sperrig mit ‚Second Psychedelic Coming: The Aquarius Tapes‘ betitelt ist.
Der Opener ‚Samhain‘ zeigt sofort an, wo die Reise langgeht: schneidende Hooks, grandiose Melodien, Ohrwürmer einerseits – andererseits werden all diese typischen Trademarks des klassischen Rocks auch hier wieder auf Teppichen sich bunt drehender Psychedelika getragen.
Insgesamt ist das Album minimal mutiger als das Debüt, ein paar mehr Twists, etwas sperriger, aber immer noch auf höchstem Niveau, was die Eingängigkeit der meisten Melodien angeht. Jess hat ohnehin schon eine der besten weiblichen Stimmen, traut sich aber, ähnlich wie auch alle anderen Bandmitglieder, noch etwas mehr zu als zum Einstieg.
Das Wichtigste, was es zu sagen gibt, ist, dass sich Jess And The Ancient Ones bei einer Sache null entwickelt haben, und das ist die überbordende Laune an guter Musik. Ein Song wie ‚In Levitating Secret Dreams‘ stellt das eindeutig klar. Die Damen und Herren sind einfach so dermaßen geil auf gute Mucke, dass sie drauflos spielen, ohne sich an Regeln, Vorbilder oder sonst etwas zu halten.
Es gibt ja mittlerweile Hunderte Bands, die diesen Psycho-Retro-Krempel machen und viele davon sind einfach öde, weil sie kopieren, imitieren und bei bestimmten Dingen meinen, sie einfach zwangsweise haben zu müssen, um „echt“ zu sein. Jess And the Ancient Ones machen lieber einfach das, was gerade gute Laune verbreitet. Das gipfelt im 22-minütigen ‚Goodbye To Virgin Grounds Forever‘. Natürlich gab es schon die eine andere (sogar sehr berühmte) Band, die ihren Psych-Rock mit Querflöte verfeinert hat, und in Prog-Gefilde abzudriften, ist auch nichts Neues. Aber Jess und die großen Alten machen das so unbekümmert, so voller Spielfreude und Enthusiasmus, gepaart mit Können und Intelligenz, dass sie – im Gegenteil zur Irrelevanz vieler Bands dieses altneumodischen Genres! – wirklich die Zeit überdauern könnten.