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JUDAS PRIEST – Invincible Shield

Manche Metalbands haben schon nach 25 Jahre eine Existenzkrise und hauen Popstar-Grunge-Alben heraus, bloß um irgendwann festzustellen, dass das doch vielleicht recht bescheuert war.

Und dann gibt es Bands, die machen immer weiter. Denen ist es egal, wie alt sie sind. Denen ist es nicht peinlich, zu rocken. Die passen sich nicht an ihr Alter an, sondern die versprühen die Jugendlichkeit ihres Geistes, auch wenn sie schon jenseits der 70 sind und ihr Debütalbum 50 (in Worten: FÜNFZIG!) Jahre auf dem Buckel hat.

Die Krönung der Schöpfung in diesem Bereich sind Judas Priest. Nicht nur, dass sie eine Jugendlichkeit versprühen wie selbst Gandalf der Weiße es nicht tat – die Band ist voll auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. „Invincible Shield“ ist bis in den letzten Ton herausragender, absolut zeitloser Heavy Metal. Die Gitarrensoli, die wir hier um die Ohren geblasen bekommen suchen 2024 ihresgleichen und klingen, als kämen sie direkt aus den 90ern – und das ist durch und durch und ausschließlich als ganz großes Kompliment gemeint. Rob Halfords Stimme ist auf dem Zenit angelangt – niemand, der Rob Halford nicht kennt (gibt es so jemanden überhaupt?!) würde auch nur im Ansatz vermuten, dass dieser Sänger älter ist als 30.

Ja, der abgedroschene Spruch, dass eine Band sei wie guter Wein – je älter, desto besser – passt hier wie die Faust aufs Auge.

Ist die Scheibe so hart wie eine der legendärsten Metal-Scheiben aller Zeiten, der 1990er „Painkiller“? Nein (leider nicht). Erfindet sich die Band neu? Gott bewahre, zum Glück nicht. Ist die Version des klassischen Heavy Metals, den die Band hier zelebriert auf der Höhe der Zeit? Absolut. Hier werden Riffs über dem Hörer ausgeschüttet, die an Präzision und Schärfe unerreicht sind. Die Songs bewegen sich größtenteils im klassischen Judas Priest – Midtempobereich. Melodien und Refrains fräsen sich Priestlike ins Ohr, Mittelmäßigkeit gibt es kaum. Elf Songs mit einer anständigen Runtime von jenseits der 50 Minuten hätten Raum für Füllmaterial gelassen – aber für Durchschnitt hat man in diesem Alter wohl offensichtlich keine Zeit mehr.

Insgesamt rocken die Stücke mehr, als dass sie durchgeprügelt werden – Tracks wie „Gates Of Hell“ und das vorab ausgekoppelte „Trial By Fire“ sind die Definition von zeitlos. Der Doublebass brodelt. Alles ist unverkennbar Priest, aber nichtsdestotrotz hat man bei kaum einem Moment das Gefühl, eine neuen Aufguß eines bereits vorhandenen Songs zu hören. Das Epische, das Priest ja auch hin- und wieder bedienen, kommt beim Rausschmeißer „Giants In The Sky“ auch zum Tragen.

Warum fehlt das Plus bei der Note 1? Weil dieses ganz kleine Quäntchen Härte von Songs wie „Bullet Train“ oder „Painkiller“ fehlt. Dennoch ist eine Band dieses Alters, die solch ein Album mit so einem druckvollen Sound, solch mitreißendem Gitarrenspiel und so eingängigen Melodien auffährt über jede Kritik erhaben.

Dass „Invincible Shield“ ein Muss für jeden Fan der Band darstellt, versteht sich von selbst.

„Invincible Shield“ ist aber auch ein Album, dass der Jugend und zukünftigen Priest-Fans die Geschichte des Heavy Metal erzählt – und zwar auf beeidruckendste Weise.

Note: 1

https://www.judaspriestinvincibleshield.com/

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