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Rausch

Das ist er nun, der Berlin-Sound. Es war ja unvermeidlich, dass sich diese nicht abklingen wollende Euphorie, mit der sich der In-Faktor der Hauptstadt ein ums andere Jahr mit seinem Zenit überwirft und immer noch höher strebt, auch mal in Noten niederschlagen muss. ‚Staub & Drogen‘ heißt bei Vizediktator das, was Milliarden letztes Jahr schon mit ‚Kokain und Himbeereis‘ besungen haben oder was im ‚Bus der stillen Hoffnung‘ von Isolation Berlin anklingt. Auffällig an allen ist die Rio Reiser-Attitüde und Zeilen wie

‚Ich suche dich und finde mich‘

(‚Donner‘).

Und natürlich:

‚Die Straßen gehören uns!‘

Vizediktator beschwören mit ihrer EP ‚Rausch‘ nicht nur textlich die legendären 80er Jahre in West-Berlin herauf. Das ist rau und hat Herz zugleich – Straßenpop eben, wie die Band es vorzugsweise nennt. Da das gerade extrem angesagt ist, war es wohl nicht schwer, Moses Schneider als Produzenten zu gewinnen, der bisher mit den Beatsteaks, Turbostaat, Tocotronic oder Ja, Panik gearbeitet hat.

Ein viel versprechender Start also für Vizediktator, ein ekstatischer. Dass aber auch etwas dran ist an der Kreativität, die in Berlin gedeiht, dass da auch ein Gewissen ist und es um mehr geht, als nur das wilde Leben auszukosten, dafür steht nicht zuletzt das düstere ‚Dessau‘. Der Sound der insgesamt sechs Songs ist sehr frei, sehr ehrlich und gibt alles. Die Stimme überschlägt sich fortwährend, während das Schlagzeug drischt und die Gitarre schrammelt. Ausufernd wie die Nächte in Berlin:

‚Jede Nacht ertränke ich mich selbst in einem Traum aus Ketamin‘

– ein Leben im Rausch eben.

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