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Panda Bear Meets The Grim Reaper

Google stuft ihn findenswerter ein als das Tier, dessen Namen er sich lieh, doch der Tierkreis tourt mittlerweile ohne eines seiner wichtigsten Zeichen, den Pandabären (schwör auf alles!), durch die Staaten. Während Animal Collective auf der Walz sind, beobachtet Noah Benjamin Lennox gelassen von Portugal aus seine Stammesmänner beim Touren und sein Solo-Establishment beim Werden. The Soup, die Suppe, nennt er das, was er da an Musik fabriziert. Der Mann hat Nerven. Und Recht noch dazu: Seine Musik blubberte und köchelte schon immer lieber blasenschlagend vor sich hin, als aufopferungsvoll für Bequemlichkeit zu sorgen. Das ist auch auf Panda Bears neuer Platte, ‚Panda Bear Meets The Grim Reaper‘ (kurz und liebevoll: PBVSGR), nicht viel anders. Dem berühmten Rat des Blue Öyster Cult folgend stellt sich der Musiker mit furchtlosen Wimmel-Sounds dem Sensenmann entgegen – und wankt zumindest nicht als Verlierer aus dem Ring.

Eine regelrechte Wundertüte hat der Gute da wieder gepackt. Pandora Bears Büchse, wenn man so will. Und einmal mehr fragt man sich zu Recht: Was singt er denn da eigentlich? Wer sich aber mit der klanglichen Durchtriebenheit Panda Bears arrangieren kann, den dürften unkenntlich gemachte Lyrics, die immer öfter auch dann wie rückwärts abgespielt klingen, wenn sie es gar nicht sind, nicht weiter belasten. Sowieso ist der Begriff des Abspielens im Umkreis dieses Albums nicht ganz zu Hause. Panda Bear spielt weder ab, noch durch oder ein. Seine Tracks sind vorzugsweise auf links gezogen, gelangen über abenteuerliche Umwege von ihrem Anfang bis zu ihrem Ende, über Berg-, Tal- und Tunnelfahrten in den Urlaub, von A über Z und F nach B. Dass dem so ist, merkt der bedauernswerte Mitreisende aber nicht, wenn er nicht hin und wieder mal aus dem Repetitions-Shuttle schaut und die sich an ihm vorbeispulende Landschaft verfolgt. Genau wie in Bus und Flieger vorne und hinten immer zuverlässig an derselben Stelle zu verorten ist, wenn man die gesamte Zeit auf die Rückenlehne seines Vordermannes starrt. Der Preis dafür: Einem wird schneller übel.

Im unverhohlenen Wiederholungswahnsinn etwa von ‚Boys Latin‘ schwingt sich der Pandabär nicht bloß zum Medizinmann auf, sondern regentänzelt einem auch noch auf dem Kopf herum, der Album-Vorbote ‚Mr Noah‘ verwirrt mit gesampletem Hundegebell und ausgerenkten Melodien. ‚Butcher Baker Candlestick Maker‘ wiederum könnte seinem Titel nach zweierlei sein: ein trivialer Auszählreim oder eine anglisierte Helge-Schneider-Nummer. In Wahrheit ist es ein Flickenteppich voll von komischem, klebrigem, phosphoreszierendem, aber geilem Quatsch. ‚Tropic Of Cancer‘ bildet die mit weißem Rauschen unterlegte Quoten-Traumsequenz, ‚Lonely Wanderer‘ wiederum taugt dank idyllisch tschilpenden Synthies und hypnotischen Keyboardläufen als Badesalzwerbung. Und das alles, während Lennox im Zwischengeschoss in mantrischer Beharrlichkeit das Pop-Karussell rotieren lässt. Noch nicht genug, nein? Gut: Zum dicken Ende stülpt ‚Acid Wash‘ dem Hörer eine große, stöhnende Saugglocke über. Parallel droht die alkalische Auflösung in einer überschämenden psychedelischen Riesenspülmaschine. Beweis genug für die wohl einzige Regelmäßigkeit des Albums: Hier zählt nicht der Werkstoff, sondern wie man ihn verformt. Und da hat Panda Bear nicht nur viele Ideen, sondern auch reichlich Hände und Geräte, die sie umsetzen. Willkommen in einem der freizügigsten, schnittersichersten Hobbyräume des modernen Pop.

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