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Old Songs

2014 erschien mit ‚Pretty Low‘ das letzte Album der US-Hardcore-Band Expire. Ein Nachfolger wurde zwar schon angekündigt, über ein genaues Release-Datum schweigt man sich bisher jedoch aus. Grobe Richtung: 2016. Zur Überbrückung der Wartezeit veröffentlichen die Jungs aus Milwaukee nun die Compilation ‚Old Songs‘, eine Zusammenstellung von Liedern aus – der Name lässt es bereits erahnen – der Frühzeit der Band. Dazu gehören die Titel der ersten beiden EPs ‚Grim Rhythm‘ und ‚Suffer The Cycle‘ sowie der Song ‚Tucked Away‘ der bisher nur auf dem Sampler America’s Hardcore zu finden war. Insgesamt bietet die Scheibe elf Tracks in gewohnt kompromissloser Haudrauf-Manier, von denen keiner die Zwei-Minuten-Marke überschreitet. Expire ist keine Band vieler Worte. Die Message ist klar wie eine Backpfeife: die Welt ist schlecht, die Menschen erst recht.

Stilistisch reiht sich Expire in die Riege der Neo-Old-School-Bands wie Backtrack oder Rotting Out ein, deren Musik vor allem eins ist: auf den Punkt. Keine melodischen Gitarrenduette, keine Lückenfüller und Zwischenstücke. Hier wird Hardcore mit dem Vorschlaghammer gemacht. Wütend, aggressiv und ohne Schnörkel. Bei Expire heißt das vor allem: negative Emotionen verpackt in das Gewandt tiefgestimmter, verzerrter E-Gitarren. Thematisch dreht sich alles um Enttäuschung und Selbsthass zusammengehalten durch eine Prise Todessehnsucht. Genau das richtige für den Start in eine neue Woche. Schon der Intro-Track ‚3:56‘ spuckt einem die schlechte Laune geradezu ins Gesicht.

‚I beat the piss out of myself. I toss and turn inside my shell.‘

Expire sind von P.M.A.-Hardcore in etwa so weit entfernt wie Richard Wagner von den Vengaboys. Abweichungen von dieser Linie gibt es nicht. Wer die beiden vorangegangenen Alben kennt, bekommt genau dasselbe noch einmal, nur eben nicht in derselben Produktionsqualität. Dies hört man insbesondere bei den Titeln ‚Sleep Lost‘ und ‚Focus‘, die es von der EP später auch auf ‚Pendelum Swings‘ geschafft haben und sich dadurch für einen direkten Vergleich eignen.

Expire ist, ähnlich wie Bitter End, eine Band, die wirklich keinen Millimeter von ihrem bewährten Rezept abweicht und dafür trotzdem keine Kritik einzustecken braucht, denn das Gesamtergebnis wirkt nie langweilig (sofern man auf diese Art von Musik steht). Jeder einzelne Titel hat genug Kraft, um den Hörer immer wieder aufs Neue mitzunehmen (auch wenn es nur auf eine Reise in die Abgründe der menschlichen Seele ist). Daher ist es auch nicht negativ zu verstehen, wenn keiner der Songs des Albums in irgendeiner Weise heraussticht. Wer Frust im Bauch hat, wird sowohl mit ‚Anchor‘ als auch mit ‚First Fall‘ ein geeignetes Ventil finden, um sich diese aus dem Leib zu…hören. Der einzige Nachteil von auf den Punkt gebrachtem Hardcore ist nur, dass er so schnell vorbei ist. Nicht einmal zwanzig Minuten dauert der Wut-Trip an. Wer die beiden EPs bereits sein eigen nennt, braucht im Prinzip nicht zuzugreifen, sofern er kein leidenschaftlicher Sammler ist. Zumal diese Compilation weder irgendwelche Extras bietet noch klangtechnisch überarbeitet wurde. Für alle anderen ist ‚Old Songs‘ aber ein geeigneter Appetitanreger für das kommende Album.

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