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Pittsburgh

William Fitzsimmons nimmt ein Minialbum namens ‚Pittsburgh‘ auf und widmet es Virginia. Pittsburgh liegt aber doch in Pennsylvania!, meldet sich der innere Streber, Abteilung Spezielleres Allgemeinwissen, muss dann jedoch schlucken, dass mit Virginia Fitzsimmons‘ Großmutter gemeint ist. Während der Singer-Songwriter diese im Herbst auf ihrem letzten Weg begleitete, entstand dieses Bündel herzerwärmender Akustikgitarrenserenaden.

Wer annahm, intimer und berührender als bisher könne es nicht werden im Kosmos William Fitzsimmons, den belehrt der bärtige Crooner mit ‚Pittsburgh‘ nun eines Besseren. Kein Wunder, ist doch der Scheideweg, den er dieses Mal besingt, der endgültigste, den es gibt, und die eigene Herkunft – sei es familiär oder örtlich – kaum hinter sich zu lassen.

Auf – und womöglich auch in – ‚Pittsburgh‘ ist es, als hallt der behutsame Gesang des ausgebildeten Psychotherapeuten noch eindringlicher nach. Manchmal spaltet er sich kanalweise auf, erklingen die Verse minimal zeitlich versetzt. Dann ist es, als rücke einem Fitzsimmons direkt ans Ohr. Seine Gabe, über dem Reisigfeuer Stahl zu schmieden, Schwerem die Schwere zu nehmen und Kleinem Großes einzuhauchen, ist ihm nicht abhanden gekommen. Die sieben neuen Stücke sind auf diese kleine Weise groß und erbaulich, und außerdem noch nachdenklich und ernst. Ihr Schreiber trauert ohne Theatralik oder Larmoyanz; eine meditative Seelenruhe, ein innerer Frieden hat ihn seiner Traurigkeit enthoben. Und den reicht er mit dieser fast schon ein wenig zu privaten Songsammlung an uns weiter.

‚The world is full of distraction and movement. This is a brief moment to stop and feel‘

, erklärt er das Offensichtliche und eigentlich schon seit jeher für Künstler seines Schlages Geltende vorab; die Musik gibt hierzu freies Geleit.

Die Progression bleibt dabei wieder einmal deutlich unter der Nachweisgrenze. Trotzdem fühlt sich noch immer alles richtig an im Fitzkosmos. Das Glockenspiel träufelt zart ins akustische Fingerpicking, die steifen Drumcomputer in ‚Matter‘ und ‚Better‘ aber kommen ungebetenen Eindringlingen gleich, ihr Takt einem verschmähten Korsett. Fitzsimmons ist wie der alte Freund von damals, der seine Marotten behalten hat und auch noch immer auf das gleiche Bier abfährt. Mit dem man sich einfach nicht auseinanderlebt. Album für Album umgibt er seine Hörer in Gewöhnung, bettet sie, hüllt sie ein. Nichts hat man zu befürchten; seine Diskographie ist ein sicherer Ort. Was bei ihm weniger schwer zu wiegen scheint als bei anderen Musikern. Viel einstecken musste Fitzsimmons jedenfalls noch nie. Er hat seinen Platz eben schon gefunden – und gelernt, auf dem Kummer zu treiben, statt in ihm unterzugehen. Zu verbuchen statt zu wehklagen und die Welt an seinen Verbuchungen teilhaben zu lassen, anstatt sie mit selbstmitleidiger Säuselei zu langweilen. Die Oma wird von irgendwo da droben, draußen oder drüben auf ihn herablächeln.

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