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Pink Floyd – Die definitive Biographie

Pünktlich zur neuen David Gilmour-DVD möchten wir Euch einen ganz besonderen Schmöker ans Herz legen. Der britische Journalist Mark Blake hat sich nämlich an das anstrengende Unterfangen gewagt, eine umfassende Biografie über die notorisch pressescheuen Herrschaften von Pink Floyd zu schreiben, die der österreichische Hannibal-Verlag in deutscher Sprache veröffentlicht hat. Auf rund 550 Seiten bringt „Pink Floyd – Die definitive Biografie“ dank vieler Interviews, die Blake mit der Band und Zeitgenossen geführt hat, die wechselhafte Karriere der fünf Musiker, die trotz diverser Wechsel immer im Schicksal verbunden blieben, außerordentlich detailliert und nachvollziehbar an den Fan.

Im Gegensatz zur Autobiografie von Floyd-Drummer Nick Mason geht Mark Blake in seinem Buch weit methodischer zur Sache, Masons Humor sucht man hier vergeblich. Dafür bemüht sich der Autor um eine recht objektive Darstellung der Ereignisse. Gerade, wenn es um Syd Barretts Absturz oder den Kleinkrieg zwischen Roger Waters und David Gilmour geht, ergreift das Buch keine Partei, sondern lässt dank O-Ton-Kommentaren die Fakten wirken – oder zeigt die Diskrepanzen in den von verschiedenen Parteien abgegebenen Versionen der Geschehnisse auf, sodass jeder sich sein eigenes Bild machen kann. Als Aufhänger nutzt Blake die mittlerweile bereits legendäre Live8-Reunion 2005, bei der Roger Waters erstmals seit 25 Jahren wieder mit seinen Siebziger-Bandkollegen aufgetreten war. Daraus spinnt er den Faden in die Vergangenheit, die wohlbehütete Jugend der aus gutem Hause stammenden Musiker, die Rebellenpose der Clique von der Cambridge-Universität, die ersten musikalischen Gehversuche – und natürlich zum faszinierenden Charakter von Syd Barrett, der in diesem Klima regelrecht aufblühte.

Auch Weggefährten wie Aubrey Powell und Storm Thorgerson, die mit ihrer Design-Firma Hipgnosis später für ihre Uni-Kumpels ikonische Cover-Artworks wie „Dark Side Of The Moon“ oder „Meddle“ in Szene setzen sollten, werden ausführlich vorgestellt. Auch die schon frühen Verbindungen zwischen den Ur-Floyds und dem eigentlich erst zum zweiten Album hinzustoßenden David Gilmour werden schön aufgezeigt – so waren Gilmour und Barrett noch vor der Floyd-Gründung als Straßenmusiker-Team unterwegs, und Pink Floyd-Gründungsmitglied Bob Klose, der die Band vor ihrem ersten Plattendeal verließ, tauchte später auf David Gilmours Soloalben von 2006 und 2015 wieder auf. Willie Wilson, der Drummer von Gilmours Prä-Floyd-Band Joker’s Wild spielte später auf Syd Barretts beiden Soloalben und mit Pink Floyd während der „The Wall“-Tour – derlei Verbindungen sind zahlreich und bisweilen höchst verblüffend. Zwar ist die Fülle an Personen, die von der Cambridge-Phase bis zum Aufstieg zu den Helden des psychedelischen Underground auftauchen, beim ersten Lesen aufgrund ihrer Vielzahl ein wenig verwirrend, da allerdings fast alle später noch mehrmals auftauchen werden, haben natürlich auch alle ihre Berechtigung in der Story.

Das Buch handelt akribisch alle essenziellen Floyd-Meilensteine ab, ob der Zerfall von Syd Barretts Persönlichkeit, der Ausbruch von Roger Waters Paranoia, David Gilmours Übernahme und natürlich Anekdoten wie das fliegende Schwein über Battersea Power Station (das auch das Cover ziert), das Bespucken eines Fans und die angeblichen Beschädigungen der Kanäle von Venedig, die Tode von Rick Wright und Syd Barrett, alles wird von Mark Blake berücksichtigt und einige der Legenden auch erfreulich kritisch hinterfragt. Die Geschichte geht bis zur Veröffentlichung von David Gilmours letztem Soloalbum „Rattle That Lock“, und aufgrund der differenzierten Charakterzeichnungen der einzelnen Bandmitglieder schafft es Blake, die eigenwilligen Entscheidungen, die oft zu höchst seltsamen Geschehnissen innerhalb der Bandkarriere führten, weitgehend nachvollziehbar und verständlich zu machen. Der aggressiv-egomanische Konzeptionalist Waters, der ebenso egogetriebene, aber diplomatischere Gilmour, der „Regeln sind für Andere“-Bilderstürmer Barrett, der geniale, aber phlegmatische Wright und der locker-entspannte „alles mal ausprobieren“-Drummer Mason werden dank differenzierter Beobachtungen richtig schön nachvollziehbar gemacht.

Man kann Blake nur Respekt für die Arbeit zollen, die er in dieses Buch gesteckt hat – seinem Titel als „definitive“ Arbeit zum Thema wird es in jedem Fall gerecht. Ein Buch, das man nicht nur einmal liest, sondern sicher danach noch mehrfach zur Hand nehmen wird, um diverse Begebenheiten noch einmal häppchenweise Revue passieren zu lassen. Die Fotos sind zwar nicht allzu zahlreich, aber erfreulich stimmig ausgewählt, vieles hat man bislang so noch nicht gesehen. Da auch der Hardcover-Einband mit dem pinken Buchrücken durchaus ansprechend ausgefallen ist, kann man nichts Anderes als eine Empfehlung aussprechen: ohne Frage, für jeden, der sich mit dem Thema Pink Floyd beschäftigt, eine essenzielle Anschaffung.

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