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The American Dream Died

Aus der globalen Politikgeschichte stachen in besonderem Maße zwei gesellschaftliche Leit-Utopien durch außerordentliche Popularität heraus. Die eine, die Idee des Kommunismus, der vollumfänglichen Chancengleichheit der Menschen, ging irgendwann gegen Ende des Kalten Krieges mit den sogenannten Sozialistischen Bruderstaaten Der Glorreichen Sowjetunion unter. Die andere, der Amerikanische Traum, wird nun, im Frühling des Jahres 2015, offiziell zu Grabe getragen. Von niemandem geringeren, als den Kindern der ‚

Greatest City of them all‘

Agnostic Front.

‚The American Dream Died‘ ist eine recht starke Aussage. Gäbe es die Partei Die Linke in den USA, wäre ‚The American Dream Died‘ wohl deren Standardrepertoire, da jedoch das Linkeste, was bisher von jenseits des Großen Teichs in die europäischen Massenmedien herüberschwappte Obama-Care und das Versprechen Guantanamo zu schließen waren, schlägt die Klausel aus dieser Himmelsrichtung ganz besonders ein. Zumindestens in meinem Kopf.

Fragen, die sich stellen, sind zuerst: Wer sind die? Und Zweitens: Warum sagen die das? Antworten wären erstens: Agnostic Front, die Instanz des New Yorker Hardcore schlechthin, quasi die Instanz des nordamerikanischen Post-Punks, wie das im Hipster-Sprech so schön heißt. Und warum sagen die das? Klingt ja schon etwas verbittert. Nun, betrachten wir vielleicht einmal das, was sie singen:

Schon das erste Lied trägt den Titel des Albums. Vielleicht bringt uns das ja was? Da wären die Zerstörung der natürlichen Ressourcen, der unverantwortliche Umgang mit Atom-Energie und ohnehin sehen Agnostic Front eine große Heimlichtuerei und Heuchelei, etwas ist faul im vereinigten Staate Amerika, denn der Amerikanische Traum ist gestorben. Harter Tobak.

Im zweiten Track beschweren sich die fünf Musiker über die Polizei-Gewalt, die in den USA vorherrscht. Davon bekommen wir ja sogar in Europa genug mit, um ein seltsames Bauchgefühl zu bekommen.

‚They fought for freedom, but now they’re treated just like slaves‘

ist eine Zeile aus ‚Only In America‘, dem dritten Lied. Auch das ist irgendwie bezeichnend.

Doch selbst, wenn der Ton insgesamt recht negativ ausfällt und die Musiker nichts Gutes an ihrem Vaterland oder ihrer Mutterstadt lassen, trotz den höchsten Gebäuden auf der ganzen Welt nicht mehr ihr altes New York wiederfinden und das alte Lebensgefühl vermissen, sich kein Stück mit dem engstirnigen Durchschnitts-US-Bürger verbunden fühlen, lassen sich Agnostic Front doch das letzte Bisschen Kampfgeist nicht wegnehmen. Kampfgeist, der sich in erster Linie in Sarkasmus ausdrückt –

I don’t give a fuck about what you say to me/ and I don’t give a fuck about what you think of me/ we have the right to mess/ we have the right to know/ it’s up to us to take that step

‚ – und selten in die direkte Offensive geht:

‚Attack – nothing you can do/ attack! – you broke the golden rule/ we don’t like your kind/ no honor, no pride‘

.

Die Moral der Geschichte fällt dann leider wieder etwas resignierend aus, sagte doch ein weiser Mann zum lyrischen Ich

‚keep your friends close/ stay closer to your enemies/‘

und

‚keep your mouth shut/ it will turn on your family‘

. In Summe ändert auch der Titel ‚Just Like Yesterday‘ nicht viel an diesem Eindruck, auch, wenn ‚wir dreißig Jahre später immer noch stärker werden und weiterkämpfen‘.

Dieses HardCore-Album ist tatsächlich ausnahmsweise einmal wie geschaffen für einen jeden Bestandteil der homogenen Durchschnittsmetallermasse. Konservativ, nihilistisch, sich nach den alten Tagen zurücksehnend. Sogar mehr als Oldschool – und mit der Begründung, warum heutzutage alles doof ist, irgendwie auch stilvoll. Selbst wer generell eher eine positive Einstellung zu Gesellschaft und aktuellen Politik pflegt, kann bei gleichzeitigem Ausblenden der Liedtexte jederzeit den fetten, ehrlichen Hardcore-Klang und die typischen Stigma-Soli genießen!

LEGENDE:

Zitat

Frei aus Songtext übersetzt, keine Quellenangaben wegen Lesefluss

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